Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei dem Personenzusammenschluss muss es sich um einen selbstständigen, d. h. von seinen Mitgliedern verschiedenen Unternehmer handeln. Nicht erfasst werden daher reine Innengesellschaften, die nach außen nicht selbst als Unternehmer auftreten. Auch reine Aufwandpools, bei der lediglich mehrere Personen gemeinsam den Aufwand tragen, scheiden mangels eigener Unternehmereigenschaft aus (vgl. Gehm, StBp 2020, 291).
Rz. 10
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Personenzusammenschluss setzt den Zusammenschluss von mindestens zwei Mitgliedern voraus, die Unternehmer, aber auch Nichtunternehmer sein können. Auf die Rechtsform der Mitglieder kommt es nicht an. Der Zusammenschluss kann in einer Personengesellschaft oder in Form einer juristischen Person erfolgen (vgl. BFH vom 23.09.2020, Az: XI R 35/18, DStR 2021, 663). Eine "Ein-Mann-GmbH" ist aber kein Personenzusammenschluss. Auch Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaften nach dem WEG, am Rechtsverkehr teilnehmende Bruchteilsgemeinschaften kommen als steuerbefreiter Personenzusammenschluss in Betracht, nicht jedoch Stiftungen und auch die bloße Vereinbarung zur Kostenteilung (sog. Aufwandpool) reicht nicht aus (vgl. BMF vom 19.07.2022, BStBl I 2022, 1208).
Rz. 11
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerbefreiung für Kostenteilungsgemeinschaften soll aber nach Auffassung des EuGH keine Anwendung finden, wenn nicht alle Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe/Organschaft auch Mitglieder des betreffenden selbstständigen Personenzusammenschlusses sind (EuGH vom 18.11.2020, Rs. C-77/19, Kaplan International Colleges UK, UR 2021, 15 m. Anm. Kirchinger). Eine Steuerfreiheit für die Leistungen des Zusammenschlusses soll nur in Betracht kommen, wenn sowohl Organträger als auch Organgesellschaft, Mitglieder des Zusammenschlusses sind. Der EuGH befürchtete, dass es anderenfalls zu einer als unangemessen angesehenen Erweiterung der Steuerfreiheit kommt, wenn nicht alle Mitglieder der Personengruppe auch Mitglieder des Zusammenschlusses sind. Vor dem Hintergrund, dass die Steuerfreiheit nur in Betracht kommt, wenn und soweit sie für die angegebenen begünstigte unmittelbaren Zwecke der Mitglieder verwendet wird (vgl. Rz. 6 und Rz. 20), vermag diese restriktive Auffassung des EuGH allerdings nicht zu überzeugen (kritisch auch Wäger, UR 2021, 41 (54)).
Rz. 12
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Während Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL die Inlandsansässigkeit des Personenzusammenschlusses nicht explizit erfordert, wird dies in § 4 Nr. 29 UStG ausdrücklich verlangt (vgl. hierzu BT-Drucks. 19/13436, 152 und Hölzer in R/D, UStG, § 4 Nr. 29, Rn. 104 ff. mit Verweis auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott). Der EuGH hat die Frage offengelassen.
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts können Mitglieder eines Personenzusammenschlusses sein. § 4 Nr. 29 UStG findet daher auch Anwendung, wenn sich mehrere Gemeinden i. R. d. interkommunalen Zusammenarbeit zusammenschließen. In Betracht kommen auch Zusammenschlüsse von Hochschulen, Universitätskliniken oder Kooperationen von Sozialversicherungsträgern (vgl. Gehm, StBp 2020, 291).
Ob die Zusammenarbeit auf zivilrechtlicher Grundlage oder im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Zweckverbänden erfolgt, ist insofern irrelevant. Als begünstigte Personenzusammenschlüsse sind hier insbesondere denkbar (vgl. BMF vom 19.07.2022, BStBl I 2022, 1208):
- Zweckverbände,
- Anstalten des öffentlichen Rechts mit deren Nutzern,
- gemeinsame Kommunalunternehmen oder
- Arbeitsgemeinschaften im Bereich des Sozialrechts.
Zur Thematik und Relevanz der Personenzusammenschlüsse für die öffentliche Hand vgl. auch Brill, UR 2019, 81; Göbel/Westermann, MwStR 2023, 11; Englisch, UR 2021, 381; Tomerius, UR 2021, 573.