0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) mit Wirkung zum 20.10.2020 in das SGB V eingefügt. Das PDSG hat mit den neuen Kapiteln 11 und 12 die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Ferner werden sie weiterentwickelt und im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben differenziert ausgestaltet. Im Siebten Abschnitt (Kapitel 11) übernehmen die §§ 371 bis 375 das bisher in § 291d enthaltene geltende Recht zu den Anforderungen an Schnittstellen (Interfaces). Außerdem werden bei pflegerelevanten Inhalten die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen sowie der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene bei den Festlegungen für offene und standardisierte Schnittstellen einbezogen.
Rz. 1a
Art. 1 Nr. 78 des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 101) hat mit Wirkung zum 26.3.2024 Satz 1 geändert und redaktionell an die Zuständigkeit des Kompetenzzentrums für Interoperabilität im Gesundheitswesen angepasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Primärsysteme der Leistungserbringer, um personenbezogene Patientendaten zu verarbeiten (z. B. Praxisverwaltungssysteme oder Krankenhausinformationssysteme), werden in deren administrativer Verantwortung betrieben. Sie müssen allerdings ermöglichen, Patientendaten zu archivieren oder in andere Systeme zu übertragen, elektronische Verordnungen auszustellen, erforderliche Meldungen und Benachrichtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) abzusetzen oder ambulante und klinische Anwendungs- und Datenbanksysteme anzuschließen. Dazu sind die entsprechenden Schnittstellen (Interfaces) in die Primärsysteme der Leistungserbringer zu integrieren. Die Anforderungen an die Schnittstellen ergeben sich aus dem Interoperabilitätsverzeichnis (§ 385) der Gesellschaft für Telematik (gematik; www.ina.gematik.de; abgerufen: 15.6.2024). Die so entstehende Interoperabilität ermöglicht es, durch offene und einheitlich definierte Schnittstellen eine geänderte Software (z. B. aufgrund geänderter gesetzlicher Regelungen) in allen Systemen in gleicher Art und Weise anzupassen. Leistungserbringer können u. a. flexibel den Anbieter ihres Primärsystems wechseln.
Rz. 3
Die Beteiligten stimmen sich bei den Festlegungen für offene und standardisierte Schnittstellen (§§ 371 bis 373) ab. Dabei werden bei inhaltlichen Gemeinsamkeiten sektorenübergreifende einheitliche Vorgaben getroffen. Die Norm regelt weder das Verfahren noch Sanktionen, falls die Regelung nicht beachtet wird.
2 Rechtspraxis
2.1 Einheitliche Vorgaben (Satz 1)
Rz. 4
- Die Kassenärztliche Bundesvereinigung,
- die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung,
- die Deutsche Krankenhausgesellschaft,
- das Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen und
- die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sowie der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene
sind an den Festlegungen für offene und standardisierte Schnittstellen (§§ 371 bis 373) beteiligt. Sie sind verpflichtet, sich bei inhaltlichen Gemeinsamkeiten der Schnittstellen abzustimmen, um sektorenübergreifende einheitliche Vorgaben zu treffen.
2.2 Pflegerelevante Inhalte (Satz 2)
Rz. 5
Bei pflegerelevanten Inhalten sind die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sowie der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene mit einzubeziehen. Die Regelung ist überflüssig und sollte im Gesetzgebungsverfahren gestrichen werden, weil Satz 1 bereits eine entsprechende Aussage enthält.
3 Literatur
Rz. 6
Beyer, Neuregelungen zur Telematikinfrastruktur und ihrer Anwendungen – Patienten-Datenschutz-Gesetz (PDSG) und die Neuerungen insbesondere für die elektronische Patientenakte, WzS 2021, 263.