Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Schrifttum:
Eisele, Brennpunkte der Anwendungserlasse zum erbschaftsteuerlichen Bewertungsrecht nach dem JStG 2007, Information StW 2007, 376–382; Eisele, Geplante Änderungen des erbschaftsteuerlichen Bewertungsrechts – Materiell-rechtliche Neuerungen bei der Immobilienbewertung; NWB 2006, Nr. 37, 3007–3082; Dötsch, Im Jahressteuergesetz 2007 enthaltene Änderungen des Bewertungsgesetzes, jurisPR-SteuerR 5/2007; Mannek, Bedarfsbewertung von Grundstücken – Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2007, NWB 2007 Fach 9, 2881–2906; Eisele, Jahressteuergesetz 2007: Neuerungen im erbschaftsteuerlichen Bewertungsrecht, INF 4/2007, 136–140; Drosdzol, Die Änderungen der steuerlichen Bedarfsbewertung, insb. der Bewertung in Erbbaurechtsfällen und in Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden, durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 10.11.2006, UVR 2007, 119–124; Moench, Ein Geschenk für die Praxis: Die "Zwischenreform" der erbschaftsteuerlichen Bewertung durch das JStG 2007, ZEV 2007, 12–16.
A. Entstehung und Bedeutung der Vorschrift
I. Neukonzeption durch das JStG 2007
Rz. 1
Mit Art. 18 des Jahressteuergesetzes 2007 wurde der § 148a BewG, der die Bewertung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden regelt, neu eingeführt. Die Bundesregierung begründete die Änderungen des Bewertungsgesetzes im Allgemeinen wie folgt:
"Die Änderung der Vorschriften zur Grundbesitzbewertung sind erforderlich, weil die Bindung an die Wertverhältnisse zum 1. Januar 1996, die bisher in § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG vorgeschrieben ist, nach § 138 Abs. 4 BewG bis zum 31. Dezember 2006 befristet ist. Sie berücksichtigt zugleich die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Eine grundsätzliche Neuausrichtung der Ermittlung der Grundbesitzwerte ist wegen der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht vorgesehen."
Rz. 2
Zu der Vorschrift des § 148a BewG ist der Begründung der Bundesregierung Folgendes zu entnehmen:
Zu § 148a BewG
Die Regelungen zur Bewertung der Gebäude auf fremdem Grund und Boden lehnen sich an die Vorschriften zur Bewertung der Erbbaurechte (§ 148 BewG; vgl. Begründung zu Nummer 4) an.
Rz. 3
Einstweilen frei.
II. Anwendungszeitraum
Rz. 4
Eine grundsätzliche Neuregelung erfährt die Bewertung von Erbbaurechtsfällen nach § 148 BewG und von Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden nach § 148a BewG des Vierten Abschnitts des Bewertungsgesetzes (§§ 138–150 BewG) aufgrund der in Art. 18 des Jahressteuergesetzes 2007 enthaltenen Änderungen. Die dort geregelten und nachstehend aufgeführten Bewertungsgrundsätze sind bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer für Besteuerungszeiträume nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 anzuwenden.
Rz. 5
Die Bewertungsgrundsätze des § 148 BewG (bis 2006) sind sowohl für Erbbaurechtsfälle als auch für Fälle mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden auf Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.1995 und vor dem 1.1.2007 anzuwenden (vgl. § 148 BewG [bis 2006]).
Rz. 6
Für Bewertungsstichtag nach dem 31.12.2008 ist nach Art. 2 des ErbStRG v. 24.12.2008 für Schenkung- und Erbschaftsteuerfälle die Bewertung von Erbbaurechten in § 193 BewG, von Erbbaugrundstücken in § 194 BewG und von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden in § 195 BewG im neu eingeführten Sechsten Abschnitt des Bewertungsgesetzes geregelt. Allerdings besteht nach Art. 3 des ErbStRG in Erbfällen die Möglichkeit, für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 die rückwirkende Anwendung des neuen Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts zu beantragen. Das Wahlrecht zur Anwendung der Rückwirkungsoption besteht lediglich bis zum 30.6.2009. Somit ist die Anwendung der §§ 192 bis 195 BewG mit den neuen Bewertungsvorschriften für Erbbaurechte und Gebäude auf fremdem Grund und Boden auch schon für Besteuerungszeitpunkte vor dem 1.1.2009 denkbar. Diese Sonderregelung gilt nicht für Schenkungen.
Rz. 7
Grundbesitzwerte für Zwecke der Grunderwerbsteuer werden hingegen auch für Bewertungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 nach den bisherigen Regelungen des Vierten Abschnitts des Bewertungsgesetzes festgestellt. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist angesichts der mit dem ErbStRG für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 getroffenen Neuregelungen zur Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer kaum nachvollziehbar. Denn weder aus sachlichen noch aus praktischen Erwägungen heraus ist es verständlich, wenn bei den einzelnen Steuerarten unterschiedliche Bewertungsverfahren angewandt werden müssen. Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof das Bundesfinanzministerium mit Beschluss v. 27.5.2009 aufgefordert, dem Verfahren wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beizutreten. Die Beitrittsaufforderung ist erfolgt...