Dipl.-Finanzwirt (FH) Josef Heß
Rz. 12
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer im Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung bleiben auch maßgebend, wenn der Unternehmer von der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten zur Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten wechselt. Beim Wechsel der Art der Steuerberechnung dürfen Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben (§ 20 Abs. 1 S. 3 UStG).
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Auch ein Wechsel von der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (§ 16 UStG) ist bis zur formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig, und zwar auch rückwirkend (BFH vom 10.12.2008, Az: XI R 1/08, BStBl II 2009, 1026).
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da es sich bei der Gestattung der Istbesteuerung um einen begünstigenden – sonstigen – Verwaltungsakt handelt und die Sollbesteuerung der gesetzliche Regelfall ist, steht es dem Unternehmer grundsätzlich frei, von der Gestattung keinen Gebrauch zu machen und ohne weiteres zur Sollbesteuerung zurückzukehren. Dafür ist weder ein Antrag des Steuerpflichtigen noch eine Erlaubnis des FA erforderlich (BFH vom 10.12.2008, Az: XI R 1/08, BStBl II 2009, 1026, m. w. N.). Die Rückkehr zur Sollbesteuerung kann auch konkludent erfolgen, so z. B. durch Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung, in der die Versteuerung nach vereinbarten Entgelten erfolgt.
Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Wechsel der Besteuerungsart stellt keinen Eingriff in den gesetzlichen Umsatzsteuertatbestand dar. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG (i. V. m. § 38 AO) entsteht die Steuer bei der Berechnung nach vereinnahmten Entgelten zwar mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Ein Wechsel bedeutet aber gleichwohl keinen Eingriff in den Besteuerungssachverhalt, weil er nicht zur Folge hat, dass dadurch das Vorliegen einer i. S. v. § 1 Abs. 1 UStG steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferung oder sonstigen Leistung entfallen würde. Ob ein Umsatz überhaupt steuerpflichtig ist und welcher Steuersatz zur Anwendung kommt, richtet sich vielmehr nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Leistung und ist daher unabhängig vom Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung (vgl. Geist in Rau/Dürrwächter, UStG § 20 Rn. 55).
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Zeitpunkt, bis zu dem nach einer Option zur Istbesteuerung rückwirkend auf diese verzichtet werden kann, ist ebenso wenig geregelt wie der Zeitpunkt für eine Gestattung der Istbesteuerung. Für Letztere ist jedoch allgemein anerkannt, dass sie jedenfalls dann nicht mehr zulässig ist, wenn sie sich auf einen Besteuerungszeitraum erstreckt, der bereits durch eine bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung abgeschlossen ist (vgl. BFH vom 10.12.2008, Az: XI R 1/08, BStBl II 2009, 1026, m. w. N.). Hat der Steuerpflichtige die Istbesteuerung in Anspruch genommen, dann kann für die Rückgängigmachung kein längerer Zeitraum als für ihre Ausübung eingeräumt werden.
Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dabei kommt es nicht auf die formelle Bestandskraft der jeweiligen Umsatzsteuer-Voranmeldung an, sondern auf die formelle Bestandskraft der Jahressteuerfestsetzung. Denn maßgeblicher Besteuerungszeitraum für die Umsatzsteuer ist das Kj. (§ 16 Abs. 1 S. 2 UStG). Daher werden die auf (monatlich oder vierteljährlich abzugebenden) Voranmeldungen beruhenden Festsetzungen durch eine Jahressteuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 UStG) abgelöst, was in verfahrensrechtlicher Hinsicht u. a. dazu führt, dass – in einem die Voranmeldungen betreffenden Rechtsstreit – ein Jahressteuerbescheid zum Gegenstand des Verfahrens wird (§ 68 FGO) und sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Voranmeldungen i. S. v. § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH vom 22.10.2003, Az: V B 103/02, BFH/NV 2004, 502). Hinzu kommt, dass auch die gesetzlichen Regelungen zum Widerruf der Optionen des § 19 und des § 23 UStG auf § 18 Abs. 3 und 4 UStG und damit auf die Jahressteuerfestsetzung verweisen. Gründe für eine hiervon abweichende Behandlung des Wechsels zwischen Ist- und Sollbesteuerung sind nicht erkennbar.