So arbeiten Syndikussteuerberater

Die aktuelle Berufsstatistik der Bundessteuerberaterkammer weist erneut ein Wachstum bei den Syndikussteuerberatern auf. Dieser Trend der vergangenen Jahre geht teilweise auf Nachholeffekte zurück – aber nicht nur. Prof. Dr. Uwe Schramm gibt als Präsidialmitglied der Bundessteuerberaterkammer und Präsident der Steuerberaterkammer Stuttgart eine Einordnung.

Herr Prof. Dr. Schramm, die Gruppe der Syndikussteuerberatenden wächst seit Jahren – woran liegt das?

Prof. Dr. Uwe Schramm: Die Bundessteuerberaterkammer hat den Syndikussteuerberater im Jahr 2008 aufgenommen, um dem Wunsch aus der Praxis nachzukommen.

Heute haben wir über 8.100 angestellte Syndikusberaterinnen und -berater, was etwa acht Prozent aller Mitglieder der Steuerberaterkammern ausmacht. Die Wachstumsraten in den vergangenen Jahren waren zum Teil erheblich, bis zu 20 Prozent eines Jahrgangs strebten in diese Richtung. Dabei handelte es sich aber um einen Nachholeffekt, der inzwischen abflaut, wie wir aus der Statistik aber auch bei jeder Neubestelltenfeier ersehen können. Übermorgen habe ich bspw. wieder eine große Bestellfeier mit rund 140 Absolventinnen und Absolventen und davon werden vielleicht zwei in großen Unternehmen tätig sein, der große Rest in Kanzleien.

Worin besteht für Sie die besondere Attraktivität der Berufsausübung als Syndikus?

Als Syndikusberaterin oder -berater sind Sie in der Regel für ein klar begrenztes Steuerrechtsgebiet zuständig, eine Kollegin aus Stuttgart hier macht zum Beispiel nur Verrechnungspreise und die korrekte Dokumentation derselben. Es kann durchaus Beraterinnen und Berater geben, die sagen: 'Jawohl, ich möchte fortan nur noch für die Umsatzsteuer bei dem Unternehmen Xyz zuständig sein.'

Wobei ich sagen muss, dass dies für viele umgekehrt auch abschreckend wirkt: So würde für mich persönlich eine Tätigkeit als Syndikussteuerberater nicht in Frage kommen. Dafür schätze ich zu sehr den Kontakt zu unterschiedlichsten Mandanten, der oft weit über steuerliche Fragen hinausgeht, zum Beispiel wenn wir für einen Handwerksbetrieb in der siebten Generation überlegen, wie es mit der Nachfolge weitergehen kann. Ich bin einfach gern mein eigener Chef.

Uwe Schramm

Auch im Unternehmen gibt es ja Beziehungen zu den internen Kunden, aber wo liegen denn darüber hinaus die wesentlichen Unterschiede zur Tätigkeit innerhalb einer Kanzlei?

Man bekommt ein tiefes Wissen in einem speziellen Bereich, hat aber eben auch weniger Vielfalt und Abwechslung. Von Kollegen in Unternehmen weiß ich, dass viel mehr Lohnsteuer gemacht wird, als man vermuten würde, und zwar im Hinblick auf Veranstaltungen, Bewirtung und so weiter. Auch das Thema Life-Balance kann eine Rolle spielen, wobei ich sagen muss, auch das ist zweischneidig. So haben wir gerade eine Umfrage gemacht, wo Berufseinsteigerinnen und -einsteiger danach gefragt wurden, ob Selbstständigkeit für sie eine Option ist. Spannend ist jeweils der wichtigste Grund für ein Ja oder Nein: Es war in beiden Fällen die Life-Balance. In eigener Kanzlei kann man diese Aspekte besser gestalten.


Tendenziell streben eher Jüngere die Tätigkeit im Unternehmen an, oftmals direkt nach dem Examen, um dort erste Erfahrungen zu machen.


Welche Gruppen von Beratenden wechseln Ihrer Beobachtung nach häufig in die Industrie – erfahrene oder eher jüngere?

Tatsächlich kenne ich keinen Fall, bei dem ein Kollege nach Aufgabe seiner Kanzlei gesagt hätte: 'Ich lasse das halt noch ein paar Jahre in der Wirtschaft auslaufen.' Das ist aber nur eine persönliche Erfahrung, statistisch ist das nicht erfasst. Tendenziell streben eher Jüngere die Tätigkeit im Unternehmen an, oftmals direkt nach dem Examen, um dort erste Erfahrungen zu machen. So haben sie die Möglichkeit, ihre Berufstätigkeit im Angestelltenverhältnis zu beginnen. Viele planen dann aber parallel den Schritt in die Selbstständigkeit.

Spielt auch das Image der Steuerberatung für die besondere Attraktivität der Wirtschaft eine Rolle?

Das würde ich eher nicht vermuten. Denn wer das Steuerberaterexamen erfolgreich absolviert hat, ist in der Regel stolz darauf, da bedarf es nicht unbedingt großer Namen im Lebenslauf.

Anders ausgedrückt: Meiner Einschätzung nach ist es für Steuerberaterinnen und Steuerberater weniger wichtig, bei wem sie arbeiten als dass sie selbst diesen hart erworbenen Titel haben.

Halten Sie Berufserfahrung, die innerhalb einer Kanzlei vorab erworben wurde, für sinnvoll, unverzichtbar oder lässlich?

Tatsächlich ist die Voraussetzung für das Examen ja schon mehrere Jahre Berufserfahrung, die im Regelfall in einer Kanzlei abgeleistet wurden. Insofern kommt man eher nicht unvorbereitet oder ohne Praxiswissen in die Industrie.


Ich denke, dass wir langfristig schon acht oder zehn Prozent der Berufsangehörigen in diesem Segment haben werden. Das finde ich aber nicht schlimm, sie sind ja nicht verloren.


Inwieweit sind Synikussteuerberatende mit Syndikusrechtsanwälten vergleichbar?

Rechtsanwältinnen und -anwälte haben ein weitaus breiteres inhaltliches Spektrum als Steuerberatende. Insofern sind auch die Tätigkeitsfelder, innerhalb derer sie in einem Unternehmen tätig sein können, deutlich vielfältiger. Das Steuerrecht ist klarer umrissen und bietet im Vergleich eher spezifischere Beratungsthemen an.

Welche Zukunftsentwicklung sehen Sie beim Thema ‚Syndikus‘ – werden es künftig noch mehr?

Ich denke, dass wir langfristig schon acht oder zehn Prozent der Berufsangehörigen in diesem Segment haben werden. Das finde ich aber nicht schlimm, sie sind ja nicht verloren. Denn tatsächlich brauchen wir sie, um den Nachwuchs auszubilden – auch in der Wirtschaft. Ihre Erfahrungen sind wertvoll und gewinnbringend für andere, genau wie bei denjenigen, die in Kanzleien tätig sind. Außerdem möchte ich nicht ausschließen, dass etliche auch zum Beispiel von der Industrie wieder in die Selbstständigkeit streben. Denn die direkte, persönliche Beratung der Mandantschaft oft über viele Jahre hinweg, tritt im Falle der Syndikus-Steuerberater eher in den Hintergrund. Das vermissen dann viele. Ebenso die weitestgehend freie Zeiteinteilung. Unser Beruf bietet viele Optionen.

Wesentlich ist am Ende vor allem, dass wir viele junge Kolleginnen und Kollegen brauchen, die Kanzleien übernehmen, die einen Nachfolger suchen. Denn dieser Markt wird mit Aufhören der älteren Kollegen ja nicht einfach verschwinden; ich glaube an die Zukunft des Berufsstands, denn KI wird uns nicht hinwegraffen, sondern unterstützen. In dieser Gemengelage bin ich froh, wenn es uns gelingt, den Beruf für junge Menschen attraktiv zu halten. Egal ob als selbstständiger Steuerberater in eigener Kanzlei, oder als Syndikus: Steuerberatung ist ein schöner Beruf. 


Person

Prof. Dr. Uwe Schramm ist Präsidialmitglied der Bundessteuerberaterkammer und Präsident der Steuerberaterkammer Stuttgart. Er ist Mitgesellschafter einer überörtlichen Berufsausübungsgesellschaft, die an zwei Standorten mit 35 Mitarbeitenden tätig ist. Daneben ist Prof. Schramm Studiengangsleiter an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Referent in der Aus- und Weiterbildung.


Hintergrund

Am 1. Januar 2024 zählten die Steuerberaterkammern laut Berfusstatistik in Deutschland 105.896 Mitglieder. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Berufsstand somit um 1,5 Prozent gewachsen. Das entspricht 1.575 neuen Mitgliedern. Die Quote der selbstständigen Steuerberaterinnen und Steuerberater ist weiterhin leicht rückläufig und liegt somit bei 67,0 %. Im Gegensatz dazu steigt die Quote der angestellten Berufsangehörigen mit 33,0 Prozent leicht an; damit sind 61.418 selbstständig und 30.267 als Angestellte tätig. Die Gruppe der Syndikussteuerberaterinnen und -berater verzeichnete ein Wachstum um 3,3 Prozent.




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