Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 426
Wohnungs- und Teileigentum wird nach § 2 WEG entweder durch vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3 WEG) oder durch Teilung (§ 8 WEG) begründet. Nach § 3 WEG kann Sondereigentum auch an Räumen in einem erst zu errichtenden Gebäude eingeräumt werden. Die Teilung durch den Eigentümer ist nicht nur an bestehenden Gebäuden möglich, sondern auch an einem erstnoch zu errichtenden Gebäude (§ 8 Abs. 1 WEG). Die rechtliche Zusammenführung von Sondereigentum und Miteigentumsanteil bildet von Beginn an Wohnungseigentum oder Teileigentum i.S. des § 1 Abs. 2 und 3 WEG.
Rz. 427
Nach Auffassung der Finanzverwaltung reicht es für die Entstehung eines Wohnungs- bzw. Teileigentums aus, dass die Teilungserklärung beurkundet und die Anlegung des Grundbuchs beantragt werden kann; der Eintragungsantrag ist danach nicht erforderlich. Dies soll sowohl für im Besteuerungszeitpunkt noch nicht bezugsfertige Gebäude als auch für bereits bestehende Gebäude gelten. Dem steht das BFH-Urteil v. 24.7.1991 entgegen. Nach diesem Urteil entsteht die wirtschaftliche Einheit "Wohnungseigentum" erst mit der Eintragung in das Wohnungsgrundbuch.
Dem Urteil lag folgender Streitfall zugrunde: Der Eigentümer eines zum 1.1.1981 als Zweifamilienhaus bewerteten Grundstücks legt am 7.11.1984 dem Grundbuchamt die öffentlich beglaubigte Teilungserklärung v. 8.6.1984 vor, wonach das Zweifamilienhaus in zwei Miteigentumsanteile mit jeweiligem Sondereigentum im Wege der sog. Vorratsteilung nach § 8 WEG geteilt werden sollte. Am 8.2.1985 vollzog das Grundbuchamt die Teilung durch Anlegen der Wohnungsgrundbücher. Nach Auffassung des BFH führt die dem Grundbuchamt vorliegende formgerechte Teilungserklärung verbunden mit dem Eintragungsantrag für sich allein noch nicht dazu, dass Wohnungs- bzw. Teileigentum als selbständig bewertungsfähige wirtschaftliche Einheit entsteht. Vielmehr kommt es für das Entstehen der wirtschaftlichen Einheit auf das Anlegen der Wohnungsgrundbücher an. Soweit der BFH im Urteil v. 18.5.1988 entschieden hat, dass die Schenkung eines Grundstücks bereits dann ausgeführt sei, wenn die Vertragspartner die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärung in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken, steht dies der Entscheidung v. 24.7.1991 nicht entgegen. Denn im Gegensatz zu dem oben dargestellten Streitfall bestand unabhängig von der Eintragung bereits das Grundstück, so dass die Eintragung selbst lediglich einen Eigentümerwechsel bewirkte. Dem gegenüber lässt das Anlegen von neuen Grundbüchern im Falle einer Vorratsteilung erst das Wohnungs- oder Teileigentumsrecht neu entstehen. Vor dieser Eintragung werden dem Erwerber einer Eigentumswohnung auch nach Zivilrecht die wesentlichen mit der Eigentümerstellung verbundenen Rechte, so z.B. das eigene Stimmrecht in der Eigentümerversammlung, nicht zuerkannt.
Rz. 428
Da das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht hinsichtlich der Frage, was zum Nachlass gehört, nicht von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, sondern von der zivilrechtlichen Beurteilung geprägt ist, dürfte die Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der Entstehung des Wohnungs- oder Teileigentums zweifelhaft sein. Aus der "Nichtanwendung" des BFH-Urteils v. 24.7.1991 ergibt sich jedoch für den Steuerpflichtigen kein Nachteil, da er ausdrücklich dessen Anwendung beantragen kann. Ein Antrag, bei der Grundstücksbewertung auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen, dürfte sich allerdings für den Steuerpflichtigen kaum lohnen. Denn das Wohnungseigentum wird i.d.R. günstiger bewertet als ein Wohngrundstück, vor allen Dingen dann, wenn es sich hierbei um ein Zweifamilienhaus handelt.
Rz. 429– 430
Einstweilen frei.