Nachweis des coronabedingten Umsatzeinbruchs

Strengere Prüfungen bei der Schlussabrechnung
Unternehmen, die Corona-Überbrückungshilfen beantragt haben, stehen zunehmend vor Herausforderungen bei der Schlussabrechnung. Während zu Beginn der Pandemie Hilfen relativ schnell und unkompliziert bewilligt wurden, zeigt sich nun eine deutlich strengere Praxis bei der Prüfung der finalen Abrechnungen. Viele Bewilligungsstellen legen dabei den Nachweis eines coronabedingten Umsatzeinbruchs strenger aus als zuvor.
Besonders betroffen sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags Antragsteller in Bayern, Baden-Württemberg, NRW, Hamburg und Hessen. Hier ist zu beobachten, dass die Bewilligungsstellen die Nachweise detaillierter hinterfragen, und verstärkt auf eine strenge Auslegung der Fördervoraussetzungen pochen. Doch ist diese Auslegung berechtigt, und was müssen prüfende Dritte beachten?
Was bedeutet "coronabedingt"?
Die zentrale Frage ist, ob ein Unternehmen seinen Umsatzeinbruch tatsächlich auf die Pandemie zurückführen kann und damit "coronabedingt" ist. Der Eindruck der Autoren und zahlreicher Steuerberater ist, dass dieses Merkmal in der Antragsphase bis zur Überbrückungshilfe IV sehr großzügig ausgelegt wurde und nur selten im Fokus stand. Das änderte sich dann bei der Überbrückungshilfe IV. Hier verlangten die Bewilligungsstellen schon dezidierte Nachweise und lehnten eine Vielzahl von Anträgen mit Verweis darauf ab, dass ein coronabedingter Umsatzeinbruch nicht belegt wurde.
Nunmehr scheint es, dass diese strengere Praxis auch bei den Schlussabrechnungen des Pakets 1 und insbesondere bei der Überbrückungshilfe III angewandt werden. Dabei unterscheiden die Bewilligungsstellen nach unserer Wahrnehmung zwischen direkten und indirekten Auswirkungen:
- Direkte Beeinträchtigungen liegen vor, wenn Betriebe aufgrund behördlicher Anordnungen geschlossen wurden oder die Geschäftstätigkeit unmittelbar eingeschränkt war.
- Indirekte Beeinträchtigungen können durch Nachfragerückgänge oder Lieferkettenprobleme entstehen. Doch genau hier liegt das Problem: Viele Bewilligungsstellen erkennen diese nicht ohne Weiteres als coronabedingt an. Sie sind der Meinung, dass analog zur November- und Dezemberhilfe eine solche indirekte Betroffenheit nur noch zum coronabedingten Umsatzeinbruch führt, wenn der weit überwiegende Umsatz des Unternehmens mit anderen Unternehmen im B2B-Bereich erzielt wird, die von direkten Schließungsanordnungen betroffen sind. Eine "allgemeine Kundenzurückhaltung" reiche nicht mehr – und erst recht nicht mehr Lieferkettenprobleme mit Auslandsbezug.
Besonders kritisch wird es, wenn Unternehmen Materialengpässe oder allgemeine wirtschaftliche Unsicherheiten als Ursache für den Umsatzrückgang anführen. Viele Bewilligungsstellen argumentieren, dass solche Effekte nicht ausschließlich auf Corona zurückzuführen sind und lehnen die Förderberechtigung ab. Steuerberater, die so für ihre Mandanten vortragen und dabei noch an die alte Praxis einer großzügigen Bewilligungspraxis denken, erleben dann böse Überraschungen. Nehmen Sie Nachfragen zum coronabedingten Umsatzeinbruch daher besonders ernst.
Veränderte Beweislast: Unternehmen müssen lückenlos darlegen
Dazu kommt auch noch eine wichtige Entwicklung der Rechtsprechung, die prüfende Dritte unbedingt kennen sollten: Die derzeitige Tendenz zeigt, dass die Gerichte in vielen Fällen nur die Sachverhalte berücksichtigen, die bereits im Schlussabrechnungsverfahren vorgetragen wurden. Das bedeutet: Wer hier nicht alle relevanten Details liefert, kann sie im späteren Klageverfahren nicht mehr nachreichen.
Nehmen Sie Nachfragen zum coronabedingten Umsatzeinbruch in der Schlussabrechnung daher besonders ernst und tragen Sie viel vor. Unternehmen und ihre prüfenden Dritten müssen daher frühzeitig alle verfügbaren Beweise zusammenstellen:
- Detaillierte Umsatzentwicklungen mit Vergleichen zu Vorjahren
- Belege über Kundenstornierungen oder Auftragsverluste, die unmittelbar mit Corona zusammenhängen (die Kunden müssen das bestätigen!)
- Schriftliche Bestätigungen von Geschäftspartnern über pandemiebedingte Probleme
- Dokumentation von Betriebsschließungen oder eingeschränkten Öffnungszeiten
Das sind aber nur Beispiele. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Wichtig ist: Bloße Behauptungen eines coronabedingten Umsatzeinbruchs reichen nicht aus! Die Bewilligungsstellen erwarten detaillierte Belege. Doch auch hier liegt eine Stolperfalle: Wer beispielsweise 20 bedeutende Kunden hat und nur von fünf Nachweise über pandemiebedingte Absagen nachweisen kann, läuft Gefahr, dass die Bewilligungsstelle genau negativ wertet, dass die anderen 15 Kunden sich nicht erklärt haben. Das Argument lautet dann: offenbar hat die Mehrzahl der Kunden nicht aus Pandemiegründen Aufträge storniert. Sie müssen sich daher immer fragen, ob der Vortrag auch ins Gegenteil verkehrt werden kann.
Gerade bei größeren Fördersummen sollten Mandanten daher auch im Schlussabrechnungsverfahren Rechtsanwälte zur Vorbereitung einer Stellungnahme einbinden, damit nicht etwas vorgetragen wird, was am Ende sogar schädlich ist. Der Teufel steckt hier oft im Detail.
Rückforderungen und drohende Klagen
Die strenge Auslegung führt dazu, dass viele Unternehmen mit Rückforderungen konfrontiert werden. Besonders problematisch ist die Haltung der Bewilligungsstellen, dass sie in der Schlussabrechnung auch nachträglich die Fördervoraussetzungen erneut prüfen dürfen. Das führt dazu, dass selbst zuvor bewilligte Hilfen nun zurückgefordert werden. Die Bewilligungsstellen verstehen die Schlussabrechnung als Totalvorbehalt – und das beziehen sie eben auch für alle Programme auf die Frage des coronabedingten Umsatzeinbruchs.
Viele Unternehmen sehen sich daher gezwungen, Klage einzureichen. Doch auch hier zeigt sich: Wer in der Schlussabrechnung nicht sauber gearbeitet hat, hat vor Gericht schlechte Karten. Nehmen Sie die Chance im Schlussabrechnungsverfahren daher ernst.
Empfehlungen für Unternehmen und prüfende Dritte
Angesichts dieser Entwicklung sollten sich Antragsteller und deren Berater auf folgende Punkte konzentrieren:
- Frühzeitige Dokumentation: Wenn sie keiner Branche angehören, die direkt von Schließungsanordnungen betroffen war, fangen Sie besser frühzeitig an, Nachweise zum coronabedingten Umsatzeinbruch zu dokumentieren bzw. einzusammeln. Denn Nachfragen zu diesem Thema sind wahrscheinlich.
- Detaillierte Begründungen: Bei Nachfragen gilt: Detailliert begründen, warum das Unternehmen einen coronabedingten Umsatzeinbruch hat. Allgemeine Aussagen reichen nicht aus. Es müssen konkrete Belege für die coronabedingte Kausalität vorgelegt werden.
- Rechtliche Unterstützung: Schon im Rahmen der Schlussabrechnung kann anwaltliche Beratung helfen, spätere Probleme zu vermeiden. Das gilt insbesondere, weil nach der Rechtsprechung neue Sachverhalte nicht im Klageverfahren eingeführt werden können. Argumente sind dann also faktisch präkludiert.
- Fristen beachten: Rückfragen der Bewilligungsstellen sollten ernst genommen und innerhalb der gesetzten Fristen beantwortet werden. Wer nicht zum coronabedingten Umsatzeinbruch auf Nachfrage vorträgt, muss entsprechend schon deshalb mit Rückforderungen rechnen.
Fazit: Ein ernstes Thema
Die Zeiten einer großzügigen Bewilligungspraxis sind vorbei. Unternehmen, die Überbrückungshilfen erhalten haben, müssen sich darauf einstellen, dass jede Angabe genau geprüft wird. Eine lückenlose Dokumentation sowie eine gute tatsächliche wie rechtliche Argumentation sind der Schlüssel, um Rückforderungen zu vermeiden und die erhaltenen Hilfen zu sichern.
Hinweis: Fachlichen Austausch finden prüfende Dritte auch im Überbrückungshilfe-Netzwerk unter www.überbrückungshilfe-netzwerk.de.
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