Zusammenfassung
In der Steuerberatung sind Unternehmensbewertungen von praktischer Bedeutung, wenn Unternehmen oder Unternehmensteile veräußert werden sollen, wenn die Beteiligten am Unternehmen in Konflikt geraten und eine Trennung im Raum steht oder wenn neue Beteiligte ins Unternehmen aufgenommen werden. Häufig wendet sich die Mandantschaft mit der Frage der Unternehmensbewertung an die bislang für das Unternehmen tätige Steuerberatungskanzlei. Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, ob Steuerberater berufsrechtlich befugt sind, Untenehmensbewertungen vorzunehmen, wenn sie zugleich für die Gesellschaft die Steuerberatung übernommen haben und inwieweit die Frage einer Interessenkollision der Annahme eines Auftrags zur Bewertung eines Unternehmens entgegensteht.
Einschlägig sind § 6 Abs. 1, 2 BOStB, § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG sowie § 57 Abs 1a, 1b StBerG i. d. F. ab 17.1.2024. Daneben ist dasBerufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften (BGBl I Nr. 41 v. 12.7.2021, S. 2363) zu beachten. In der Rechtsprechung hat sich das LG Bielefeld, Urteil v. 6.3.2015, 17 O 6/14, zur Thematik geäußert.
1 Vereinbare Tätigkeit
Bei der Übernahme einer Unternehmensbewertung handelt es sich um eine mit der Steuerberatung vereinbare Tätigkeit. Häufig wird mit der Unternehmensbewertung die Steuerkanzlei beauftragt, die sich bislang auch um die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Unternehmens gekümmert hat. Das macht auch Sinn, weil sie das Unternehmen in steuerlicher und häufig auch wirtschaftlichen Hinsicht bestens kennt. Ist der Anlass für die Bewertung nicht in einem Konflikt zwischen den an dem Unternehmen Beteiligten begründet, etwa, weil ein neuer Gesellschafter in eine GmbH aufgenommen werden soll, dürfte es in der Regel kein Problem sein, einen solchen Auftrag annehmen zu können. Anders ist es, wenn zwischen den Beteiligten Streit herrscht.
1.1 Honorar
Die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) sieht für die Unternehmensbewertung keinen Gebührentatbestand vor. Das Honorar ist daher mit den Auftraggebenden individuell zu vereinbaren, üblich sind Stunden- oder Pauschalhonorare, bei denen auch der voraussichtliche Wert des Unternehmens berücksichtigt wird. Zu beachten ist, dass häufig – auch wenn das Unternehmen schon bekannt ist – bei Übernahme des Auftrags nicht klar ist, welchen Aufwand die Bearbeitung tatsächlich erfordern wird. Insbesondere, wenn nach Erstellung der Bewertung eine Bewertung nach anderen Bewertungsmethoden gefordert wird, kann sich der Aufwand erheblich erhöhen. Dies sollte bei Vereinbarung eines Pauschalhonorars beachtet werden und deshalb genau definiert werden, welche Leistungen im Pauschalhonorar enthalten sind. Denkbar ist es auch, ein Pauschalhonorar zu vereinbaren, dass sich erhöht, wenn ein bestimmter Stundenaufwand überschritten wird.
1.2 Berufsrecht kann Annahme des Auftrags entgegenstehen
Allerdings können berufsrechtliche Gründe im Einzelfall der Annahme eines Bewertungsauftrags entgegenstehen. Insbesondere könnte die Annahme des Auftrags zu einer Interessenkollision oder zu Verstößen gegen Verschwiegenheitspflichten führen.
Konflikt zwischen an Unternehmen Beteiligten
A und B sind zu gleichen Teilen an der Physio-GbR A+B beteiligt und führen die Geschäfte gemeinsam. B möchte zukünftig die Praxis alleine fortführen und beauftragt die Steuerberaterin S mit der Unternehmensbewertung. S war seit Gründung der Praxis vor 5 Jahren zuständig für die Erstellung der Buchführung und Steuererklärungen einschließlich der Lohnbuchführung. A weiß davon. Es stellt sich die Frage, ob die Steuerberaterin diesen Auftrag annehmen darf, ohne gegen ihre Berufspflichten zu verstoßen.
§ 57 Abs. 3 Satz 3 StBerG stellt zunächst klar, dass es S als Steuerberaterin grundsätzlich auch erlaubt ist, das Unternehmen zu bewerten, da es sich um eine mit der Steuerberatung vereinbare Tätigkeit handelt.
Hier stellt sich allerdings die Frage, ob der Steuerberaterin wegen Interessenkollision die Übernahme des Auftrags verboten ist. Ggf. könnte auch ein Verstoß gegen Verschwiegenheitspflichten vorliegen.
2 Interessenkollision
2.1 Kollision mit eigenen Interessen
Nicht tätig werden darf ein Steuerberater, wenn durch die Übernahme des Auftrags eine Kollision mit eigenen Interessen entstehen würde. Eigene Interessen können vor allem dann vorliegen, wenn der Steuerberater selbst am Unternehmen, für das der Auftrag übernommen werden soll, in irgendeiner Form, etwa als Aufsichtsratsmitglied oder weil Testamentsvollstreckung übernommen wurde (zulässig nach § 15 Nr. 6, 8 StBVV) beteiligt ist. Ob eine Interessenkollision mit eigenen Interessen vorliegt, ist anhand des Einzelfalls konkret zu prüfen. Eine rein abstrakt bestehende Interessenkollision reicht nicht aus.
Liegen tatsächlich eigene Interessen vor, die in Kollision mit den Interessen der Mandantschaft treten, darf der Auftrag nicht angenommen werden. Im Zusammenhang mit der Übernahme einer Unternehmensbewertung ist eine Kollision mit eigenen Interessen des Steuerberaters eher selten.
Entsprechendes gilt bei gemein...