Rz. 45
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Energieerzeugung beispielsweise durch Wind, Sonne oder Wasserkraft stellt grundsätzlich keine planmäßige Nutzung des Bodens und dessen natürlicher Kräfte dar. Aus diesem Grund gelten diese Betätigungen nicht als Land- und Forstwirtschaft. Es ist auch kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb anzunehmen, weil keine Be- oder Verarbeitung von Rohstoffen vorgenommen wird. Sofern derartige Anlagen Energie (z. B. Strom, Wärme) in das Netz einspeisen, stellen sie regelbesteuernde gewerbliche Betriebe neben dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dar, wenn die Selbstnutzung im eigenen Betrieb nicht überwiegt.
Rz. 46
Stand: 6. A. – ET: 01/2024Für die Beurteilung der Biomasseerzeugung durch einen Landwirt sind drei Fallgestaltungen zu unterscheiden (OFD Karlsruhe vom 15.08.2018, USt-Kartei S 7410 Karte 5):
- Wird die i. R. einer Biogasanlage erzeugte Biomasse zur Erzeugung von Strom und Wärme verwendet, die insgesamt im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb genutzt werden, stellt die Biogasanlage einen Bestandteil des pauschalierenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dar. Ein Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Biogasanlage sowie aus ihren laufenden Kosten ist dann gemäß § 24 Abs. 1 S. 4 UStG nicht zulässig.
Erfolgt die Biogas- und Energieerzeugung durch einen pauschalierenden Landwirt i. R. eines Mischbetriebs, sind die im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb erzeugte Biomasse oder die durch die Erzeugung von Pflanzen und Tieren anfallenden Abfallstoffe (z. B. Gülle) landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Verarbeitung der Biomasse zu Biogas stellt jedoch keine landwirtschaftliche Verarbeitungstätigkeit dar, da das Erzeugnis "Biogas" aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers kein landwirtschaftliches Erzeugnis ist. Aus diesem Grund unterliegen auch die Umsätze aus der Abgabe von Biogas oder dem daraus erzeugten Strom bzw. der Wärme nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG.
Wird die erzeugte Energie teilweise im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet, muss die Vorsteuer sowohl aus der Anschaffung als auch aus den Kosten des laufenden Betriebs nach den Grundsätzen des § 15 Abs. 4 UStG im Verhältnis der Strom und Wärmemengen aufgeteilt werden (Abschn. 24.7. Abs. 2 UStAE). Sofern sich die Nutzungsverhältnisse ändern oder stark schwanken, kann eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG in Betracht kommen.
- Die Biogas- und Energieerzeugung stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar, wenn der Landwirt nahezu seine gesamte Ernte als Biomasse in einer Biogasanlage verwendet. In Fällen dieser Art liegt kein landwirtschaftlicher Betrieb mehr vor, sodass die Regelbesteuerung Anwendung findet.
Liefert ein Landwirt nur die in Biomasse enthaltenen Kohlewasserstoffverbindungen zur energetischen Nutzung (sog. Gehaltslieferung gem. § 3 Abs. 5 UStG) und verbleibt die Biomasse als solche im Eigentum des Lieferers, erfüllt die Rückgabe der verbleibenden Pflanzenreste an den Landwirt mangels einer Zuwendung nicht die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (BFH vom 10.08.2017, V R 3/16, BStBl II 2017, 1264).