Verlängerung des Reinvestitionszeitraums um 1 Jahr
Gesetzliche Regelung
Nach § 6 b Abs. 3 Satz 2 EStG kann bis zur Höhe einer § 6b-Rücklage ein Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Reinvestitionsgüter vorgenommen werden, die in den folgenden 4 Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt werden. Die "folgenden 4 Wirtschaftsjahre" sind die 4 Wirtschaftsjahre, die auf das Wirtschaftsjahr der Veräußerung folgen. Entstand der Veräußerungsgewinn im Wirtschaftsjahr 2016 (Bilanzstichtag 31.12.2016), dann muss die Reinvestition spätestens am 31.12.2020 abgeschlossen sein. Entstand der Veräußerungsgewinn im vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr 2015/2016 (Bilanzstichtag 30.09.), muss die Reinvestition spätestens am 30.09.2020 abgeschlossen sein.
Ist eine Rücklage am Schluss des 4. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen (§ 6b Abs. 3 Satz 5 1. Halbsatz EStG). In diesem Falle führt die Rücklagenauflösung zu einer Erhöhung des Gewinns, denn der gewinnerhöhenden Auflösung der Rücklage steht in diesem Falle kein gewinnmindernder Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Reinvestitionsguts gegenüber.
Für die Fälle, in denen begünstigte Reinvestitionen innerhalb des Reinvestitionszeitraums nicht vorgenommen werden, aber durch Bildung einer Rücklage eine Stundungswirkung erzielt worden ist, enthält § 6b Abs. 7 EStG eine Verzinsungsregelung. Diese sieht vor, dass der Gewinn des Auflösungsjahrs für jedes volle Jahr des Bestehens der Rücklage fiktiv um 6 % des Auflösungsbetrags erhöht wird.
Verlängerung der Vierjahresfrist in bestimmten Fällen um 1 Jahr
Die Frist des § 6b Absatz 3 Satz 2 EStG (4-Jahrefrist) verlängert sich aufgrund der Neuregelung durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz um 1 Jahr, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5 EStG am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahrs aufzulösen wäre.
Beispiel: Die X-KG hat im Jahr 2016 einen Gewinn aus der Veräußerung eines seit 15 Jahren zu ihrem Anlagevermögen gehörenden unbebauten Grundstücks von 100.000 EUR erzielt, für den sie in ihrer Gesamthandsbilanz zum 31.12.2016 gewinnmindernd eine § 6b-Rücklage gebildet hat. Die Rücklage von 100.000 EUR wird in den Bilanzen 2017 bis 2020 fortgeführt. Eine begünstigte Reinvestition wird bis zum 31.12.2020 nicht getätigt.
Nach bisheriger Rechtslage müsste die Rücklage von 100.000 EUR zum 31.12.2020 gewinnerhöhend aufgelöst werden. Außerdem müsste nach § 6b Abs. 7 EStG außerbilanziell der Gewinn des Auflösungsjahrs 2020 für jedes volle Jahr des Bestehens der Rücklage fiktiv um 6 % des Auflösungsbetrags von 100.000 EUR, also um (4 x 6 % =) 24 % von 100.000 EUR = 24.000 EUR erhöht werden.
Neuregelung erlaubt die Weiterführung der Rücklage um 1 Wirtschaftsjahr
Durch die Neuregelung wurde die 4-Jahresfrist um 1 Jahr verlängert. Das bedeutet, dass die KG die § 6b-Rücklage von 100.000 EUR bis zum Bilanzstichtag 31.12.2021 fortführen kann. Zu einer Zwangsauflösung zum 31.12.2020 kommt es nicht.
Sonderregelung für neu hergestellte Gebäude
Die Frist von 4 Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf 6 Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des 4. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs begonnen worden ist (§ 6b Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz EStG). Mit der Verlängerung der grundsätzlich 4-jährigen Reinvestitionsfrist auf 6 Jahre wird berücksichtigt, dass die Herstellung von Gebäuden erfahrungsgemäß eine längere Planungs- und Bauzeit erfordert. Diese Verlängerung der Reinvestitionsfrist nach § 6b Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz EStG gilt nur für vom Steuerpflichtigen selbst (neu) hergestellte Gebäude; der Steuerpflichtige muss also die Herstellung selbst betreiben (BFH Beschluss vom 19.11.2015 - IV B 103/14). Das ist nicht der Fall, wenn er ein von einem Dritten neu hergestelltes Gebäude anschafft.
Ist bei Gebäuden, mit deren Herstellung bis zum Schluss des 4. Jahrs schon begonnen wurde, eine Rücklage bis zum 6. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist sie nach § 6b Abs. 5 Satz 5 EStG in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.
Neuregelung erlaubt die Übertragung auf neu hergestellte Gebäude bis zum 7. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs
Die genannte 6-Jahresfrist verlängert sich aufgrund der Neuregelung um 1 Jahr, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5 EStG am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahrs aufzulösen wäre.
Beispiel: Die X-KG hat im Jahr 2014 einen Gewinn aus der Veräußerung eines seit 15 Jahren zu ihrem Anlagevermögen gehörenden unbebauten Grundstücks von 100.000 EUR erzielt, für den sie in ihrer Gesamthandsbilanz zum 31.12.2014 gewinnmindernd eine § 6b-Rücklage gebildet hat. Im Jahr 2018 hat die KG mit dem Neubau eine Betriebsgebäudes begonnen, auf dessen Herstellungskosten die Rücklage übertragen werden soll. Die Herstellung verzögert sich wegen der Corona-Krise. Das Gebäude wird 2020 nicht mehr fertiggestellt.
Nach bisheriger Rechtslage müsste die Rücklage von 100.000 EUR zum 31.12.2020 gewinnerhöhend aufgelöst werden. Außerdem müsste nach § 6b Abs. 7 EStG außerbilanziell der Gewinn des Auflösungsjahrs 2020 für jedes volle Jahr des Bestehens der Rücklage fiktiv um 6 % des Auflösungsbetrags von 100.000 EUR, also um (6 x 6 % =) 36 % von 100.000 EUR = 36.000 EUR erhöht werden.
Verlängerung der 6-Jahresfrist um 1 Wirtschaftsjahr auf 7 Jahre
Durch die Neuregelung wurde die 6-Jahresfrist um 1 Jahr verlängert. Das bedeutet, dass die KG die § 6b-Rücklage von 100.000 EUR im Kalenderjahr 2021 auf die Herstellungskosten des neuen Gebäudes übertragen darf, wenn dieses in 2021 fertiggestellt wird. Zu einer Zwangsauflösung zum 31.12.2020 kommt es nicht.
Beginn der Herstellung eines Gebäudes
Der Herstellungsbeginn i.S.d. § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG ist anzunehmen, wenn das Investitionsvorhaben "ins Werk gesetzt" wird. Dies kann vor den eigentlichen Bauarbeiten liegen. Ein sicheres Indiz für einen Herstellungsbeginn ist die Stellung des Bauantrags (BFH Urteil vom 09.07.2019 - X R 7/17).
Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen
Werden Wirtschaftsgüter i.S.d. § 6b Abs. 1 EStG zum Zweck der Vorbereitung oder Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen auf bestimmte, im Gesetz bezeichnete Erwerber (insbesondere Gemeinde, Gemeindeverband, Sanierungsträger) übertragen, gelten nach § 6b Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 EStG besondere Fristen. An die Stelle der für die Rücklagenübertragung geltenden Fristen von 4 bzw. 6 Jahren treten Fristen von grundsätzlich 7 bzw. 9 Jahren. An die Stelle der Frist von 6 Jahren (Zugehörigkeit des veräußerten Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte) tritt eine Frist von nur 2 Jahren (§ 6b Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Fristen des § 6b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG wurden in den genannten Fällen ebenfalls um 1 Jahr verlängert.
Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch Personenunternehmen
Nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige, die keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind, Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500.000 EUR auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden 2 Wirtschaftsjahren angeschafften Anteile an Kapitalgesellschaften oder angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter oder auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden 4 Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Gebäude nach Maßgabe des § 6b Abs. 10 Sätze 2 bis 10 EStG übertragen. Ist eine Rücklage am Schluss des 4. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen (§ 6b Abs. 10 Satz 8 EStG). Auch die Fristen des § 6b Abs. 10 Satz 1 und 8 EStG verlängern sich in den genannten Fällen jeweils um ein Jahr.
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