An der Digitalisierung führt für Steuerkanzleien kein Weg mehr vorbei. Ob in der Zusammenarbeit mit Mandanten oder bei der Erschließung von neuen Geschäftsfeldern: Die Digitalisierung nimmt auf zahlreiche Bereiche Einfluss. Welche Chancen sich daraus ergeben und mit welchen Veränderungen Sie rechnen sollten.
Steuerberatung 4.0: Was ändert sich für Kanzleien durch die Digitalisierung?
Digitalisierung und Beratung sind die Buzzwords der Steuerberater-Branche schlechthin. Sie bringen die größten Veränderungen in der Steuerberatung auf den Punkt. Während automatisierte Prozesse in zunehmendem Maße wiederkehrende Aufgaben in der Kanzlei übernehmen, steigen die Beratungsansprüche der Mandanten an. Diese erwarten verstärkt nicht nur ganzheitliche Beratungen, sondern wünschen sich auch proaktive Empfehlungen, die den Unternehmenserfolg mitbestimmen.
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Effizientere Prozesse durch digitale Systeme
Dokumenten-Managementsysteme (DMS) sind in Steuerkanzleien längst keine Seltenheit mehr. Mit ihnen gelingt bereits in wenigen Klicks, was früher zeitraubend und aufwendig war. Die Digitalisierungssoftware verwaltet und katalogisiert Akten und Belege, die zentral für alle Kanzleimitarbeiter einsehbar sind. Durch vielfältige Importmöglichkeiten sind die Systeme besonders flexibel und erleichtern sowohl die Zusammenarbeit im Team als auch mit dem Kunden. Mit OCR-Texterkennung erfolgt die Verschlagwortung vollautomatisch und Dokumente können in Sekunden auf bestimmte Inhalte hin gescannt werden.
Neue Geschäftsfelder schließen die Lücke der verschlankten Prozesse
Schneller, effizienter, kostengünstiger: Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen in der Steuerberatung wirkt sich in in vielerlei Hinsicht positiv auf den Kanzleierfolg aus. Zugleich verlagern sich die Aufgabenschwerpunkte für den Steuerberater. Während Routineaufgaben wie die Datenarchivierung im Zuge der Digitalisierung immer weniger Raum im Daily Business einnehmen, sind neue Geschäftsfelder gefragt, die auch die veränderten Anforderungen der Mandanten bedienen.
Die Nachfrage nach Beratungsangeboten ist groß - von Digitalisierungsmaßnahmen bis zur Betriebsorganisation .
Neue Geschäftsfelder zu finden, die das eigene Portfolio sinnvoll ergänzen, dürfte allerdings weniger schwierig sein. Denn die Nachfrage nach Beratungsangeboten ist von Digitalisierungsmaßnahmen bis zur Betriebsorganisation groß. Allein im Hinblick auf die riesigen Datenmengen, die bisher bei den meisten Steuerberatern ungenutzt herumliegen, zeigt sich außerdem deutlich das große Potenzial der Digitalisierung. Big Data ermöglicht beispielsweise ganzheitliche Analysen in kürzester Zeit, die zuvor nicht oder nur unter großem Aufwand möglich gewesen wären. Den Steuerberater versetzt dies in die Lage, schneller präzise Handlungsempfehlungen auszusprechen.
Herausforderung fürs Recruiting: Der Wettstreit um moderne Fachkräfte
Mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung steigen auch die Anforderungen an Mitarbeiter in einer Branche, deren Fokus lange Zeit auf repetitiven Tätigkeiten lag. Beraterqualitäten und IT-Kompetenzen sind in der Steuerberatung im Zuge von automatisierten Routineprozessen gefragter denn je. Ein Manko ist jedoch, dass diese Kompetenzen im klassischen Steuerrecht bisher kaum Beachtung finden. Angehende Steuerberater sind daher allein durch ihre Ausbildung in der Regel nicht ausreichend auf die veränderten Anforderungen vorbereitet – für moderne Steuerkanzleien eine echte Herausforderung.
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Nicht nur auf Seiten der Arbeitgeber steigen mit der Digitalisierung die Ansprüche. Jüngere Generationen schätzen es, wenn ein gewisser Digitalisierungsgrad erreicht ist und fordern eine flexible Work-Life-Balance ein. Dies kann im Rekrutierungsprozess andernfalls schnell das Aus für einen Arbeitgeber bedeuten. Und dieser sucht laut Berufsstatistik 2018 der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) händeringend nach Fachkräften. Wer auch die jüngeren Kandidaten erreichen und von der eigenen Kanzlei überzeugen möchte, setzt beispielsweise auf digitale Cloud- und Softwarelösungen, die flexibles Arbeiten auch von Zuhause aus ermöglichen.
Schneller und effizienter: Die digitale Zusammenarbeit mit Mandanten
Cloud-Plattformen und Software-Tools bergen für die Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Mandant wichtige Vorteile: Während der papierlastige Informations- und Belegaustausch oft mit Reibungsverlusten und Doppelarbeiten einhergeht, vereinfachen digitale Systeme die Zusammenarbeit. Neben der effizienten Datenerfassung sind durch die gemeinsame Nutzung von digitalen Ordnern beispielsweise schnelle Rückfragen zu laufenden Geschäftsprozessen möglich. Besonders praktisch ist dies, wenn Informationen oder wichtige Belege fehlen.
Die digitale Zusammenarbeit mit dem Mandanten hat außerdem eine soziale Qualität. Die für alle Beteiligten zugängliche Datenbasis bringt Steuerberater und Mandant auf einen gemeinsamen Wissensstand und schafft so eine neue Vertrauensbasis in der Steuerberater-Mandanten-Beziehung. Ein weiteres Plus: Kanzleimanagement-Software generiert in der Regel mit wenigen Klicks den digitalen Versand von Dokumenten direkt aus der Akte heraus.
Zukunftsaussichten: Die digitale Kanzlei
Welche Aufgabenfelder deckt die künftige Steuerkanzlei ab? Wie wird das Mandanten-Steuerberater-Verhältnis der Zukunft aussehen? Diese und weitere Fragen bestimmen die aktuellen Diskussionen in der Steuerberater-Branche. Ein Ausblick über die wichtigsten Veränderungen.
Automatisierte Workflows
Digitalisierte Prozesse gehören bereits in vielen Kanzleien zum Standard – zumindest, wenn es um alltägliche Routineaufgaben wie die Belegbuchung geht. Software- und Cloudlösungen bieten allerdings weitaus mehr Potenzial zur Effizienzsteigerung. Denn die verschlankten Abläufe in der digitalisierten Steuerberatung schaffen nicht nur den Raum für individuelle Finanzdienstleistungen, sondern bedienen auch die veränderten Mandanten-Anforderungen.
Service- und Zielgruppenorientierung
Erfolgreiche Beratungen erfordern individuelle Lösungen. Mit der Zunahme an Beratungsleistungen wird somit auch eine verstärkte Service- und Zielgruppenorientierung in der digitalen Kanzlei notwendig sein: weg vom statischen Abarbeiten von Dienstleistungen hin zum nutzerzentrierten Entwickeln von Lösungsansätzen. Dies setzt auch voraus, dass Informationen kurzfristig zur Verfügung gestellt werden – digitale Systeme machen dies möglich.
Umsatzsteigerung durch anspruchsvollere Tätigkeiten
Wertschöpfung lautet das erfolgsentscheidende Stichwort der Steuerberatung 4.0. Je besser Kanzleien das Bedürfnis nach wertschöpfenden Beratungsleistungen künftig bedienen können, desto mehr Profit ist möglich. Denn für komplexe Beratungsleistungen, Analysen und Plausibilitätsprüfungen sind Mandanten eher bereit, höhere Preise zu bezahlen als für die Lohn- und Gehaltsabrechnung.
Standortnähe zunehmend unwichtiger
Der Vorteil der Digitalisierung schlechthin: Durch die Online-Erreichbarkeit und den digitalen Datenaustausch wird der reale Standort zunehmend unwichtiger. Steuerkanzleien können künftig somit auch verstärkt standortübergreifend arbeiten und Mandanten in anderen Städten oder Regionen betreuen. Im Zuge des gestiegenen Konkurrenzkampfes in der Steuerberatung kann dies ein wichtiger Erfolgsfaktor werden.
Empfehlungsmanagement online
Keine Frage: Empfehlungen werden für die Gewinnung von neuen Mandanten auch künftig unverzichtbar sein. Allerdings findet im Zuge der Digitalisierung die Suche nach einer steuerberatenden Kanzlei bereits heute zuallererst online statt. Bewertungsportale im Internet nehmen zunehmend eine wichtige Rolle bei der Auswahl einer Kanzlei ein. Proaktive Onlinemarketing-Maßnahmen werden daher immer wichtiger für Akquise und Mandantenbindung.
Neue Arbeits- und Organisationsformen
Um die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der Steuerberatung erfolgreich zu meistern, sind veränderte Prozesse und neue Arten der Zusammenarbeit notwendig. Die Verlagerung der Arbeit auf neue Bereiche erfordert vom Einzelnen mehr Eigenständigkeit und Entscheidungsgewalt. Gleichzeitig wird die Zusammenarbeit in divers zusammengesetzten Teams umso wichtiger. Für die Arbeit in der Kanzlei bedeutet dies: Statt klassischer Weisung wird das Arbeiten auf Augenhöhe immer wichtiger. Führungskräfte werden vielmehr zu Prozessbegleitern, während Mitarbeiter im konstruktiven Austausch miteinander Lösungen entwickeln.