Rz. 145

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Zunächst hatte der BFH folgenden Sachverhalt zu beurteilen (BFH vom 23.04.2009, V R 52/07):

 

Sachverhalt des BFH-Urteils

Der deutsche Kfz-Händler D erwirbt von einem ebenfalls deutschen Zwischenhändler Z gebrauchte Pkw. Z bringt in seinen Rechnungen an D den Hinweis "Gebrauchtfahrzeuge / Sonderregelung" an (vgl. § 14a Abs. 6 Satz 1 UStG).

Z hat die Fahrzeuge seinerseits vom spanischen Handler ESP1 gekauft, der sie seinerseits vom spanischen Autoverleiher ESP2 erworben hat. SP2 hatte die Fahrzeuge direkt von Hersteller H erworben.

SP1 teilte mit, dass die Fahrzeuge in Spanien der Differenzbesteuerung unterliegen.

D weiß um die Lieferkette

 

Rz. 146

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Der BFH hat die Anwendung der Differenzbesteuerung für D verneint (BFH vom 23.04.2009, V R 52/07):

  • Z konnte die Differenzbesteuerung nicht anwenden, weil der spanische Unternehmer ESP1 i. g. geliefert hat (§ 25a Abs. 7 Nr. 1a UStG).
  • Auch ESP1 konnte die Differenzbesteuerung nicht in Spanien anwenden, weil er die Fahrzeuge von dem vorsteuerabzugsberechtigten ESP2 eingekauft hatte.
 

Rz. 147

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Ausschlaggebend für den BFH war, dass D die Lieferkette kannte. Offengelassen hat das Gericht, ob die Differenzbesteuerung dann zur Anwendung kommen kann, wenn D die Lieferkette nicht kennt und damit nicht weiß, ob Z in seiner Rechnung zu Recht auf die Differenzbesteuerung hinweist (Weimann, ASR 6/2021, 8).

 

Rz. 148

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Hierzu lag dem EuGH folgender Sachverhalt vor:

 

Sachverhalt des EuGH-Urteils

Ein litauischer Kfz-Händler (LTU) erwarb von einem dänischen Kfz-Händler (DNK) Gebrauchtfahrzeuge.

Die Rechnungen von DNK an LTU wiesen neben der Steuerfreiheit für i. g. Lieferungen auch auf die Differenzbesteuerung hin.

LTU verkaufte die Fahrzeuge aufgrund dessen differenzbesteuert weiter an litauische Nichtunternehmer.

Eine Steuerprüfung der litauischen Finanzverwaltung kam zu dem Schluss, dass LTU auf die Verkäufe die Differenzbesteuerung ohne Grundlage angewandt habe, weil der Vorlieferer DNK nicht ebenfalls differenzbesteuert geliefert habe.

 

Rz. 149

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

LTU durfte nach Auffassung des EuGH (Urteil vom 18.05.2017, Rs. C-624/15, Litdana) die Differenzbesteuerung anwenden:

  • Hat ein Kfz-Händler
  • von einem anderen Kfz-Händler (Vorlieferer) im übrigen Gemeinschaftsgebiet
  • ein Fahrzeug erworben und
  • weist der Vorlieferer in seiner Rechnung sowohl auf die Differenzbesteuerung als auch auf einen steuerfreien Umsatz hin,
  • kann der Kfz-Händler die Differenzbesteuerung anwenden,
  • auch wenn der Vorlieferer die Differenzbesteuerung nicht durchgeführt hat.
 

Rz. 150

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Differenzbesteuerung kann in entsprechender Anwendung der aus der Prüfung von missbräuchlichem Vorsteuerabzug bekannten Grundsätze nur dann versagt werden, wenn der Kfz-Händler

  • nicht in gutem Glauben gehandelt oder
  • nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.
 

Rz. 151

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Wichtig: Allein die (zusätzliche) Angabe in der Rechnung, dass ein steuerfreier Umsatz vorliegt, ist nach Auffassung des EuGH kein Umstand, der bei dem Unternehmer den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung auf der Vorstufe wecken muss (Weimann, ASR 6/2021, 8).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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