rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung von Räumen in einem Aussiedlerwohnheim. Umsatzsteuer 1992

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidend für die Frage, ob eine „kurzfristige” Überlassung von Räumen vorliegt, ist die Absicht des Vermieters, den Wohnraum für ca. sechs Monate zu überlassen. Für die Feststellung dieser Absicht sind die objektiv erkennbaren Gesamtumstände maßgeblich. Insoweit muss bei der Vermietung von Räumen in einem Aussiedlerwohnheim auch berücksichtigt werden, dass die Nutzung von vornherein als kurzzeitige Übergangslösung gedacht ist, was sich daran zeigt, dass mit der Dauer der Nutzung die Entgelte steigen. Auch ist erheblich, dass sich das Entgelt nicht nach der Wohnungsgröße, sondern nach der Anzahl der Nutzer richtet und die Nebenkosten pauschal mit einschließt.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12a

 

Tenor

Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen werden teilweise aufgehoben. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge von 75.228 DM neu zu berechnen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Jahr 1992 gegründet (Dok, Bl. 6 ff.). Gründungsgesellschafter waren die Gemeinde X sowie die Y.-GmbH – Y –. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist „die Bewirtschaftung bestehender Baulichkeiten und Flächen sowie die Erbringung von Dienstleistungen für Dritte im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Objekten durch diese”.

Die Klägerin errichtete in den Jahren 1992/93 in X ein Mehrfamilienhaus. Der Bau des Hauses wurde seitens des Saarlandes mit einem Betrag von 625.893 DM bezuschusst, wobei eine Zweckbindung erfolgte. Nach dieser musste der geförderte Wohnraum für mindestens sieben Jahre einkommensschwachen Mietern überlassen werden (Rbh, Bl. 11). Ursprünglich hatte die Gemeine X den entsprechenden Bewilligungsbescheid erhalten (Rbh, Bl. 10). Die acht Wohnungen in diesem Haus vermietete die Klägerin ab Fertigstellung an deutschstämmige Aussiedler. Die (mündlichen) Mietverträge wurden jeweils zwischen der Klägerin und den Aussiedlern geschlossen, wobei die Gemeinde selbst kein Zuweisungsrecht hatte. Die Verträge beinhalteten auch die Umsatzsteuer. Die Miete wurde an die Klägerin gezahlt. Die Berechnung der Miethöhe folgte den Vorgaben der Saarländischen Spätaussiedlerverordnung (SSAAV). Das Entgelt berechnet sich je Person und Kalendertag.

Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte davon aus, dass die Wohnraumüberlassung als steuerfrei zu behandeln sei. Es handele sich nicht um eine kurzfristige Überlassung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG). Dementsprechend sei die mit den Vermietungsumsätzen im Zusammenhang stehende Vorsteuer nicht abzugsfähig.

Gegen die entsprechenden Änderungsbescheide vom 30. Januar 1997 legte die Klägerin am 3. März 1997 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 1999 als unbegründet zurückwies (Bl. 10).

Am 17. März 1999 erhob die Klägerin Klage (Bl. 1), die die Jahre 1992 und 1993 umfasste. Das Verfahren betreffend 1993 ruht aufgrund des Beschlusses vom 1. Juni 1999 (Bl. 52).

Die Klägerin beantragt (sinngemäß, Bl. 29),

den Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 30. Januar 1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 1999 insoweit abzuändern, als die Vermietung der Wohnungen im Hause „Auf der Gass 47” als steuerpflichtig zu behandeln und dementsprechend ein Vorsteuerabzug von 75.228 DM zu gewähren ist.

Die Klägerin macht geltend, entsprechende Leistungsbeziehungen bestünden allein zwischen ihr und den jeweiligen Nutzern der Wohnungen. Die Absicht der kurzfristigen Vermietung sei u. a. aus dem Umstand ableitbar, dass die Mietverträge nur mündlich und ohne nähere Zeitangaben abgeschlossen worden seien. Für die Absicht der kurzfristigen Vermietung spreche die tägliche Kündigungsmöglichkeit wie auch die provisorische Art und Weise der Unterbringung. Auch würden verweildauerbezogene Nutzungsgebühren berechnet. Mit fortschreitender Verweildauer würden die Entgelte um bis zu 50 % ansteigen.

Die Einschaltung der Klägerin sei im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich (Bl. 58), da die Klägerin neben der Vermietung des streitigen Objektes diverse andere Aktivitäten entfalte.

Der Beklagte beantragt (Bl. 49),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die faktische Einflussmöglichkeit der Gemeinde Marpingen werfe die Frage auf, zwischen wem entsprechende Leistungsbeziehungen bestanden hätten. Zwar könnten Hoheitsträger öffentliche Aufgaben auf private Unternehmer übertragen. Doch erbringe dieser seine Leistung –trotz direkten Erhalts eines entsprechenden Entgelts von einem Dritten– gegenüber dem Hoheitsträger.

Aber selbst bei Annahme eines Leistungsverhältnisses im Verhältnis der Klägerin zu den...

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