Offene Türen und geteilte Werte als Basis der Kanzleiorganisation
Ein großer Raum. Von modernen Holzelementen und halbhohen, bepflanzten Regalen unterteilt. Die Arbeitsstätte der Monschein Steuerberatung versprüht weniger das Ambiente eines klassischen Großraumbüros als das eines Startups oder eines Unternehmens, das nach Grundsätzen von „New Work“ arbeitet. Fast alle Mitarbeiter:innen sitzen in diesem Raum, unabhängig von ihrer Rolle oder Position im Unternehmen. Die Wege sind kurz.
Alle an einem Tisch: Steuerkanzlei auf Augenhöhe?
In seiner Kanzlei lege man Wert auf ein freundliches, offenes und produktives Miteinander, erzählt CEO Jonas Monschein. Es werde viel gelacht und es werden Späße gemacht, was jedoch nicht davon abhalte, im nächsten Moment konzentriert an der Arbeit zu sitzen. Wer telefonieren muss, tut das leise an seinem Platz, um die anderen nicht zu stören. Wer eine Frage hat, geht kurzerhand zum Schreibtisch der jeweiligen Kolleg:in und spricht sie an, sofern es gerade passt. Kein Anklopfen, kein Bitten um Eintritt. Keine räumliche Barriere, heißt es. Steuerberater:innen sitzen mit Steuerfachangestellten, Steuerassistent:innen und Auszubildenden an einer Tischgruppe.
Ist das Arbeit auf Augenhöhe? Die Barrieren möglichst klein halten, keinen Unterschied zwischen einzelnen Rollen machen: Darum sei Monschein in seiner Kanzlei bemüht. Hierarchien gebe es laut dem CEO quasi nicht, sie ergebe auch keinen Sinn. Die, die es gibt, sollen möglichst flach gehalten werden. Allerdings verfestigen sich Hierarchien nicht nur in der räumlichen Trennung, der Status im Unternehmen hängt auch vom Job, vom Einkommen oder von formalen wie informellen Beziehungen ab.
Monschein vergleicht das mit dem Fußball: „In einem Team hat jeder eine Rolle. Es gibt das Mittelfeld, das die Tore vorbereitet. Die Stürmer, die die Tore schießen. Und es gibt Verteidiger und Torhüter, die dafür zuständig sind, dass hinten keine Fehler passieren.“ In einem solchen Team spiele jede:r eine Rolle, ohne die das Gesamtteam nicht funktionieren würde. Und doch ist es Sache des Chefs Jonas Monschein, „jedem im Team die passende Rolle zuzuweisen“. Damit das gelingt, sei es wichtig, „dass man sich gegenseitig kennt. Dass man weiß, was die Stärken und Schwächen des anderen sind und dass man sich auf der Basis dann gegenseitig unterstützen kann.“
Teamplay, Ehrlichkeit, persönliches Wachstum: Werte als Schlüssel zum Erfolg
Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg sieht Monschein in den gemeinsamen Werten seines Teams. Nur wenn sich alle Mitarbeiter:innen damit identifizieren können und diese teilen, funktioniere die Zusammenarbeit. Und das spielt bei der Monschein Steuerberatung bereits im Auswahlprozess eine wichtige Rolle: Im ersten Gespräch prüfen Jonas Monschein und seine (Geschäfts)Partnerin Sophie Herrmann die Motivation potenzieller neuer Mitarbeiter:innen. Das sei wichtig, „weil die Person am Ende auch zu den Werten und zum Team passen muss.“
Eine Bedeutung haben diese Werte nicht nur für Mitarbeiter:innen, sondern auch für Mandant:innen, denn auch diese zählt die Monschein Steuerberatung zum Gesamtteams. „Am Ende sind wir alle ein Kreis, in dem jeder von jedem profitiert, wenn es passt“, erklärt Monschein. Eine Haltung, die nach innen wie nach außen gelebt werden müsse, damit sich die Arbeitsweise und das Teamklima aufrechterhalten lassen. „Wenn man nur darüber spricht, ohne es zu leben, kann das nicht funktionieren“, meint der CEO. Das gelte für das Arbeiten auf Augenhöhe gleichermaßen wie für die gegenseitige Unterstützung. Wer hat diese Werte festgelegt?
Teamplay, Zuverlässigkeit, Gemeinschaft, Ehrlichkeit und persönliches Wachstum: Die vereinbarten Werte seien nicht vom Chef selbst vorgegeben, sondern wurden gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen in einem langen Prozess erarbeitet. Indem die Werte aus dem Team kommen, könne sichergestellt werden, dass sie die Punkte adressieren, die dem Team wirklich wichtig sind.
Ob es nun passt oder nicht, dafür bekommt Monschein in Bewerbungsgesprächen schnell ein Gefühl. Das funktioniere, weil alle in der Kanzlei die Werte verinnerlicht haben und bereit seien, danach zu leben. Personalentscheidungen seien deshalb auch keine reine „Chefsache“. Bewerbungsgespräche führt der CEO zusammen mit Sophie Herrmann. Im Anschluss gibt es einen Probetag in der Kanzlei, an dem das gesamte Team einen Eindruck gewinnt. Erst dann gibt es eine Entscheidung.
Vetorecht und Klartext: Offene Kommunikation in der Kanzlei
Aber was passiert, wenn das Team sein Veto einlegt, obwohl Monschein und Herrmann von einem Menschen überzeugt sind? „Das kam kürzlich vor. Die Person haben wir dann nicht eingestellt. Ganz einfach deshalb, weil das nicht geht, wenn das Team nicht hundertprozentig dahinter steht“, betont Monschein. Das sei nämlich schlecht für das Teamgefüge, das in der Steuerberatung so wichtig sei.
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Schön formulierte Werte auf einer Hochglanztapete im Eingangsbereich einer Kanzlei, die keinerlei Bedeutung im Arbeitsalltag haben, sind so effektiv wie ein Segelboot bei absoluter Windstille. Auch hier versuchte Jonas Monschein in der Vergangenheit mit gutem Beispiel voranzugehen. Einst teilte ihm eine Mitarbeiterin mit, dass sie bei der Arbeit zunehmend unzufrieden ist. Er setzte sich mit der Mitarbeiterin zusammen, um die Hintergründe ihrer Unzufriedenheit zu verstehen. Als Spannungen deutlich wurden, die die gesamte Kanzlei betreffen, zog Monschein die Reißleine: Er sagt alle Termine ab, brachte alle Mitarbeiter:innen zusammen und fragte sie einzeln, was sie im Kanzleialltag stört.
Und so hörte sich Monschein mit Interesse an, was seine Mitarbeiter:innen zu sagen hatten. Er habe sogar Angriffe auf ihn als Führungskraft zugelassen, alles, ohne ein Urteil zu sprechen, zum Gegenangriff auszuholen oder sich zu rechtfertigen, meint er. Um in der Fußballmetapher zu bleibe: Er sei als Inhaber eben derjenige, „der gelegentlich mal alle zusammentrommeln und dann auch mal die Blutgrätsche auspacken muss“. Auch, wenn diese ihn selbst trifft.
Die angesprochenen Punkte habe Monschein aufgeschrieben und mitgenommen. Er habe darüber nachgedacht, was er verändern kann, damit sich Mitarbeiter:innen wohlfühlen und produktiv arbeiten können. Er habe sogar an Ansätzen getüftelt, die es im Team braucht, damit das Klima so wird und bleibt, wie es beim ersten Betreten der Kanzlei wirkt.
Ein neues Modell für die Steuerbranche?
Die Steuerberatung kann von ihrem verstaubten Image wegkommen, kann sein wie ein Startup, in dem sich Jung und Alt tummeln. Oder wie ein agiles Unternehmen, in dem man offen kommuniziert und voneinander lernt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt für Jonas Monschein darin, wie die Kanzlei sich selbst versteht und wie sie dieses Verständnis lebt. Wenngleich sich das Modell sicher nicht für alle Steuerkanzleien umsetzen lässt, so bietet es Ansätze, über die es sich nachzudenken lohnt.
Im großen Raum – der allen „unabhängig von ihrer Rolle oder Position im Unternehmen“ Platz bietet – gibt es nur wenige Türen. Und doch gibt es eine. Sie führt zum Büro des Chefs, einem gläsernen Aquarium mitten in dem großen Raum. Die Türe zu seinem Büro bräuchte es an sich nicht, verrät Monschein: „Sie steht eigentlich immer offen.“ Das sei ihm genauso wichtig wie allen anderen Mitarbeitenden der Kanzlei.
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