Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 20
Mit Art. 26 Nr. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) v. 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde durch eine Neufassung des § 4 Nr. 4 GrEStG eine Grunderwerbsteuerbefreiung für Zusammenschlüsse von kommunalen Gebietskörperschaften und für die Aufhebung der Kreisfreiheit von Gemeinden in das GrEStG aufgenommen. Danach sind von der Besteuerung ausgenommen der Übergang von Grundstücken gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG und von Gesellschaftsanteilen gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 4 GrEStG als unmittelbare Rechtsfolge eines Zusammenschlusses kommunaler Gebietskörperschaften, der durch Vereinbarung der beteiligten Gebietskörperschaften mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Stelle oder durch Gesetz zustande kommt, sowie Rechtsgeschäfte über Grundstücke gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und über Gesellschaftsanteile gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG aus Anlass der Aufhebung der Kreisfreiheit einer Gemeinde. Im Zuge dieser Neufassung wurden § 4 Nr. 5 bis 8 GrEStG aufgehoben und die bisherige Vorschrift des § 4 Nr. 9 GrEStG zur neuen Vorschrift des § 4 Nr. 5 GrEStG bestimmt. Die Neufassung des § 4 GrEStG ist nach Art. 31 Abs. 1 AmtshilfeRLUmsG am Tage nach der Verkündung (29.6.2013) in Kraft getreten. § 4 Nr. 4 GrEStG i. d. F. des Art. 26 AmtshilfeRLUmsG bzw. die dort normierte Steuerbefreiung ist erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 6.6.2013 verwirklicht werden (Art. 26 Nr. 10 Buchst. b AmtshilfeRLUmsG; § 23 Abs. 11 GrEStG; vgl. hierzu auch § 23 Rz. 18).
Die durch das AmtshilfeRLUmsG neu eingeführte Befreiung des § 4 Nr. 4 GrEStG geht auf eine Initiative der Länder Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen zurück. Die Notwendigkeit der Befreiung wird damit begründet, dass in zahlreichen Landesteilen Deutschlands kommunale Zusammenschlüsse und Aufhebungen der Kreisfreiheit von Gemeinden notwendig seien, um bei zurückgehender Bevölkerung die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten. Bei solchen Zusammenschlüssen und Einkreisungen gingen typischerweise auch kommunale Grundstücke oder kommunale Gesellschaftsanteile an Unternehmen, die ihrerseits über Grundeigentum verfügen, auf eine andere oder eine neu gebildete Kommune über. In zahlreichen dieser Fallkonstellationen komme es dabei zu nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GrEStG bzw. nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbaren Vorgängen. Diese steuerrechtlichen Rahmenbedingungen seien ein spürbares Hemmnis für notwendige Gemeindezusammenschlüsse und Einkreisungen. Durch eine entsprechende Rechtsänderung sollte daher eine zusätzliche Steuerbefreiung geschaffen werden, die den Übergang von Grundstücken als unmittelbare Rechtsfolge der Zusammenschlüsse kommunaler Gebietskörperschaften aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge begünstigt. Zudem sollten auch Grundstücksübergänge aus Anlass der Aufhebung der Kreisfreiheit von Gemeinden von der Grunderwerbsteuer befreit werden.
Im Allgemeinen Teil der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs wird hierzu Folgendes ausgeführt:
„1. In der Bundesrepublik Deutschland ist die demographische Entwicklung von einer fortschreitenden Alterung und einem Rückgang der Bevölkerung geprägt. Diese Entwicklung ist besonders in den neuen Ländern ausgeprägt, aber auch die alten Länder sind langfristig gesehen von ihr betroffen, da sich ihr Geburtendefizit immer weniger durch Nettowanderungsgewinne ausgleichen lässt.
Nach der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes vom Februar 2010 wird die Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland von 82,0 Mio. Einwohnern im Jahr 2008 auf 77,4 Mio. Einwohner im Jahr 2030 zurückgehen (Variante Untergrenze der "mittleren" Bevölkerung). Diese Entwicklung ist insbesondere in den neuen Ländern ausgeprägt (Brandenburg -10,5 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern -15,2 Prozent, Sachsen -13,3 Prozent, Sachsen-Anhalt -21,2 Prozent, Thüringen -18,7 Prozent). Aber auch für alle alten Flächenländer wird vom Statistischen Bundesamt in dieser Prognose ein Bevölkerungsrückgang vorhergesagt, der insbesondere in Niedersachsen (-6,9 Prozent), in Nordrhein-Westfalen (-6,1 Prozent) und im Saarland (-13,8 Prozent) ausgeprägt ist.
Die negative demographische Entwicklung tangiert die öffentlichen Finanzsysteme, die öffentlichen Verwaltungen und den öffentlichen Dienst u. a. dadurch, dass für die betroffenen Gebietskörperschaften der relative Anteil an den gesamten Steuereinnahmen abnimmt, die Ausgaben für öffentliche Leistungen mit hohem Fixkostenanteil je Einwohner aber steigen. In den neuen Ländern kommen die Belastungen durch das Auslaufen des Solidarpakts II bis zum Jahr 2020 noch erschwerend zu dieser Entwicklung hinzu.
Ein wichtiges Instrument, um bei zurückgehender Bevölkerung und rückläufigen Einnahmen leistungsfähige Verwaltungseinhalten zu erhalten, sind Zusammenschlüsse von kommunalen Gebietskörperschaften und die Aufhebung der Kreisfreiheit von Gemeinden. Dabei geht es insbesondere darum, dass auch Kom...