Erbschaftsteuer liegt jetzt beim Bundesverfassungsgericht
Die bayerische Staatsregierung hat am 16. Juni Antrag auf ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes gestellt. Über eine Überprüfung des Gesetzes soll der Weg frei gemacht werden für eine Erhöhung der Freibeträge, eine Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer.
Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer wurden seit 2008 nicht erhöht. Im Gegensatz dazu seien – so die Kritik Bayerns – die Inflation sowie die Boden- und Immobilienpreise massiv gestiegen.
Immobilienwerte: Bayern will Regionalisierung der Erbschaftsteuer
"Ab jetzt liegt es in den Händen des Gerichts, die auseinandergehende Schere zwischen seit 14 Jahren stagnierenden Freibeträgen und drastisch steigenden Immobilienpreisen zu bewerten und hoffentlich wieder zu schließen", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München. "Wir haben vielfach versucht, die Bundesregierung zu überzeugen, die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer zu erhöhen – es wird uns immer nur die kalte Schulter gezeigt."
Die Erbschaftsteuer stehe in voller Höhe den Ländern zu, daher sollten diese über die Ausgestaltung entscheiden, so Füracker weiter. "Bayerns Klage zielt auf eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer – für geringere Steuersätze und höhere Freibeträge."
Bayern moniert außerdem an der Steuer, dass sich der Wert bei Grundstücken bundesweit sehr unterschiedlich entwickelt habe und dadurch Erben in Bayern benachteiligt würden, da hier höhere Steuern anfielen. Bundeseinheitliche Freibeträge und Steuersätze seien unfair und würden nicht den regionalen Verhältnissen gerecht.
Jahressteuergesetz: Kritik an Regeln für Immobilienbewertung
Füracker erneuerte in dem Kontext seine Kritik an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der im Frühjahr 2022 den bayerischen Vorstoß zur Erhöhung der Freibeträge abgelehnt und mitgeteilt habe, dieser stehe "nicht auf der Agenda". Gleichzeitig seien "versteckt in einem rund 150 Seiten dicken Gesetzentwurf", neue Regeln für die Immobilienbewertung eingeführt worden, die zu deutlichen steigenden Erbschaftsteuern führten.
Gemeint ist das Jahresssteuergesetz 2022, das am 1.1.2023 in Kraft getreten ist: Im Bewertungsgesetz wurden das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14.7.2021 angepasst.
Die Änderungen können bei Übertragungen von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen zu einer höheren Schenkung- und Erbschaftsteuer führen, wenn im Einzelfall das Sachwertverfahren (vorrangig: Vergleichswertverfahren) einschlägig ist. Mehrfamilienhäuser, bei denen regelmäßig der Ertragswert herangezogen wird, sind ebenfalls betroffen.
FDP: "Durchsichtiges Wahlkampfmanöver der CSU"
Lindner wiederum wirft der CSU wegen der Klage in Karlsruhe ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver vorgeworfen. Der Bund könne nicht – wie von Söder und anderen Vertretern der Staatsregierung behauptet – "im Alleingang über den Wegfall von Steuereinnahmen entscheiden, die allein den Ländern zustehen. Eine solche Initiative muss deshalb von der Mehrheit der Länder kommen."
Auch Vertreter anderer Parteien sehen in der bayerischen Aktion ein Wahlkampfmanöver. In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Füracker lässt Lindners Kritik nicht gelten: "Wir reden hier von einem Bundesgesetz, der Bundesfinanzminister und seine Partei können jederzeit handeln. Statt endlich Fakten zu schaffen wird nur auf die Länder verwiesen – das grenzt an Arbeitsverweigerung."
Bayerns Vorstoß im Bundesrat
Höhere Freibeträge und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer – die Mehrheit der Bundesländer (außer Hessen und Sachsen) hatte am 16.12.2022 den bayerischen Vorstoß im Bundesrat abgelehnt, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. Vielmehr stimmte die Länderkammer dem Jahressteuergesetz 2022 mit umfassenden steuerlichen Änderungen zu.
Daraufhin hat das bayerische Kabinett auf der letzten Sitzung 2022 am 20.12.2022 beschlossen, gegen die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer zu klagen, wie zuvor bereits von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt – konkret wegen einer Anpassung bei der Wertermittlung von Immobilien, die Erben größerer Vermögenswerte seit Januar 2023 stärker finanziell belasten können.
Man werde beim BVerfG einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle der entsprechenden Regelungen des Erbschaftsteuergesetzes stellen, hieß es seitens der Landesregierung. Söder betonte: "Wir betrachten es als eine große Unfairness, dass bayerische Grundstücke am Ende genauso behandelt werden in der Werteinstufung wie Grundstücke in anderen Teilen Deutschlands, wo die Preise nicht vergleichbar sind."
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