Rz. 45
Zuständiges Schenkungsteuerfinanzamt bei lebzeitigen Zuwendungen "von" einer Erbengemeinschaft ist das für den vorangegangenen Erbfall zuständige, d.h. nach § 35 Abs. 1, 2 Nr. 2 oder Abs. 4 ErbStG zu bestimmende, Erbschaftsteuerfinanzamt. Obwohl § 35 Abs. 3 Satz 1 ErbStG eindeutig und allein die Erbengemeinschaft als Schenker benennt, soll die Norm nach Verwaltungsauffassung – nur(?) – für Schenkungen unter den Miterben gelten, die im Rahmen der Erbauseinandersetzung geschehen, indem einzelne Miterben über ihre Erbquote hinaus begünstigt werden. Dem Wortlaut des Satzes 1 der Vorschrift entspricht diese Auffassung zwar nicht. Sie wird jedoch nun indirekt durch Satz 2 bestätigt, der allerdings – i.V.m. § 37 Abs. 1 ErbStG – die Zuständigkeitsfrage für vor dem 1.1.2009 ausgeführte Schenkungen innerhalb lediglich zweigliedriger Erbengemeinschaften eigentlich anders beantwortet. Und selbst wenn man der zurzeit herrschenden Praxis folgend im Durchgriff durch die Gesamthand (s. oben Anm. 29) die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft als Schenker betrachtet, bleibt offen, weshalb eine Sonderzuständigkeit dann auf Schenkungen untereinander beschränkt wird.
Rz. 46
Häufig erwerben auch Nichterben, die meist einzelnen Erben nahe stehen, im Zuge der Erbauseinandersetzung unmittelbar von der Erbengemeinschaft. In derartigen Fällen kann es durchaus zu unterschiedlichen Zuständigkeiten kommen – vor allem wenn ein einheitlicher Erwerb hierzu fiktiv in mehrere Erwerbsvorgänge zwischen verschiedenen Personen aufgeteilt wird. Ein solches Ergebnis entspricht nicht unbedingt der behaupteten Zweckmäßigkeit des § 35 Abs. 3 ErbStG. Es wäre jedoch vermeidbar, nähme man die Norm tatsächlich wörtlich. Ihr Wortlaut spricht offenbar dafür, dass der Gesetzgeber die Erbengemeinschaft jedenfalls für Zwecke der Schenkungsteuer als Schenker ansieht. Ob sie zivilrechtlich rechtsfähig ist oder nicht, kann – wie für Zwecke der Grunderwerbsteuer- dabei dahinstehen, zumal die Finanzverwaltung auch nicht rechtsfähige Gebilde ohnehin als Erwerber akzeptiert.
Rz. 47
Voraussetzung für die Anwendung des § 35 Abs. 3 ErbStG ist daher nur, dass die Vorteilszuwendung auf Kosten der Erbengemeinschaft erfolgt, d.h. aus ihrem Vermögen kommt. Bei einem Erwerb aus dem Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft im Rahmen einer Erbauseinandersetzung besteht daran kein Zweifel. Dies ist jedoch anders, wenn der zugewendete Vermögensgegenstand im maßgebenden Zeitpunkt nicht mehr zum Nachlass gehört.
Beispiel
Die Miterben haben einzelne Wirtschaftsgüter in eine personenidentische Gesellschaft eingebracht. Auch bei einvernehmlicher Fortführung des Erblasserunternehmens könnte schon eine teilweise Erbauseinandersetzung erfolgt sein. Zwischenzeitlich erfolgte Erbteilsübertragungen wären – zweckmäßigerweise – unschädlich; die Erbengemeinschaft wird nicht dadurch tangiert, dass ihr auch Nichterben angehören.
Rz. 48
Scheiden Miterben durch Erbteilsübertragung an andere Mitglieder oder im Wege formfrei möglicher Abschichtung aus der Erbengemeinschaft aus, erfolgt die damit einhergehende Vermögensmehrung der verbleibenden Miterben im Wege der Anwachsung entspr. § 738 BGB und nicht aus dem Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. § 35 Abs. 3 ErbStG dürfte daher in solchen Fällen nicht einschlägig sein.
Rz. 49
Einstweilen frei.