Rz. 47
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach Art. 135 Abs. 2 S. 1 Buchst a MwStSystRL ist die Gewährung von Unterkunft i. R. d. Hotelgewerbes und in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung steuerpflichtig, wobei die Mitgliedstaaten aber nach Art. 135 Abs. 2 S. 2 weitere Ausnahmen von der Befreiung regeln können (vgl. EuGH vom 03.03.2000, Rs. C-12/98, Juan Amengual Far, UR 2000, 123: den Mitgliedstaaten ist es gestattet, die Vermietung von Grundstücken durch eine allgemeine Vorschrift der Umsatzsteuer zu unterwerfen und nur die Vermietung von Grundstücken, die zu Wohnzwecken bestimmt sind, durch eine Ausnahmevorschrift von der Umsatzsteuer zu befreien).
Die deutsche Regelung schränkt die Steuerfreiheit durch Abstellen auf das "Überlassen von Wohn- und Schlafräumen", "zur kurzfristigen Beherbergung" "von Fremden" ein.
Für Beherbergungsumsätze gilt nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG der ermäßigte Steuersatz (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 12 UStG). Werden Parkplätze i. Z. m. einem Beherbergungsumsatzes vermietet (z. B. an Hotelgäste), stellt sich die Frage, ob diese auch dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen sind (verneinend FG Sachsen vom 23.09.2020, Az: 2 K 352/20, MwStR 2021, 581, Revision beim BFH unter Az: XI R 11/23; vgl. hierzu auch Widmann, UR 2022, 7). Im Rahmen eines AdV-Verfahrens hat der BFH (Beschluss vom 07.03.2022, Az: XI B 2/21 (AdV), UR 2022, 463 mit Anm. Nieskens) ernstliche Zweifel am Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG bejaht.
2.4.1.1 Überlassung von Wohn- und Schlafräumen
Rz. 48
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Nur die Überlassung von Räumlichkeiten für Wohn- und Schlafzwecke kann nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG steuerpflichtig sein. Steuerpflichtig ist insbesondere die Zimmerüberlassung durch Gasthöfe, Pensionen und Hotels. Ein gaststättenähnliches Verhältnis mit weiteren Dienstleistungen ist aber nicht erforderlich (Abschn. 4.12.9. Abs. 1 S. 1 UStAE). Auch die reine Überlassung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern an Urlauber (vgl. hierzu L’habitant, NWB 2017, 3490) oder die Vermietung von Zimmern etwa an Handelsreisende, Kurgäste oder Messebesucher ist demnach steuerpflichtig. Die Überlassung anderer Räume, wie etwa Laden-, Büro- oder Lagerräume ist dagegen steuerfrei, soweit nicht nach § 9 UStG wirksam zur Steuerpflicht optiert wird.
Werden Räume stundenweise überlassen, um dort sexuelle Handlungen vorzunehmen, ist dies keine Beherbergung i. S. d. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG, mit der Folge, dass die Zimmerüberlassung in diesen Fällen nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist (BFH vom 24.09.2015, Az: V R 30/14, UR 2015, 950; Abschn. 4.12.9. Abs. 1 S. 3 UStAE; kritisch Widmann, DStR 2015, 2823).
2.4.1.2 Kurzfristige Beherbergung
Rz. 49
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Die Wohn- und Schlafräume müssen zudem zur kurzfristigen Beherbergung überlassen werden. Dies ist in Anlehnung an § 9 S. 2 AO der Fall, wenn der Vermieter die Räume nicht länger als 6 Monate zur Verfügung stellen will (vgl. BFH vom 27.10.1993, Az: XI R 69/90, UR 1995, 20; EuGH vom 12.02.1998, Rs. C-346/95, Blasi, UR 1998, 189). Entscheidend ist insofern weniger die tatsächliche Dauer der Vermietung, als vielmehr die Absicht des Vermieters die Räume nicht für einen dauerhaften Aufenthalt i. S. d. §§ 8 und 9 AO zur Verfügung zu stellen (Abschn. 4.12.9. Abs. 1 S. 2 UStAE). Anhaltspunkte hierfür sind neben der vereinbarten Vertragsdauer, der Kündbarkeit des Mietvertrages aber auch die tatsächliche Verweildauer des Mieters (vgl. BFH vom 08.08.2013, Az: V R 7/13, DStRE 2014, 28; Heidner in Bunjes, § 4 Nr. 12 Rn. 42).
In der Praxis erfreuen sich zusehends sog. alternative Wohnformen wie etwa Boardinghouses, Serviced Apartmenthotels oder Long Stays, bei denen möblierte Zimmer vermietet werden, großer Beliebtheit. Auch hier ist für die Unterscheidung zwischen lang- oder kurzfristiger Vermietung die Nutzungsabsicht das entscheidende Kriterium, wobei auch hier nicht allein der Mietvertrag entscheidend ist, sondern auch außervertragliche Umstände relevant sein können (vgl. hierzu Klink, UVR 2022, 120).
Rz. 50
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Bei der Überlassung von Räumen an Asylbewerber kommen i. d. R. weitere selbstständige Leistungen hinzu, etwa die Gewährung von Verpflegung, die Gebäudereinigung und die Überwachung, die grundsätzlich eigenständig zu beurteilen sind (vgl. oben Rz. 33).
Die Nutzungsüberlassung an Asylbewerber erfolgt regelmäßig auf der Grundlage von Vereinbarungen mit dem zuständigen Hoheitsträger. Für die Beurteilung, ob eine (ausnahmsweise steuerpflichtige) Vermietung von Wohn- und Schlafräumen i. S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980 vorliegt, "die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält", kommt es dabei auf die Umstände der Vermietung an den Hoheitsträger und nicht auf die Aufenthaltsdauer der einzelnen Flüchtlinge/Asylbewerber an (BFH vom 09.12.1993, Az: V R 38/91 BStBl II 1994, 585 und vom 25.01.1996, Az: V R 6/95, UR 1997, 181; vgl. auch Rundverfügung der OFD Frankfurt vom 22.11.2016, Az: S 7168 A – 15 – St 16). Liegt demnach eine langfristige Nutzungsüberlassung an den Hoheitsträ...