Steuerberater Fabian Stolz ist Pilotanweder des Digitalen Finanzberichts (DiFin) und dessen Rückkanal, über den Zins- und Tilgungspläne der Banken direkt in die Finanzbuchführung fließen. Sein Antrieb ist dabei nicht reine Technikbegeisterung, sondern vor allem die stetige Verbesserung der eigenen Prozesse.
Herr Stolz, wann schafft es eine Softwarelösung in Ihre Kanzlei?
Ich brauche nicht die Software, die beim Kunden nachreift, wie die Banane im Supermarkt, ganz klar. Es muss immer einen Mehrwert geben, der einen Prozess vereinfacht oder verbessert. Bei Pilotprojekten kommt es darauf an, Gleichgesinnte zu finden, die auch etwas bewegen wollen. Das war für uns beim Rückkanal des 'Digitalen Finanzberichts' die Kreissparkasse Reutlingen, die als eine der ersten Sparkassen mit an Bord war.
Was ist der zentrale Nutzen dieser Lösung?
Das ist in diesem Fall tatsächlich der Zeitgewinn. Bis dato haben wir für die Jahresabschlusserstellung die Darlehensstände eingescannt und mit der letzten Buchung verknüpft. Nun setzen wir bei ‚Abschlussdaten an Banken senden‘ einfach ein Häkchen bei ‚Anfordern‘ und erhalten daraufhin eine Übersicht der Darlehen des Mandanten. Dies setzt jedoch voraus, dass zunächst eine Bilanz des Mandanten digital an die Bank übermittelt wurde. Die Bank holt sich hierbei vorab die Genehmigung des Mandanten ein.
Auf den ersten Blick scheint es, als läge der Nutzen eher auf Seiten der Bank...
Das ist richtig. Die Bank hat sicher die größte Arbeitsersparnis, da bis dato die schön gebundenen Bilanzen aufgetrennt, gescannt und die Positionen eingetippt wurden. Doch letztlich geht es darum, den Prozess für alle Beteiligten besser und schneller zu machen, dazu müssen alle zusammenarbeiten.
Der Mehrwert für unsere Kanzlei liegt darin, dass wir unabhängig auf die Darlehensdaten – beispielsweise Kredittyp, Auszahlungsbetrag, Zinsbindungsende, Zinssatz, Annuität und Gesamtlaufzeit – für unsere Beratung zugreifen können.
Insgesamt ist dieses Tool ja vermutlich nur ein kleiner Bestandteil in der gesamten Digitalisierung Ihrer Kanzlei. Was war dabei für Sie in den vergangenen Jahren das Wesentlichste?
Als wir 2017 auf ASP umgestiegen sind, obwohl der Kanzleiserver, den wir 2014 angeschafft hatten, sicher noch einige Jahre gelaufen wäre - und das als Schwaben! Nein, Scherz beiseite, ich kenne Kollegen, die waren vor 15 Jahren schon wesentlich weiter als wir, sind aber inzwischen zurückgefallen, weil sie nicht immer weiter gegangen sind.
Für uns ist Digitalisierung wie Rudern gegen den Strom: Wenn du aufhörst, treibst du ab. Deshalb war für uns ein wichtiger Schritt nach der ASP-Lösung das DMS, das heute Dreh- und Angelpunkt aller Dokumente und Daten ist. Im Hinblick auf die Kommunikation und die Verbindung zu anderen Beteiligten hat uns zuletzt ein Tool sehr geholfen, das Nachrichten an das Finanzamt mit Anhängen erlaubt und dafür gesorgt hat, dass noch einmal ein erheblicher Teil der Korrespondenz rein digital laufen kann.
Gibt es noch eine Verbesserung in den Kernprozessen, von der Sie sagen würden, dass Sie besonders hilfreich war?
Die Möglichkeit, echte Automatisierung in die Buchführung zu integrieren, hat uns einen Schritt nach vorn gebracht. Dabei können standardisierte gleichbleibenden Buchungen automatisiert verbucht werden. Das ist wirklich ein Big Step, jedoch ist eine stichprobenartige Prüfung natürlich Pflicht. Hilfreich ist ebenfalls, dass die KI lernt. Freilich ist aber auch diese Lösung wieder nur ein Baustein und kann auch nicht bei jedem Mandanten zum Einsatz gebracht werden, es muss immer weiter gehen.
Wie viel Zeit nehmen Sie sich für diese Themen beziehungsweise wann beschäftigen Sie sich mit der Prozessoptimierung?
Oft auf Autofahrten, wenn ich die Strecke kenne oder auch in Gesprächen mit meiner Mutter. Da wir die Kanzlei zusammen führen, sprechen wir oft über die Abläufe, und daraus ergibt sich dann die eine oder andere Idee, was noch besser gemacht werden könnte.
Gibt es dafür immer Lösungen oder fordern Sie diese auch aktiv ein?
Sie brauchen bei diesen Themen einen Partner, der Sie weiter bringt und nicht jemanden, dem Sie noch dabei helfen müssen, seine eigenen Prozesse zu optimieren. Wir arbeiten zum Beispiel mit einem kompetenten Systemhaus zusammen. Wir tauschen uns regelmäßig auch gerade zu Themen innerhalb der Pilotierungsphase aus. Gelegentlich frage ich nach, ob es Lösungen für meine Fragestellungen gibt. Der umgekehrte Weg ist jedoch häufiger: Es gibt neue Tools, und wir überlegen, ob diese uns einen Mehrwert bieten und dabei helfen, unsere Prozesse zu verbessern. Manchmal muss man auch einfach noch ein wenig beobachten, wie im Fall der Grundsteuer.
Wie haben Sie diesen Prozess in Ihrer Kanzlei organisiert?
Nun, es war uns relativ schnell klar, dass eine Abgabe der Erklärungen innerhalb des ersten Quartal 2023 sanktionslos bleiben würde. Deshalb haben wir zwar die Programmlösung, die im Angebot war, schon mal geprüft und auch die Schnittstellen geschaffen, aber mit der eigentlichen Bearbeitung noch nicht begonnen. Die Mandanten haben wir dahingehend informiert, dass diejenigen, die die Erklärung selbst machen konnten, dies auch tun sollten.
Erst als dann die Softwarelösung ausgereift war, haben wir im Januar innerhalb weniger Wochen unsere Grundsteuererklärungen erstellt und auch zum größten Teil digital signieren lassen.
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Aufgrund dieser Erfahrung haben wir gemerkt, dass diese Vorgehensweise sehr effizient ist und Mandanten bereit sind, Dokumente digital zu signieren. Das machen wir inzwischen auch bei den Einkommensteuererklärungen - und sparen damit wieder Zwischenschritte und Zeit.
Wie vermitteln Sie Ihrem Kanzleiteam diese permanenten Veränderungen im Arbeitsablauf?
Ich sehe es als unsere Aufgabe an, die Mehrwerte deutlich zu machen. Wenn Mitarbeiter verstanden haben, dass die Veränderung auch für sie ganz persönlich einen Vorteil im Arbeitsablauf bietet, dann übernehmen sie dies. Auch hier geht es immer wieder darum, zu zeigen, dass wir das nicht machen, weil es irgendwie cool ist. Natürlich haben wir iPads, und einen großen Fernseher im Besprechungsraum, auf dem wir unseren Mandanten während der Besprechung Arbeitsergebnisse zeigen können, aber darum geht es nicht.
Sondern darum, dass wir in Zeiten fehlender Fachkräfte alles daran setzen müssen, Prozesse zu verbessern, um Freiraum für anderes zu schaffen. Damit geht uns nichts verloren – sondern wir gewinnen Zeit für qualifizierte Beratung.
Was wünschen Sie sich noch in Zukunft von Seiten der Softwareanbieter aber auch von Kommunikationspartnern wie der Finanzverwaltung oder den Sozialversicherungsträgern im Hinblick auf Digitalisierung und Automatisierung?
Im Moment hakt es sehr bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Hier würde ich mir einen automatisierten Abruf im Hintergrund wünschen. Denn viele Mandanten können mit der eAU in ihrer jetzigen Form wenig anfangen.
Zur Person:
Steuerberater Fabian Stolz führt in der Nähe von Reutlingen gemeinsam mit seiner Mutter eine Steuerberatungskanzlei und hat sich schon mehrfach als Pilotanwender für die Datev engagiert.