Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch die Grunderwerbsteuer soll der Erwerb der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über inländische Grundstücke besteuert werden. Welche Umsätze unter das GrEStG fallen, regelt § 1 GrEStG. Dabei spielt es keine Rolle, ob tatsächlich GrESt anfällt. Diese Umsätze sind, wenn sie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar sind, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Besteuerung ein und desselben Vorgangs mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer sollte demzufolge nicht vorkommen. Ausnahme bilden die sog. Bauherrenmodelle.
Rz. 32
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Grunderwerbsteuer besteuert Vorgänge, die einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks begründen, also das obligatorische Geschäft, das zur Übereignung verpflichtet (Kaufvertrag). Die Umsatzsteuer besteuert grundsätzlich die ausgeführte einzelne Leistung (BFH vom 30.10.1986, Az: V B 44/86, BStBl II 1987, 145). Diese wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung (Lieferung oder sonstige Leistung), den Gegenstand, auf den die Ausführung gerichtet ist (z. B. Lieferung eines erschlossenen unbebauten Grundstücks), durch die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit (i. S. einer Entgeltserwartung), nicht aber durch den Umfang einer Bemessungsgrundlage. Damit unterscheidet sich der Steuergegenstand der Grunderwerbsteuer grundsätzlich von dem der Umsatzsteuer.
Rz. 33
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Steuerfrei ist ein Umsatz (Lieferung eines Grundstücks) nach dem GrEStG, wenn das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft nach § 1 GrEStG steuerbar ist. Der Steuertatbestand des GrEStG ist also an den schuldrechtlichen Vertrag gebunden.
Rz. 34
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Völlig losgelöst vom Anknüpfungspunkt im GrEStG entsteht die Umsatzsteuer erst mit dem Erfüllungsgeschäft (Verschaffung der Verfügungsmacht) und nicht bereits im Zeitpunkt der Verpflichtung.
Rz. 35
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei der Beurteilung, ob ein Umsatz unter das GrEStG fällt, sind Verpflichtungsgeschäft und Erfüllungsgeschäft zusammen zu betrachten. So ist beim Kauf oder einem ähnlichen Rechtsgeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG für die umsatzsteuerliche Beurteilung nicht der Vertragswortlaut, sondern der Inhalt des schuldrechtlichen Vertrages entscheidend.
Rz. 36
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Beinhaltet der schuldrechtliche Vertrag den Erwerb des Grundstücks mit Gebäude, so unterliegt er in vollem Umfang der GrESt. Das nachfolgende Erfüllungsgeschäft (Auflassung und Eintragung) ist von der Umsatzbesteuerung befreit. Anzahlungen im Hinblick auf die spätere Erfüllung fallen ebenfalls unter den Befreiungstatbestand der Umsatzsteuer.
Rz. 37
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG sind nur Lieferungen, Leistungen und die unentgeltliche Wertabgabe in Bezug auf inländische Grundstücke von der Umsatzsteuer befreit. Eine steuerbare Grundstückslieferung liegt jedoch nur dann vor, wenn sie dem Unternehmen zugeordnet wird. Der Unternehmer hat nach dem EuGH-Urteil vom 04.10.1995 bei gemischt genutzten Grundstücken ein Wahlrecht, ob er die entsprechend genutzten Grundstücksteile entweder seinem Unternehmen oder seinem privaten Bereich zuordnet.
Rz. 38
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei späterer Veräußerung des Grundstücks unterliegt nur der Grundstücksteil der Besteuerung, der dem Unternehmen zugeordnet wurde. Nur darauf bezieht sich die Steuerbefreiung (Rs. C-291/92, Ambrecht, BStBl II 1996, 390).
Ein Vorsteuerabzug ist nur möglich, wenn das Grundstück für Zwecke des Unternehmens genutzt wird. Für teilunternehmerisch genutzte Grundstücke ist nach § 15 Abs. 1b UStG der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit die Verwendung des Grundstücks für Zwecke außerhalb des Unternehmens erfolgt.
Daher unterliegt die Verwendung dieses Grundstücks für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder die für den privaten Bedarf des Personals genutzt werden, nicht der unentgeltlichen Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Entsprechendes gilt bei Gebäuden auf fremden Grund und Boden und bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten. Die Aufteilung der Vorsteuern hat nach den allgemeinen Grundsätzen des § 15 Abs. 4 UStG zu erfolgen. Bei Änderung der Verwendung des Grundstückes ist § 15a UStG zu beachten, vgl. BMF vom 22.06.2011 – IV D 2 S 7303-b/10001:001.
Rz. 39
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter das GrEStG fallen v. a. die Umsätze von unbebauten und bebauten Grundstücken. Hier kommt es für die Beurteilung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG darauf an, wer die Leistungen erbringt und ob die Leistungen i. Z. m. der Lieferung der entsprechenden Grundstücke erbracht werden.
Rz. 40
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Entnahme eines bebauten oder unbebauten Grundstücks aus dem Unternehmen kann nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sein, sofern die Entnahme nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 und 2 UStG steuerbar ist, vgl. BMF vom 22.09.2008 – IV B 8 – S 7109/07/1002.
Rz. 41
Stand: 6. A. – ET: 07/20...