Nicht nur in Steuerkanzleien ist der Weggang der Unternehmensgründer mit Risiken verbunden. Wie Kanzleinachfolge und Generationenwechsel gut geregelt werden können, zeigt das Beispiel dieser Kölner Steuerkanzlei.
Was haben eine Steuerberatungskanzlei und die Sesamstraße gemeinsam? Die Antwort auf diese Frage ist knallrot, flauschig und sitzt in der Kölner Kanzlei Laufenberg Michels und Partner im ersten Stock auf dem Konferenztisch eines großen Besprechungsraumes.
Elmo, heißt das Stofftier, benannt nach einer Figur aus der Sesamstraße. Seine Aufgabe erklärt Geschäftsführer Markus Raffelsieper Besuchern mit einem Schmunzeln im Gesicht: „ELMO steht für 'enough let’s move on'. Wenn wir nach ihm greifen, weiß die Person, die redet, dass wir zum nächsten Punkt kommen wollen.“ Ein Versuch, Meetings, besonders die der neun Kanzleipartner, vor dem unendlich-in-die-Länge-Ziehen zu bewahren.
Wachsende Kanzlei mit einheitlichem Image
Vor mehr als einem Jahrzehnt hätte es Elmo wahrscheinlich nicht gebraucht. Schließlich bestand die Partnerrunde lediglich aus zwei Partnern: Michael Laufenberg und Dr. Rolf Michels. Seitdem hat sich einiges getan in der Kanzlei, die heute in einem Kölner Gewerbegebiet auf mehreren Stockwerken verteilt angesiedelt ist. Elmo ist nur einer von vielen Neuankömmlingen.
„Wir sind von zwei auf neun Partner und von 30 auf 100 Mitarbeiter angewachsen“, erzählt Birgitta Bruder, Partnerin der Kanzlei. „Weil Erfolg Strategen braucht“, steht in einem hellen Neongrün auf ihrer schwarzen Visitenkarte. Die Farben und Leitgedanken sind in den hellen Räumen der Kanzlei wie auch auf ihrer Website überall präsent. Gegenüber dem Empfang können Besucher die im selben Stil gehaltenen Porträts der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anschauen. Ein stimmiges Bild, auf das die Partnerinnen und Partner stolz sind. „Unsere Mandanten präsentieren sich schließlich auch sehr professionell“, sagt Birgitta Bruder, „deshalb haben wir uns vor einiger Zeit für ein umfassendes Branding entschieden.“
Strategisch geplante Kanzleinachfolge
Wo selbst Schriftfarben nicht dem Zufall überlassen werden, trifft man auch auf durchdachte Strategien und Herangehensweisen. Laufenberg Michels und Partner versprechen ihren Mandanten eine Rückrufgarantie innerhalb von vier Arbeitsstunden und lassen ihr eigenes Qualitätsmanagement jedes Jahr in einem Prüfverfahren ISO-zertifizieren. „Wir haben den Anspruch, unsere Abläufe extrem effizient und transparent zu strukturieren“, sagt Birgitta Bruder. Die Prozesse, die es dafür braucht, seien nach und nach entstanden, erzählt Michael Laufenberg. „Viele Dinge wurden mit der Zeit zaghaft strukturiert.“ Auch heute noch befindet sich die Kanzlei im Wandel. In absehbarer Zeit möchte sich Michael Laufenberg aus der Geschäftsführung zurückziehen. Ein Schritt, den er bereits vor mehr als einem Jahrzehnt vorbereitet hat.
„Es startete eigentlich bei einem Strategiemeeting auf einer Hütte im Schwarzwald“, erzählt der Seniorpartner. Er und sein Partner, Dr. Rolf Michels, hatten damals gerade zwei weitere Partner aufgenommen. Es sei die Idee entstanden, eine Person auszuwählen, die für die nun vier Partner die Fäden zusammenhielt. „Es ging einfach darum, dass es einen Partner geben sollte, der sich aus dem Mandatsgeschäft tendenziell zurückzieht und die Aufgaben eines Geschäftsführers übernimmt.“ Die Wahl fiel auf Michael Laufenberg. „Ich habe mich einerseits geehrt gefühlt. Andererseits bin ich Steuerberater und wollte nicht komplett aus dem Mandantengeschäft raus“, erzählt er. Ein Dilemma, mit dem viele Kanzleien, die einen Geschäftsführer aus den eigenen Reihen rekrutieren, konfrontiert sind. Michael Laufenberg versuchte, beiden Rollen so gut wie möglich gerecht zu werden. Als Steuerberater betreute er weiterhin in einem kleinen Umfang Mandaten. Als Geschäftsführer gestaltete er Partnermeetings und begann, Prozesse zu strukturieren. „Dann wurden wir immer größer und haben gemerkt, dass wir für die Geschäftsführeraufgaben zu zweit sein sollten“, erzählt er. Mit Markus Raffelsieper bekam einer der jüngeren Partner damit die Chance, die Kanzlei mitzugestalten. Der Grundstein für eine geregelte Unternehmensnachfolge wurde gelegt.
Generationenwechsel: Neuer Geschäftsführer und neue Unterstützung
Nicht nur in Steuerkanzleien ist der Weggang der Unternehmensgründer mit gewissen Risiken verbunden. Wer es als Kanzleiinhaber versäumt, die eigene Nachfolge Schritt für Schritt anzugehen, setzt im schlimmsten Fall sein oder ihr Lebenswerk aufs Spiel. Nicht zuletzt kann eine Verjüngung der Kanzleileitung auch neue Kräfte freisetzen und für frischen Wind sorgen. Wobei Michael Laufenberg Innovationsgeist nicht unbedingt als eine Frage des Alters sieht. „Wir wollten immer ganz vorne mit dabei sein“, sagt er, „das wollte ich als 30-jähriger Steuerberater und das möchte ich auch als 65-jähriger Steuerberater.“ Trotzdem sei ein Generationenwechsel erforderlich gewesen. „Es braucht diese permanente Erneuerung.“ Der Wechsel innerhalb der Geschäftsführung vom Seniorpartner zum jüngeren Partner gebe die richtigen Signale. Michael Laufenberg selbst hat sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt: „Ich hatte einerseits die Erkenntnis, dass ich mit 80 Jahren hier keine Kanzlei mehr leiten möchte und kann, außerdem habe ich natürlich noch andere Interessen. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass dieses Unternehmen sich stetig verjüngen soll. Wir können die jungen Leute nur dann in der Kanzlei halten, wenn sie sich ausbreiten können.“
Seit dem vergangenen Jahreswechsel laufen nun bei Markus Raffelsieper alle Fäden zusammen. Er ist der neue „junge“ Geschäftsführer. Michael Laufenberg unterstützt ihn allerdings weiterhin als Mitglied einer neu geschaffenen Geschäftsführerrunde, zu der ein weiterer Partner der Kanzlei zählt. „Wir sind in erster Linie natürlich trotzdem weiterhin eine Partnerschaftsgesellschaft“ betont Markus Raffelsieper, „alle Partner waren und sind gleichberechtigt.“ Er sehe sich als Brückenbauer, der gemeinsam mit der Geschäftsführerrunde Aufgaben zentralisiere und übernehme.
Kanzleistrategie: Iterative Lernprozesse
Genau wie sein Vorgänger versucht er, Herausforderungen klug anzugehen. „Das müssen nicht unbedingt immer die großen Ideen sein“, sagt er, „oft reicht einfach eine bewusste Auseinandersetzung damit, wie man mit kleinem Aufwand, Dinge besser machen kann.“ Elmo sei so eine kleine Maßnahme, die dennoch die gewünschte Wirkung erziele. Oder die Verbesserung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses: „Wir haben dafür immer Formblätter genutzt“, erzählt Raffelsieper, „doch Ausfüllen und Abgeben waren wohl zu große Hemmschwellen. Die Mitarbeiter haben nicht mitgemacht.“ Jetzt könnten die Mitarbeiter einfach eine Mail schreiben. Ist ihr Vorschlag gut, erhalten sie dafür ein Los und somit die Chance auf den Gewinn eines I-Pads „Das sind kleine Schritte, aber sie ergeben im Ganzen eben eine Strategie“, sagt Raffelsieper.
Nach demselben Prinzip, nämlich Schritt für Schritt und in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, hält auch die Digitalisierung Einzug in die Kanzlei. „In der Personalabrechnung unserer Mandanten hatten wir zum Beispiel immer große Probleme mit Einzelbelegen“, erzählt Birgitta Bruder. „Viele unserer Mandanten sind Ärzte, die die Einzelbelege per Post verschickten. Unsere Mitarbeiter waren davon genervt.“ Gemeinsam im Team sei dann die Idee zu der digitalen Personalakte entstanden. „Natürlich haben wir auch unsere Mandanten bei jedem Schritt mitgenommen“, sagt Birgitta Bruder. „Für sie ist es ein wahnsinniger Effizienzgewinn.“ Nicht nur die Personalbuchhaltungsabläufe wurden mit dieser Herangehensweise komplett digitalisiert. Die ganze Kanzlei arbeitet mit einem umfangreichen Datenmanagementsystem und einer cloudbasierten Buchhaltung. „Zuerst haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkannt, welche Effizienz- und Wissensgewinne sie durch die Digitalisierung erzielen. Dann erlebten auch die Kunden, wie ihnen die Umstellung Zeit und Ressourcen sparte und gleichzeitig neue Unternehmenskennzahlen lieferte“, sagt Birgitta Bruder. Die Kanzlei berate ihre Mandanten zunehmend in der strategischen Unternehmensentwicklung.
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Weitsicht trifft auf Einsicht
Eingebettet sind alle strategischen Maßnahmen in einer großen Unternehmensstrategie. „Dafür hatten wir uns schon vor mehr als zehn Jahren entschieden“, sagt Michael Laufenberg. „Damals haben wir das Bild der zu großen Schuhe verwendet. Das hat enorme Kräfte in unserer Organisation freigesetzt.“ Das Streben nach Wachstum war und ist bei Laufenberg Michels und Partner ein Teil der Kanzleistrategie. Auch wenn dieses Ziel hin und wieder bedeute, dass die Partnerinnen und Partner Ungewissheiten aushalten müssen. „Wenn man etwas Neues startet und es anfangs noch nicht so gut läuft, ist es sehr wichtig, das große Ganze zu sehen“, sagt der Seniorpartner.
Auch hier kommt der Kanzlei und der Partnerrunde zugute, einen Geschäftsführer zu haben, der die großen Ziele nicht aus den Augen verliert und dabei von den Partnern Rückendeckung erhält. „Natürlich sind wir uns nicht immer in allem einig, aber die großen Entscheidungen werden von allen Partnern im Konsens getroffen“, sagt Markus Raffelsieper. Außerdem verfüge jede Partnerin und jeder Partner über einen eigenen Bereich. So könne sichergestellt werden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer genau wissen, wer ihr Ansprechpartner ist. „Jeder hat seinen oder ihren eigenen Verantwortungsbereich, in dem er oder sie die Entscheidungen alleine trifft. Und das respektieren wir auch“, sagt Birgitta Bruder. Dass diese Konstellation so gut funktioniere, sei besonders allen beteiligten Personen zu verdanken. Man lasse sich gegenseitig Freiräume. „Das ist eine Frage der Persönlichkeit. Man muss auch mal zurücktreten können. Sowohl die älteren als auch die jüngeren Partner.“ Der Generationenwechsel sei ein Paradebeispiel für diese gelebte Führungskultur.
„Ich bin sehr zufrieden, wie das bei uns läuft“, sagt auch Seniorpartner Michael Laufenberg. Wenn er sich irgendwann komplett aus der Geschäftsführerrunde zurückziehen werde, könnten er und sein Partner Dr. Rolf Michels sicher sein, dass ihr Lebenswerk in guten Händen ist. „Wobei das ja schon fast anmaßend ist, von meinem Lebenswerk zu sprechen“, fügt er hinzu. „Es ist mein Lebenswerk, aber eben auch das Lebenswerk aller anderen Menschen, die hier arbeiten.“