Rz. 25
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Zeitpunkt der Berichtigung ergibt sich in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 S. 8 UStG. Nach Abschn. 14c.1. Abs. 5 S. 3 UStAE ist die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde; die Rechnungsberichtigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde (vgl. BFH vom 12.10.2016, Az: XI R 43/14, BStBl II 2022, 566). Wurde ein zu hoch ausgewiesener Rechnungsbetrag bereits vereinnahmt und steht dem Leistungsempfänger aus der Rechnungsberichtigung ein Rückforderungsanspruch zu, ist gem. Abschn. 14c.1. Abs. 5 S. 4 UStAE die Berichtigung erst nach einer entsprechenden Rückzahlung an den Leistungsempfänger zulässig (vgl. BFH vom 18.09.2008, Az: V R 56/06, BStBl II 2009, 250, vom 02.09.2010, Az: V R 34/09, BStBl II 2011, 991 und vom 16.05.2018, Az: XI R 28/16, BStBl II 2022, 570). Dabei kann die Rückzahlung an den Leistungsempfänger auch im Wege der Abtretung erfolgen (vgl. BFH vom 12.10.2016, Az: XI R 43/14, BStBl II 2022, 566). Eine Rückwirkung auf den Besteuerungszeitraum der Rechnungserteilung ergibt sich nicht. Daran hat auch das Urteil des EuGH vom 15.07.2010 (Rs. C-368/09, Pannon Gép, DStR 2010, 1475) nichts geändert (vgl. BFH vom 26.01.2012, Az: V R 18/08, BStBl II 2015, 962, Rz. 34; vgl. BFH vom 12.10.2016, Az: XI R 43/14, BStBl II 2022, 566, Rz. 35–37; vgl. BFH vom 31.05.2017, Az: V B 5/17, n. v., BFH/NV 2017, 1202, Rz. 7; vgl. BFH vom 25.04.2018, Az: VII R 18/16, BFH/NV 2018, 1289, Rz. 9 – keine Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung i. S. d. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung; unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidungen des EuGH vom 15.09.2016, Rs. C-518/14, Senatex, UR 2016, 800 und vom 15.09.2016, Rs. C-516/14, Barlis 06, UR 2016, 795).
Rz. 26
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In Fällen der Gutschrifterteilung (§ 14 Abs. 2 S. 2 und 3 UStG) wirkt der Widerspruch gegen einen zu hohen Steuerausweis erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem er erfolgt (vgl. BFH vom 19.05.1993, Az: V R 110/88, BStBl II 1993, 779 – Wirkung "ex nunc"; vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 3 S. 2; Abschn. 14.3. Abs. 4 S. 5 UStAE; Abschn. 17.1. Abs. 10 S. 3 UStAE). Wegen weiterer Einzelheiten i.Z.m. § 17 UStG vgl. die Kommentierung zu § 17.
Rz. 27
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zum Zeitpunkt des Ausweises einer Forderung (Aktivierung des Umsatzsteuererstattungsanspruchs aus Rechnungsberichtigung) in der Bilanz i.Z.m. einem unrichtigen Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG vgl. Sächsisches FG vom 20.09.2007, Az: 2 K 1974/06, EFG 2008, 820 – erst nach tatsächlicher Berichtigung der Rechnung, nicht bereits im Zeitpunkt der Ausstellung der fehlerhaften Rechnung (ebenso die Revisionsentscheidung des BFH vom 15.03.2012, Az: III R 96/07, BStBl II 2012, 719; zu Buchhaltungsfragen vgl. Endert/Sepetauz in BBK 2012, 1068 ff.).
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Es liegt in der Natur der Sache, dass die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer ggf. nicht zu ihrem Entstehungszeitpunkt (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG; z. B. bei fehlerbehafteten Anzahlungs-/Endrechnungen; Abschn. 14.8. Abs. 10 S. 3 UStAE) an das FA abgeführt wird. Kommt es zu einer verspäteten Zahlung, greift § 233a AO, die Verzinsung von Steueransprüchen. Die Anwendung dieser Regelung auf nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer entspricht nach Auffassung des BFH (vgl. BFH vom 19.03.2009, Az: V R 48/07, BStBl II 2010, 92 ergangen zu § 14 Abs. 2 UStG a. F.; vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 5 S. 3 UStAE) dem Willen des Gesetzgebers. Sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor (Abschöpfung eines unrechtmäßig erlangten Liquiditätsvorteils). Die im AEAO (vgl. BMF vom 02.01.2008, Az: IV A 4 – S 0062/07/0001, BStBl I 2008, 26, Tz. 70.2.3 zu § 233a AO) enthaltene "Billigkeitsregelung" der Finanzverwaltung zum Erlass der Nachzahlungszinsen bei fehlerhaften Endrechnungen ist rechtswidrig (Verstoß gegen Gesetzeszweck sowie Art. 3 Abs. 1 GG; kein Anspruch auf Fortführung gesetzeswidriger Verwaltungspraxis; AEAO zwischenzeitlich angepasst mit Übergangsregelung). Zwischenzeitlich wurde der AEAO in diesem Punkt geändert und an die Rechtsprechung des BFH angepasst (vgl. BMF vom 22.12.2009, Az: IV A 3 – S 0062/08/10007-07, BStBl I 2010, 9 – mit Vertrauensschutzregelung bis 22.12.2009; vgl. Weimann, UStB 2011, 90).
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zum insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbot nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Fällen des § 14c Abs. 1 UStG vgl. FG des Saarlands vom 01.06.2016 (Az: 2 K 1184/14, EFG 2017, 354, Rev. VII R 18/16). Demnach ist es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO entscheidend, ob zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits alle materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Daher kommt es für den aus einer Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 1 S. 2 UStG i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 1 UStG resultierenden Erstattungsanspruch in materiell-rechtlicher Hinsicht darauf...