Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 52
Abs. 4 verpflichtet die beteiligten Krankenkassen, bei Erfüllung der Zielvereinbarungen des Abs. 1 Nr. 2 der KV einen Bonus zu zahlen. Damit soll für die KV ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, das festgelegte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 unterjährig so zu steuern, dass die vereinbarten Ziele durch entsprechendes Verordnungsverhalten der KV-Mitglieder tatsächlich erreicht werden. Zwar verpflichtet die besondere Stellung der KV im System der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 75) dazu, auf die Einhaltung der vereinbarten Ziele hinzuwirken, aber die unterjährige Steuerung erfordert neben Engagement auch zusätzlichen personellen und sächlichen Aufwand, wenn die Vertragsärzte über das ganze Jahr hinweg allgemein, arztgruppenspezifisch oder einzeln pharmakologisch beraten und informiert werden. Weil die Zielerreichung unmittelbar den beteiligten Krankenkassen zugutekommt, indem sie Kosten bei den Leistungen nach § 31 sparen, sollen sie der KV einen Bonus zahlen.
Voraussetzung für die Bonuszahlung an die KV ist allein die Zielerreichung und nicht etwa, ob das Ausgabenvolumen eingehalten oder unterschritten worden ist. Allerdings führt eine Bonuszahlung bei Zielerreichung und gleichzeitiger Überschreitung des vereinbarten Ausgabenvolumens bei den Krankenkassen zu unvertretbaren Mehrausgaben, sodass sie sich genau überlegen müssen, ob sie in dem Fall das Bonussystem in welchem Umfang einsetzen sollten. Der KV-Bonus ist zwar von der Höhe her zu vereinbaren, liegt aber vom Zahlungsgrund her nicht mehr im Ermessen der beteiligten Krankenkassen, nachdem in Abs. 3 die Worte "können … entrichten" durch "entrichten" ersetzt worden sind. Im Falle der Zielerreichung kann daher die KV den vereinbarten Bonus verlangen, auch wenn das vereinbarte Verordnungsvolumen überschritten worden sein sollte; notfalls kann sie auch das Schiedsamt anrufen. Eine Bonuszahlung an die KV setzt eine vorherige (vgl. "vereinbarte") Vertragsregelung der Parteien des Gesamtvertrages voraus. Der Hinweis auf die Gesamtvertragsparteien und nicht auf die Partner der Arzneimittelvereinbarung des Abs. 1 macht deutlich, dass die Bonusgewährung kassenartenspezifisch erfolgen kann, da die vertragsärztlichen Gesamtverträge nach § 83 je Kassenart geschlossen werden. Das schließt eine kassenartenübergreifende Regelung aber keineswegs aus, die sich nach Einführung der Zahlungspflicht der Krankenkassenseite geradezu anbietet, weil die Zielvereinbarungen für alle Kassenarten gleich sind und sich die KV-Anstrengungen im Prinzip auf alle auswirken. Denkbar sind aber auch Unterschiede in der Bonushöhe, wenn einzelne Krankenkassen z. B. durch eine verbesserte Arzneimittelversorgung ihrer chronisch Kranken mehr von der Zielerreichung profitieren sollten als andere. Gesamtvertragliche Regelung bedeutet, dass die beteiligten Krankenkassen an die Regelung zwischen der KV und ihrem Landesverband gebunden und bei Zielerreichung zur Bonuszahlung verpflichtet sind.
Zum Zeitpunkt, wann eine Bonusregelung getroffen werden soll, ist in Abs. 4 durch das Wort "vereinbarten" klargestellt, dass der Bonus und seine Rahmenbedingungen vor Beginn des Zielprozesses zumindest in den Grundzügen vereinbart sein müssen, um seitens der KV eine Bonuszahlung geltend machen zu können. Nur die rechtzeitige Vereinbarung setzt für die KV den Anreiz, im Sinne der Zielerreichung besonders aktiv zu werden.
Zweifelhaft ist, ob Schiedsvereinbarungen durch das Schiedsamt nach § 89 festgesetzt werden können. Als Argument gegen eine solche Möglichkeit wird angeführt, dass sie einseitig gegen den Willen eines anderen Partners über das Schiedsamt nach § 84 Abs. 3 Satz 3 erzwungen werden könnten (Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 84 Rz. 78).