Rz. 78
Die besonderen Bewertungsvorschriften der Absätze 2 bis 6 gelten nur für inländisches Vermögen. Auslandsvermögen ist also – auf den ersten Blick ohne Unterschied zum Inlandsvermögen – nach § 12 Abs. 7 ErbStG i.V.m. § 31 BewG ebenfalls mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Da jedoch § 31 BewG bei Auslandsvermögen die Anwendung des BewG auf den Ersten Teil des BewG beschränkt, finden §§ 158–175 BewG für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und §§ 176–198 BewG für Grundvermögen, wenn sie im Ausland belegen sind, keine Anwendung. Insb. bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen wird der gemeine Wert regelmäßig verfehlt (s. hierzu Vor §§ 158–175 BewG Rz. 5 und Rz. 14). Dadurch ergibt sich seit 1.1.2009 (unverändert) eine unionsrechtlich bedenkliche Benachteiligung für ausländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen.
Rz. 79
Durch die Anwendung "nur" des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes ergeben sich unionsrechtlich bedenkliche Bewertungsunterschiede bei im Ausland belegenen Betrieben der Land- und Forstwirtschaft. Denn diese werden mit einem rund fünf- bis zehnmal höheren erbschaftsteuerlichen Wert angesetzt als vergleichbare inländische Betriebe. Mit beachtlichen Gründen wird in der Literatur gefordert, dass angesichts des einheitlichen Maßstabes "gemeiner Wert" für das ausländische Vermögen – wie bei inländischem Vermögen – §§ 158 ff. BewG anwendbar sind. Übersehen werden dabei aber verfahrensrechtliche Hindernisse.
Rz. 80
In der Praxis bereitete bereits bisher das Ansatzgebot des Auslandsvermögens mit dem gemeinen Wert für die Erbschaftsteuer-Finanzämter große Probleme. Denn eigene Erkenntnisquellen über die zutreffenden gemeinen Werte des Auslandsvermögens hat die inländische Finanzverwaltung nicht. Nicht einmal über die Rechts-/Amtshilfe lassen sich diese Probleme lösen, da die im Ausland ermittelten bzw. vorgehaltene Werte im Zweifel nicht den inländischen Vorgaben, insb. § 9 BewG, entsprechen werden. Weil keine Werte für den Grundbesitz gesondert festgestellt werden, ist nicht das Lagefinanzamt für die Wertermittlung zuständig, sondern der Wert für den ausländischen Grundbesitz wird von dem nach § 35 ErbStG zuständigen FA miterfasst.
Rz. 81
Bezogen auf die Bewertung von ausländischem Vermögen gilt eine besondere Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen (§ 90 Abs. 2 AO). Das Finanzamt wird den Steuerpflichtigen deshalb zunächst zur Angabe eines Wertes auffordern und diesen anschließend (z.B. anhand von Internetdaten) überprüfen. Der ermittelte gemeine Wert hat nicht selten den Charakter eines Verhandlungswertes.
Rz. 82
Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann bei der Bewertung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften oder ausländischem Betriebsvermögen das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden. Die Ermittlung der Bewertungsgrundlagen hat in der jeweiligen Landeswährung zu erfolgen, der in dieser Währung ermittelte Ertragswert ist mit dem für den Bewertungsstichtag festgestellten Devisenkurs in Euro umzurechnen. Der Gewinnermittlung können die im jeweiligen Land geltenden Gewinnermittlungsvorschriften zugrunde gelegt werden, wenn sie eine dem § 202 Abs. 1 Satz 2 BewG entsprechende Korrektur zulassen. Der nach § 203 BewG maßgebende Kapitalisierungsfaktor ist anzuwenden, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.
Rz. 83
Den Grundstückswert, der dem ausländischen Erbschaftsteuerrecht zugrunde gelegt wurde, wird die deutsche Finanzverwaltung nur akzeptieren, wenn er einem Verkehrswert zumindest nahekommt. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. In Spanien z.B. erfolgt eine Bewertung zu dem gemeindlichen Katasterwert, der auch für die spanische Vermögensteuer herangezogen wird. Das Wertniveau dieser Katasterwerte bewegt sich aber trotz der relativ zeitnahen Bewertung normalerweise unter dem Verkehrswertniveau. In Belgien z.B. wird zumindest beim Übergang von Grundvermögen auf Ehegatten und Verwandte in gerader Linie ein Mittelwert zwischen dem einem Verkehrswert entsprechenden Verkaufswert und dem für die Einkünfte aus Grundvermögen ermittelten Katasterertragswert berücksichtigt.
Rz. 84
Ausgangspunkt für die Wertermittlung eines ausländischen Grundstückswerts könnte ferner der ursprüngliche Kaufpreis sein. Ist dieser im Besteuerungszeitpunkt noch zeitnah, dürfte er aus Vereinfachungsgründen ohne näheres Nachprüfen angesetzt werden können. Im Falle von älteren Kaufpreisen besteht die Möglichkeit, anhand von Kaufpreissammlungen oder anderen Statistiken unter der Anwendung von Indices auf den Verkehrswert zu schließen. Sofern der Steuerpflichtige zeitnahe Kaufverträge anderer Eigentümer von vergleichbaren Grundstücken vorbringen kann, könnten auch diese Werte zumindest als Anhaltspunkte dienen.
Rz. 85
Bezieht sich eine wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit sowohl auf das Ausland als auch auf das Inland (z.B. land- und forstwir...