Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
A. Einleitung
Rz. 1
§ 195 BewG enthält die Regelungen zur Bewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden. Die Vorschrift ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz v. 24.12.2008 in das Bewertungsgesetz eingefügt worden; sie gilt für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2009.
Rz. 1.1
§ 195 Abs. 2 BewG wurde durch Art. 9 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2.11.2015 redaktionell angepasst. Hintergrund dieser Änderung war die Neufassung des § 190 BewG zur Ermittlung des Gebäudesachwerts. Die Neufassung war zur Anpassung des bewertungsrechtlichen Sachwertverfahrens an die Regelungen der Sachwertrichtlinie erforderlich geworden (vgl. dazu auch die Kommentierung zu § 190 BewG n.F.). Die geänderte Fassung des § 195 BewG n.F. gilt für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 (§ 205 Abs. 10 BewG).
Rz. 2
Die Regelung des § 195 BewG beinhaltet sowohl die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden als auch die Bewertung des belasteten Grundstücks.
Rz. 2.1
Die Regelung des § 195 BewG in der hier beschriebenen Fassung wird mit Ablauf den 31.12.2022 durch die Regelung des § 195 BewG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2022 abgelöst. Aufgrund der weitreichenden Gesetzesänderung wird zu letztgenannter Fassung eine eigene Kommentierung erscheinen.
B. Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 und Erbschaftsteuer-Hinweise 2019
Rz. 3
Die Bewertung des Grundvermögens erläutert die Finanzverwaltung in den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 – ErbStR 2019 – näher. Die ErbStR 2019 tragen im Wesentlichen den zwischenzeitlich erfolgten Rechtsänderungen (u.a. auch zu den gesetzlichen Neuerungen der Erbschaftsteuerreform zum 1.7.2016), den Änderungen der Verwaltungsauffassung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung. Ergänzend zu den ErbStR 2019 sind die Erbschaftsteuer-Hinweise – ErbStH 2019 – vom 19.12.2019 ergangen, die auch Hinweise auf den ausgewählten Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht geben.
Rz. 4
Die ErbStR 2019 und die ErbStH 2019 sind grundsätzlich in allen Erwerbsfällen anzuwenden, für die die Steuer nach dem 21.8.2019 entstanden ist oder entsteht. Sie gelten auch für Erwerbsfälle, für die die Steuer vor dem 22.8.2019 entstanden ist. Faktisch sind sie jedoch in allen offenen Fällen anzuwenden, da bisher ergangene Anweisungen, die mit den ErbStR 2019 bzw. ErbStH 2019 im Widerspruch stehen, nicht mehr anzuwenden sind. Die ErbStR 2019 und ErbStH 2019 stellen für die Finanzbehörden – nicht aber die Finanzgerichte – bindende Weisungen dar.
Rz. 4.1
Die ErbStR 2019 und die ErbStH 2019 sind an die Stelle der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 vom 19.12.2011 – ErbStR 2011 – und der Erbschaftsteuer-Hinweise vom 19.12.2011 – ErbStH 2011 – getreten. Beide hatten zuvor die gleich lautenden Erlasse zur Bewertung des Grundvermögens vom 5.5.2009 – GV-Erlass vom 5.5.2009 – abgelöst.
Rz. 5
Einstweilen frei.
C. Verfahrensbeschreibung
Rz. 6
Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden sind die Grundbesitzwerte für die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden und für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks gesondert und unabhängig voneinander zu ermitteln (§ 195 Abs. 1 BewG).
Rz. 7
Die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden erfolgt bei einer Bewertung des Gebäudes im Ertragswertverfahren (§§ 184–188 BewG) mit dem Gebäudeertragswert und bei einer...