A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 1
Neben den persönlichen Freibeträgen des § 16 ErbStG wird dem überlebenden Ehegatten (zur Erweiterung dieses Personenkreises durch das sog. Eheöffnungsgesetz vom 20.7.2017 ab dem 1.10.2017 (s. § 15 ErbStG Rz. 22) und ab 2009 auch dem überlebenden (eingetragenen) Lebenspartner und den Kindern des Erblassers ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt.
Rz. 2
Für Ehegatten und Lebenspartner unverändert i.H.v. 256.000 Euro, unabhängig vom Lebensalter des überlebenden Ehegatten und davon, ob tatsächlich Versorgungswerte vorliegen. Bei Kindern hingegen ist der Freibetrag nach Lebensalter gestaffelt von 52.000 Euro bis 10.300 Euro. Laut Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010 verstieß die frühere Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften, die es seit dem 1.8.2001 gibt, gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber musste für die Altfälle bis zum 31.12.2010 eine Neuregelung treffen. Dies hat er nach den Änderungen durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 durch das JStG 2010 geschafft (s. § 15 Rz. 20). Aufgrund von Art. 3 Abs. 3 des Eheöffnungsgesetzes gibt es ab dem 1.10.2017 keine neuen eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr.
Rz. 3
Der besondere Versorgungsfreibetrag wird eingetragenen Lebenspartnern in noch nicht bestandskräftig gewordenen Steuerbescheiden gewährt für Erwerbe,
Rz. 4
Der Versorgungsfreibetrag wird nicht zur Freistellung von Versorgungswerten gewährt, sondern gibt durch Abs. 1 Satz 2 ein Anrechnungsvolumen für steuerfreie Versorgungsbezüge, die den Versorgungsfreibetrag kürzen. Dadurch sollen die Besteuerungsunterschiede ausgeglichen werden, wonach nur vertraglich begründete Renten (z.B. Lebensversicherung) erbschaftsteuerpflichtig nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sind, gesetzliche Versorgungsrenten und ihnen gleichgestellte andere Versorgungsbezüge hingegen nicht (s. R E 3.5 ErbStR 2019). Die freigestellten Bezüge werden dadurch indirekt besteuert. Dies führt jedoch nur bei einem Kapitalwert bis zu 256.000 Euro zu einer Gleichstellung. Dass dadurch höhere nicht steuerbare Hinterbliebenenbezüge nur zum Teil (indirekt) besteuert werden und der Versorgungsfreibetrag sich umso mehr auswirkt, je älter der überlebende Ehegatte ist (weil es anders als beim Versorgungsfreibetrag von Kindern keine Staffelung nach dem Lebensalter zum Zeitpunkt des Erwerbs gibt, so dass dann der anrechenbare Kapitalwert niedriger ist), hat der BFH für verfassungskonform gehalten.
B. Kürzung des Freibetrags um nicht steuerbare Versorgungsbezüge (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 5
Zu den nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Bezügen gehören insb. nach R E 17 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2019 (s. auch R E 3.5 ErbStR 2019).
- 1. Versorgungsbezüge von Beamten,
- 2. Versorgungsbezüge von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
- 3. Versorgungsbezüge von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung (dies gilt auch in Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung),
- 4. Versorgungsbezüge von Abgeordneten,
- 5. Versorgungsbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen,
- 6. Versorgungsbezüge aufgrund eines zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber geschlossenen Einzelvertrags (z.B. auch die angemessenen Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen eines nicht herrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers (s. R E 3.5 Abs. 3 ErbStR 2019 und die Checkliste in H E 3.5 ErbStH 2019).
Rz. 6
Die Kürzung erfolgt unabhängig davon, ob die steuerfreien Versorgungsleistungen lebenslänglich, auf bestimmte Zeit oder als Einmalbetrag erbracht werden (s. R E 17 Abs. 2 ErbStR 2019). Auch Einmalzahlungen wie Sterbegelder (seit 2004 gibt es keine mehr bei gesetzlichen Krankenkassen), Kapitalabfindungen und weitere Leistungen sind anzurechnen.
Rz. 7
Vorhandenes Altersvorsorgevermögen ist nicht steuerfrei, so dass der Versorgungsfreibetrag nicht gekürzt wird.
Rz. 8
Der Umstand, dass bei der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG erbschaftsteuerpflichtige private Versorgungsbezüge in die Berechnung einbezogen werden (s. R E 5.1 ErbStR 2019), berührt den Versorgungsfreibetrag nicht. Er ist deshalb auch nicht um den Betrag zu kürzen, der als Zug...