Rz. 108
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Vermögensverwaltungsverträge in der oben beschriebenen Form, bei denen der Kunde keine eigene Entscheidungsbefugnis bei Transaktionsleistungen hat, sind aus der Sicht des Kunden als einheitliche Leistungen anzusehen. Dem Kunden kommt es lediglich auf eine bestmögliche Vermögensverwaltung durch die Bank an. Wie dieses Ziel erreicht wird, wird der Bank überlassen.
Rz. 109
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Tätigkeit der vermögensverwaltenden Bank ist dadurch geprägt, dass sie die für eine Vermögensanlage in Betracht kommenden Wertpapiere und Wertpapiermärkte beobachtet und analysiert und auf dieser Grundlage eigenständig Anlageentscheidungen trifft und umsetzt. Nimmt man also eine Gesamtbetrachtung dieser Leistung der Vermögensverwaltung vor, so stellt sie im Wesentlichen eine Verbindung aus der Leistung der Analyse und Beaufsichtigung des Vermögens des Anlegers zum einen und der Leistung des eigentlichen Kaufs und Verkaufs von Wertpapieren zum anderen dar (vgl. EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 23). Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt weder in der Ausführung von Wertpapierumsätzen noch allein in deren qualifizierter Vorbereitung. Vielmehr kommt es dem durchschnittlichen Anleger gerade auf die Verbindung dieser beiden Elemente an (vgl. EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 25). Es liegt damit eine einheitliche Leistung vor, bei der diese beiden Elemente nicht nur untrennbar, sondern auch als gleichrangig anzusehen sind. Beide sind nämlich für die Erbringung der Gesamtleistung unerlässlich, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die eine als Hauptleistung und die andere als Nebenleistung anzusehen ist (vgl. EuGH vom 02.07.2020, C-231/19, BlackRock Investment Management UK Ltd, Rn. 34; EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 27). Umgekehrt ist vielmehr davon auszugehen, dass die genannten Elemente so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 28). Auf den Abrechnungsmodus der Bank kommt es dabei nicht an. Es ist daher unerheblich, ob die Abrechnung der Transaktionsleistungen pauschal oder nach der tatsächlichen Anzahl der Transaktionen durchgeführt wird.
Rz. 110
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Art der Vermögensverwaltung ist deshalb als einheitliche Leistung insgesamt steuerpflichtig, da Steuerbefreiungsnormen eng auszulegen sind und die einheitliche Leistung nur als Ganzes berücksichtigt werden kann (vgl. EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 41–43; BFH vom 11.10.2012, V R 9/10, BStBl II 2014, 279, Rn. 22). Eine Trennung in eine steuerpflichtige Vermögensverwaltung und steuerfreie Transaktionsleistungen (§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG) kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.
Getrennte Leistungen liegen nur dann vor, wenn der Kunde selbst darüber entscheiden kann, ob Transaktionen durchgeführt werden sollen. Dies setzt voraus, dass der Kunde vor einer Transaktion durch die Bank informiert wird und der Bank einen entsprechenden Auftrag erteilt. Allerdings wäre dann die Analyse- und Beratungsleistung der Bank immer noch steuerpflichtig. Lediglich der eigentliche Wertpapierumsatz i. R. d. Umsetzung der Investitionsentscheidung des Kunden könnte dann steuerfrei erbracht werden.
Rz. 111
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine Steuerbefreiung für die gesamte Vermögensverwaltung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG (Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz) kommt ebenfalls nicht in Betracht, da kein Sondervermögen i. S. d. Investmentgesetzes verwaltet wird (vgl. EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 34 f.; BFH vom 11.10.2012, V R 9/10, BStBl II 2014, 279, Rn. 22; vgl. zur Behandlung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auch Abschn. 4.8.13. UStAE).