Rz. 64
Ist die Leistung des Gebers rechtlich mit einer Gegenleistung(sverpflichtung) – und/oder übernommenen Leistungs- Nutzungs- und Duldungsauflagen (s. auch Rz. 224) – des Empfängers verknüpft und entsprechen die beiderseitigen Leistung(spflicht)en wertmäßig einander, handelt es sich um ein nicht der Schenkungsteuer unterliegendes entgeltliches Geschäft. Soweit die beiderseitigen Leistung(spflicht)en nicht rechtlich miteinander verknüpft sind sowie im Umfang einer eventuellen Wertdifferenz liegt ein (teil)unentgeltliches Geschäft vor, bei dem ein Partner (der Erwerber) objektiv unentgeltlich, d.h. auf Kosten des anderen (des Schenkers), bereichert wird – begrifflich eine gemischte Schenkung, wenn die höherwertige Leistung unteilbar ist. Als freigebige Zuwendung ist diese Bereicherung grundsätzlich schenkungsteuerbar.
Rz. 65
Unerlässlich zur Beurteilung der Schenkungsteuerbarkeit der gemischten Schenkung ist die Feststellung der bürgerlich-rechtlichen Bereicherung des Erwerbers. Sie besteht in der Wertdifferenz der miteinander verknüpften Leistung(sverpflichtung)en, die hierzu anhand ihrer Verkehrswerte zu vergleichen sind. Bewertungsmaßstab ist damit grundsätzlich der gemeine Wert (§ 9 Abs. 1 BewG – s. auch dort Rz. 2). Er ergibt sich bei Vermögensübertragungen regelmäßig aus den marktüblichen Preisen der erworbenen Vermögensgegenstände (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) und wird bei sonstigen Vorteilsgewährungen durch Nutzungsüberlassung, Gebrauchsgewährung und Dienstleistung nach dem fremdüblichen Entgelt bestimmt (§ 15 Abs. 2 BewG, § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Für sachleistungsbezogene Forderungen und Schulden gilt dies entsprechend. Ob und inwieweit die beiderseitigen Leistungen wertmäßig differieren, wird daher – ausdrücklich bestätigt in § 7 Abs. 6 ErbStG (s. Rz. 540) – letztlich auch im Schenkungsteuerrecht durch einen (im Ertragsteuerrecht eher gebräuchlichen) Fremdvergleich beantwortet. Der BFH mag zwar insoweit Bedenken haben. Er zeigte jedoch, dass er einschlägig begründete Tatsachenentscheidungen der Finanzgerichte, die bei Streit um die zutreffende Bewertung notfalls sachverständige Gutachten einzuholen haben, grundsätzlich als endgültig akzeptieren will. Und er zieht nun auch eine Toleranzgrenze: Erst wenn die tatsächliche Gegenleistung die "sonst übliche angemessene" Gegenleistung um mehr als 20% bis 25% unterschreite, sei die Unentgeltlichkeit der Zuwendung regelmäßig zu vermuten (s. auch Rz. 114).
Rz. 66
Für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 ist die Bereicherung des Erwerbers unter Ansatz der Steuerwerte nach § 12 ErbStG für die jeweiligen Gegen-/Leistungen und Auflagen durch Saldierung zu ermitteln. Bei Vermögen i.S.d. § 12 Abs. 2, 3, 5, 6 ErbStG sind grundsätzlich die gesondert und einheitlich festzustellenden Bedarfswerte maßgebend. Beachten Sie: Die hierzu nötigen förmlichen Bedarfsbewertungen dürfen nur veranlasst werden, wenn diese Steuerwerte für die Besteuerung von Bedeutung sind (§ 151 Abs. 1 Satz 1 BewG). Dies zu entscheiden obliegt allein der involvierten Schenkungsteuerstelle (§ 151 Abs. 1 Satz 2 BewG), die sich jedoch, im frühen Anfangsstadium des Besteuerungsverfahrens in Unkenntnis verbindlicher Steuerwerte und demzufolge auch der Wertrelationen, noch gar nicht sicher sein kann, ob überhaupt eine steuerbare gemischte Schenkung verwirklicht wurde und/oder noch nicht weiß, wer die höherwertige Leistung erbracht hat und damit – zuständigkeitsbegründend (§ 35 Abs. 1, 2 ErbStG) – als Schenker in Frage kommt (s. auch § 153 BewG Rz. 7). Insbesondere in Zweifelsfällen, in denen die Individualisierung der Steuerschuldner vom Grad des Missverhältnisses der Gegen-/Leistungen abhängt, dient eine Bedarfsbewertung zunächst nur der Klärung einer möglichen Schenkungsteuerbarkeit.
Rz. 67– 68
Einstweilen frei.