Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 42b
Zu den Eigentumsübergängen kraft Gesetzes i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG gehört auch der Erbfall einschließlich der Übertragung eines Erbteils, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört (BFH v. 17.7.1975, II R 141/74, BStBl II 1976, 159; BFH v. 27.9.1991, II R 82/87, BStBl II 1991, 731; BFH v. 4.2.2004, II B 147/02, BFH/NV 2004, 813; BFH v. 9.7.2014, II R 50/12, BFH/NV 2014, 1857). Die Übertragung eines Erbteils bewirkt eine Veränderung der eigentumsmäßigen Zuordnung der zum Nachlass gehörenden Grundstücke, ist aber keine Verfügung über die Grundstücke selbst (BFH v. 17.7.1975, II R 141/74, BStBl II 1976, 159; BFH v. 9.7.2014, II R 50/12, BFH/NV 2014, 1857). Mit dem Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft (§ 2033 Abs. 1 BGB) wird der Erwerber Gesamthänder der ungeteilten Erbengemeinschaft. Der Erwerb vollzieht sich ohne Auflassung und ohne Grundbucheintragung. Der Anteil am Grundstück geht unmittelbar kraft Gesetzes mit dem Übergang des Anteils am Nachlass außerhalb des Grundbuchs auf den Erwerber über, weil eine Auflassung nicht stattfindet und die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch eine bloße Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB, § 22 GBO) darstellt (vgl. Palandt/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl., § 2033 Rz. 13). Die Übertragung eines Anteils an einem Nachlass mit Grundvermögen für einen gesetzlichen Eigentumsübergang ist von § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfasst. Die Erbengemeinschaft ist auf Auseinandersetzung gerichtet, daher besteht eine "gelockerte Gesamthandsbindung"; § 1 Abs. 2a GrEStG gilt für Personengesellschaften, nicht für die Erbengemeinschaft. Eine Gleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. dazu BFH v. 3.2.2020, II B 28/19, BFH/NV 2020, 564). Eine Verpflichtung zur Abtretung eines Erbteils unterliegt nicht der Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und die Abtretung eines Erbteils nicht der Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, auch wenn Grundstücke zum Nachlass gehören. Der für Gesamthandsgemeinschaften geltende Grundsatz, wonach der Wechsel im Personenstand grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer auslöst, ist auf die Erbengemeinschaft nicht anwendbar. Dies lässt sich u. a. damit rechtfertigen, dass der Erbteilsinhaber über seinen Anteil am Nachlass verfügen kann (§ 2033 Abs. 1 S. 1 BGB) und die bei anderen Gesamthandsgemeinschaften bestehende Gesamthandsbindung insoweit nicht besteht.
Grundstückserwerbe im Rahmen von Erbanteilsübertragungen sind gem. § 3 Nr. 3 GrEStG dann befreit, wenn ein Miterbe erwirbt. Soweit eine solche Befreiung ausscheidet, kommt eine Begünstigung nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Betracht, sofern dem § 6 Abs. 4 GrEStG nicht entgegensteht.
§ 1 Abs. 3 GrEStG kann auf Erbanteilsübertragungen keine Anwendung finden. Einerseits handelt es sich bei der Erbengemeinschaft um keine Gesellschaft i. S. dieser Vorschrift (vgl. BFH v. 14.6.1961, II 121/59 U, BStBl III 1961, 423; BFH v. 27.10.1970, II 72/65, BStBl II 1971, 278 und BFH v. 17.7.1975, II R 141/74, BStBl II 1976,159), andererseits erlöschen die Erbteile mit ihrer "Vereinigung". Gleichwohl können sich jedoch die Anteile an einer (Kapital-) Gesellschaft mit Grundbesitz in der "Hand" einer Erbengemeinschaft i. S. v. § 1 Abs. 3 GrEStG vereinigen (vgl. BFH v. 12.2.2014, II R 46/12, BStBl II 2014, 536 und Rz. 87).