Rz. 98

[Autor/Stand] Das FG Nürnberg hat sich mit Urteilen vom 26. 6.2014[2] mit der Frage befasst, ob bei der Ermittlung eines gemeinen Werts durch Sachverständigengutachten zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts die in der Verfügung beschränkte Vorerbenstellung des Eigentümers dahingehend zu berücksichtigen ist, dass der Grundbesitzwert in Höhe von 0 EUR festzustellen ist. Das FG hat in beiden Fällen die Auffassung des Finanzamts bestätigt, das die jeweiligen Gutachten wegen Unschlüssigkeit verworfen hatte. Die Unschlüssigkeit der Gutachten beruhe darauf, dass entgegen der Annahme des Sachverständigen Grundstücke, die ein Vorerbe aufgrund Vorerbschaft erlangt, ohne in der Verfügung hierüber befreit zu sein, grundsätzlich marktfähig sind.

Nach der Entscheidung des FG Nürnberg sind Grundstücke, die ein nicht befreiter Vorerbe im Zuge des Erbanfalls erhält, trotz der Anordnung der Nacherbschaft und der damit einhergehenden Verfügungsbeschränkung grundsätzlich marktfähig. Deshalb ist ein Gutachten nicht zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts geeignet, wenn es einen Verkehrswert von 0 EUR angibt, weil die Marktfähigkeit wegen einer derartigen Verfügungsbeschränkung verneint wird und aus der fehlenden Marktfähigkeit auf die Nichtexistenz eines Verkehrswerts geschlossen wird. Das FG konnte es dahin stehen lassen, ob die aufgrund einer Nacherbschaft bestehende Verfügungsbeschränkung im Übrigen marktfähiger Grundstücke zu einer Senkung des vorläufigen Verkehrswerts führt oder nicht; jedenfalls führt sie nach Auffassung des FG nicht regelmäßig zu einer Herabsetzung des Verkehrswerts auf 0 EUR.

Dieser Auffassung dürfte zuzustimmen sein. Denn bei der Ermittlung des Verkehrswerts (Marktwerts) ist die durch eine Belastung eintretende Wertminderung erst in einem zweiten Schritt zu bemessen und von dem im ersten Schritt ermittelten Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks abzuziehen. Nach Auffassung des FG müsse ein dem Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts dienenden Gutachten ausreichende Ausführungen zur Höhe der Belastung durch die Verfügungsbeschränkung enthalten. In diese Wertung einzubeziehen könne auch die Auffassung des Gesetzgebers sein, der den nicht befreiten Vorerben als Nießbraucher behandelt hat.

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.07.2015

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