Rz. 26
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Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Aussagen ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass nach Auffassung der Verwaltung einerseits die Lieferung von Wärme, der Versorgung mit Wasser, die Überlassung von Waschmaschinen, die Flur- und Treppenreinigung, die Treppenbeleuchtung, die Lieferung von Strom sowie die Bereitstellung von Internet- und/oder TV-Anschluss durch den Vermieter als Nebenleistungen anzusehen sind (vgl. Abschn. 4.12.1. Abs. 5 S. 3 UStAE; zur Lieferung von Strom vgl. auch BFH vom 15.01.2009, Az: V R 91/07, BStBl II 2009, 615). Es ist jedoch nicht recht nachvollziehbar, warum andererseits die Lieferung von Heizgas und Heizöl keine Nebenleistungen sein sollen (vgl. Abschn. 4.12.1. Abs. 6 S. 1 UStAE).
Darüber hinaus stehen diese althergebrachten Differenzierungen teilweise im Widerspruch zur jüngeren, selbst aber auch nicht ganz widerspruchsfreien EuGH-Rechtsprechung.
Im Urteil Tellmer Property (EuGH vom 11.06.2009, Rs. C-572/07, UR 2009, 557; vgl. hierzu auch von Streit, DStR 2012, 2575; Widmann, BB 2012, 2018) entschied der Gerichtshof zunächst, dass die Vermietung eines Gebäudes und die Reinigung von dessen Gemeinschaftsräumen nicht als einheitliche Leistung angesehen werden kann, wenn die Dienstleistung separat zur Miete dem Vermieter in Rechnung gestellt wird, mit der Folge, dass die Reinigung nicht das steuerfreie Schicksal der Gebäudevermietung teilte.
Rz. 27
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Im Urteil Field Fisher Waterhouse (EuGH vom 27.09.2012, Rs. C-392/11, UR 2012, 964; vgl. hierzu von Streit, DStR 2012, 2575; Heidner in Bunjes, § 4 Nr. 12 Rn. 31) nivellierte der EuGH diese Aussage und stellte fest, dass eine Vermietung von Grundstücken und die mit dieser Vermietung zusammenhängenden Dienstleistungen wie etwa u. a. die Wasserversorgung, die Heizung im gesamten Gebäude, die Reparaturen von Infrastruktur und Maschinen dieses Gebäudes, die Reinigung der Gemeinschaftsräume und die Sicherheit des Gebäudes hinsichtlich der Mehrwertsteuer durchaus eine einheitliche Leistung darstellen können.
Rz. 28
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Mit Urteil Wojskowa Agencja Mieszkaniowa (EuGH vom 16.04.2015, Rs. C-42/14, UR 2015, 427; vgl. hierzu Widmann, UR 2015, 431; Wüst, MwStR 2015, 447; Ulbrich, UR 2023, 137) unterschied der EuGH zwei Fallgruppen:
- Wenn der Mieter über die Möglichkeit verfüge, die Lieferanten und/oder die Nutzungsmodalitäten der Gegenstände oder Dienstleistungen auszuwählen, können die betreffenden Leistungen grundsätzlich als von der Vermietung getrennt angesehen werden. Insbesondere wenn der Mieter seinen Verbrauch von Wasser, Elektrizität oder Wärme selbst bestimmen könne und dieser Verbrauch durch Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert abgerechnet werde, können die jeweiligen Leistungen, grundsätzlich von der Vermietung getrennt sein. Bei der Reinigung der Gemeinschaftsräume eines im Miteigentum stehenden Gebäudes seien diese als von der Vermietung getrennt anzusehen, wenn sie von den Mietern einzeln oder gemeinsam organisiert werden können und diese Leistungen getrennt von der Miete abgerechnet werden. Unerheblich sei, ob die Nichtzahlung der Nebenkosten zur Kündigung des Mietverhältnisses führen könne.
- Von einer einheitlichen Leistung könne hingegen ausgegangen werden, wenn das vermietete Gebäude in wirtschaftlicher Hinsicht offensichtlich mit den begleitenden Leistungen objektiv eine Gesamtheit bilde. Das kann u. a. bei der Vermietung schlüsselfertiger, mit der Lieferung von Versorgungsleistungen und bestimmten anderen Leistungen einsatzbereiter Büroräume und bei der Vermietung von Immobilien für kurze Zeiträume der Fall sein, insbesondere für die Ferienzeit oder aus beruflichen Gründen. Im Übrigen soll eine einheitliche Leistung auch vorliegen, wenn der Vermieter selbst nicht über die Möglichkeit verfüge, die Lieferanten und Modalitäten der Verwendung betreffenden Leistung frei und unabhängig, insbesondere von anderen Vermietern zu wählen. Das soll insbesondere bei Vermietung eines im Mitbesitz stehenden Gebäudes gelten, wenn die betreffenden Lieferanten von allen Mitbesitzern gemeinsam bestimmt wurden und der einzelne Mitbesitzer (Vermieter) einen Anteil der auf diese Leistungen entfallenden Kosten zu bezahlen habe, die er in der Folge an den Mieter weitergibt.
Da in den praktisch relevanten Fällen der Wohnungsvermietung zumindest die wichtigsten Betriebskosten wie Wasser, Heizung, Strom regelmäßig verbrauchsabhängig abgerechnet werden (vgl. auch §§ 7, 8 HeizkostenVO), wären diese demnach selbstständige und mangels Steuerbefreiung steuerpflichtige Leistungen. Da dem Vermieter bei Steuerpflicht für seine damit zusammenhängenden Eingangsleistungen der Vorsteuerabzug zustünde, ergäben sich bei bloßer Weitergabe der Kosten keine fiskalischen Auswirkungen. Allerdings könnte der Vermieter auch den Vorsteuerabzug für alle seine Investitionen und Erhaltungsaufwendungen, die für die Bereitstellung von Wasser etc. erforderlich sind, geltend machen. Sowohl für Vermiet...