Rz. 9

  1. Vorschüsse, die auf das künftige Gehalt oder die erst noch festzusetzende Tantieme gezahlt worden sind, werden als auflösend bedingter Vermögenserwerb aufgefasst.[1]
 

Rz. 10

  2. Das Anteilsrecht eines Abkömmlings am Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist nach bürgerlichem Recht auflösend bedingt; das Anteilsrecht erlischt, wenn der Abkömmling während des Bestehens der fortgesetzten Gütergemeinschaft stirbt oder auf seinen Anteil verzichtet.[2]
 

Rz. 11

  3. Wertpapiere, die unter auflösenden Bedingungen erworben sind, sind bis zum Eintritt der Bedingungen als unbedingt erworben zu behandeln.[3]
 

Rz. 12

  4. Zur Frage "aufschiebende oder auflösende Bedingung" s. RFH-Urteil v. 24.9.1935[4]; s. auch Vor §§ 4–8 Rz. 27.
 

Rz. 13

  5. Darlehen, die Schwiegereltern ihrem Schwiegersohn gegeben haben und die von diesen nicht zurückgefordert werden können, solange die Ehe besteht, stehen unter einer auflösenden Bedingung.[5] Sie sind deshalb bei den Eltern als Forderung zu erfassen.
 

Rz. 14

  6. Ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht ist bewertungsrechtlich wie eine auflösende Bedingung zu behandeln.[6] Der BFH hat deshalb beim Veräußerer eines Grundstücks die Kaufpreisforderung als sonstiges Vermögen erfasst. Erst mit der Erklärung des Rücktritts verliert der Erwerber sein (wirtschaftliches) Eigentum ex nunc, dem Verkäufer ist das Grundstück von diesem Zeitpunkt an wieder zuzurechnen. Ertragsteuerlich wird angenommen, dass derartige Rücktrittsrechte unschädlich sind.[7] Der Beschenkte, z.B. bei einer Grundstücksschenkung, erzielt bereits mit Übergang von Nutzen und Lasten in eigener Person Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Tatsache, dass der Schenker sich ein Rücktrittsrecht ausbedungen hat, lässt die einkommensteuerliche Zurechnung also unberührt.[8] Zivil- und Einkommensteuerrecht decken sich. Das Schenkungsteuerrecht, das sich relativ eng an das Zivilrecht anlehnt, bejaht ebenfalls trotz des vereinbarten Rücktrittsrechts eine voll wirksame Schenkung. Die Schenkungsteuer wird also, soweit die persönlichen Freibeträge (§ 16 ErbStG) überschritten sind, ungeachtet des Rücktrittsrechts auch festgesetzt.
 

Rz. 15

  7. Die Genehmigung eines Grundstücksvertrags nach § 2 des Grundstückverkehrsgesetzes[9] lässt die Kaufpreisforderung auch bewertungsrechtlich rückwirkend vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an entstehen. Die Genehmigung ist weder eine aufschiebende noch die Nichtgenehmigung eine auflösende Bedingung. Das Rechtsgeschäft wird mit der Genehmigung ex tunc wirksam (analog § 184 Abs. 1 BGB) bzw. bei Verweigerung der Genehmigung unwirksam (s. Vor §§ 4–8 Rz. 10). Ist ein Vertrag genehmigungsbedürftig, so ist er auch dann nicht "bedingt", wenn die Vertragsparteien vereinbaren, der Vertrag solle "unter dem Vorbehalt der behördlichen Genehmigung" stehen. Ein Kaufvertrag über ein Grundstück ist auch nicht deshalb (aufschiebend) bedingt, weil der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zusteht. Dem Vorbehaltsverkäufer ist deshalb die Kaufpreisforderung zuzurechnen, nicht der Einheitswert des Grundstücks.[10]
 

Rz. 16

  8. Ein Anspruch, der nach der Vereinbarung der Parteien unter der Bedingung steht, dass ein ungewisses zukünftiges Ereignis nicht eintritt, ist regelmäßig nicht aufschiebend, sondern auflösend bedingt. Ist die Rückzahlung eines auf Grund einer Tantiemeforderung begründeten Vereinbarungsdarlehens zwischen einem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht aufgelöst wird, so ist die Verpflichtung aus dem Vereinbarungsdarlehen aus diesem Grund nicht aufschiebend, sondern auflösend bedingt[11], s. § 4 Rz. 12.
 

Rz. 17

  9. Ein besonders häufiger Fall des Erwerbs von Todes wegen unter einer auflösenden Bedingung ist die Erbeinsetzung mit Wiederverheiratungsklausel und die Erb- oder Vermächtniseinsetzung mit Straf- oder Verwirkungsklauseln, s. oben Rz. 1.[12]
 

Rz. 18

  10. Neben der Vereinbarung eines Rücktrittsrechts, s. oben Rz. 14, sind typische Fälle des auflösend bedingten Erwerbs die Schenkungen unter Widerrufsvorbehalt.[13] Im Unterschied zur auflösend bedingten Schenkung ist der Schenker nicht verpflichtet, bei Vorliegen der Widerrufsgründe tatsächlich den Widerruf auch zu erklären. Üblicherweise kann er das Widerrufsrecht – wenn ein Widerrufsgrund eingetreten ist – aber nur binnen einer bestimmten Frist ausüben.
 

Rz. 19

  11. Es ist denkbar, eine Schenkung auflösend bedingt zu vereinbaren, so dass es bei Eintritt der Bedingung automatisch zu einem Rückfall des Geschenks kommt. Ob dies sachgerecht ist, ist im Einzelfall zu klären. Da spätere Lebenssituationen nicht vorhersehbar sind, wird es in der Regel so sein, dass der Schenker der Situation entsprechend autonom entscheiden möchte, ob er von dem Recht Gebrauch macht oder nicht.
 

Rz. 20

  12. Der Antrag auf Herabsetzung der Grunderwerbsteuer gem. § 5 Abs. 2 BewG hat keinen Erfolg, wenn die Übernahme der Nebenkosten durch den Veräußerer bereits im Kaufvertrag...

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