Rz. 71
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Grundsätzlich ist Steuerschuldner bei Lieferungen und sonstigen Leistungen das leistende Steuersubjekt. Bei unentgeltlichen Lieferungen und Leistungen wird die Umsatzsteuer ebenfalls vom tatsächlichen Leistungserbringer geschuldet. Die Steuerschuldnerschaft bei Einfuhrlieferungen liegt gemäß den umsatzsteuerlichen Bestimmungen grundsätzlich beim Importeur, also beim Anmelder des Zollverfahrens. Sofern im Zollverfahren anstelle des Importeurs sein Zollvertreter die zollrechtliche Abwicklung vornimmt, schuldet der Letztere die EUSt. Beim Vorliegen eines i. g. Erwerbs ist Steuerschuldner der Abnehmer der Lieferung, sofern er Steuersubjekt oder eine juristische Person ist, die kein Steuersubjekt ist, aber über der Erwerbsschwelle liegt.
Rz. 72
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das uUStG schreibt in einigen Fällen den Übergang der Steuerschuld vom Leistungserbringer auf den Auftraggeber vor, wenn beide Steuersubjekte sind und der Leistungserbringer in Ungarn nicht ansässig ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Leistungserbringer seinen Sitz/Wohnsitz oder die mit der Leistungserfüllung am unmittelbarsten betroffenen ständigen Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat oder im Drittland hat (Reverse-Charge-System).
Rz. 73
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wegen der EU-Regelung des Leistungsortes ab 01.01.2010 wurde der Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Systems erweitert. Wenn sich der Leistungsort nach dem Sitz/Niederlassung des Leistungsempfängers bestimmt (B2B-Grundregel nach § 37 uUStG) und der Leistungserbringer in diesem Mitgliedstaat nicht niedergelassen ist (d. h. er verfügt weder über einen Sitz noch über eine feste Niederlassung, welche am Leistungsaustausch beteiligt ist), dann schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer. Der Leistungsempfänger kann aber unter den allgemeinen Voraussetzungen die geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, sodass in diesem Fall zumeist keine tatsächliche Finanzierung erforderlich ist. Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass der Leistungserbringer nicht als in Ungarn ansässig gilt, wenn er in Ungarn nur für umsatzsteuerliche Zwecke registriert ist oder über eine feste Niederlassung verfügt, welche am Leistungsaustausch nicht beteiligt ist. In diesem Fall kann das Reverse-Charge-Verfahren angewendet werden.
Rz. 74
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das Reverse-Charge-System kommt bei folgenden Leistungen zur Anwendung:
- bei Leistungen, die unter die B2B-Grundregel fallen,
- bei Montage-, Reparatur-, Wartungsleistungen von Gegenständen und der Begutachtung (hierzu gehört auch die Lohnveredelung),
- bei Lieferung gem. § 32 uUStG von Gegenständen aus dem Ausland und anschließender Montage in Ungarn (Werklieferungen). Nach § 139 uUStG ist die Umsatzsteuer bei solchen Lieferungen vom Auftraggeber zu entrichten. Allerdings ist hier zu beachten, dass aufgrund der im Inland verrichteten wirtschaftlichen Tätigkeit eine Betriebsstätte entstehen kann, sodass eine Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens nicht möglich ist und eine Registrierungspflicht besteht. Ab dem 01.01.2015 ist die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens im Hinblick auf die Errichtung von Immobilien im Inland durch ausländische Unternehmen ebenfalls zulässig.
Rz. 75
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die bloße Erfassung zur Umsatzsteuer (ohne Ansässigkeit) sollte grundsätzlich nicht schädlich sein. Die derzeitige Praxis der Finanzverwaltung hierzu ist jedoch sehr unterschiedlich.
Rz. 76
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das leistende Steuersubjekt trifft keine Haftung – sofern der Leistungsempfänger die Steuer nicht abführt.
Rz. 77
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens wurde seit 2008 auch auf Inlandsumsätze ausgedehnt, sodass hierunter auch Immobilienumsätze aufgrund von Bauleistungen, sonstige Leistungen i. Z. m. Immobilien (inklusive Errichtung, Montage, Erhaltung, Reinigung, Instandhaltung, Reparatur, Umbau, Abriss) erfasst sind.
Rz. 78
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hierzu gehören außerdem der Handel mit Abfall, der Verkauf von Pfandgegenständen, um so in der Vergangenheit fällige Forderungen auszugleichen, der Verkauf von Emissionsrechten und der Verkauf von Sachanlagen von anderen Produkten bzw. die Erbringung von Dienstleistungen mit einem Wert von mehr als 100.000 HUF (rund 250 EUR) durch einen Steuerpflichtigen im Liquidationsverfahren. Des Weiteren ist das Reverse-Charge-Verfahren ab 01.07.2012 beim Verkauf von bestimmten, gesetzlich festgelegten landwirtschaftlichen Produkten (insbes. Getreidesorten) anwendbar, wobei diese Regelungen für landwirtschaftliche Betriebe (vgl. Rz. 38 ff.) nicht gelten. Ab 01.01.2015 ist das Reverse-Charge-Verfahren für die Überlassung von Arbeitskräften sowie sonstige Leistungen bzw. für die Leistung bestimmter Metallwaren anzuwenden. Heutzutage kommt der Übergang der Steuerschuld i. S. d. Arbeitskraftüberlassung ausschließlich für Bauarbeiten vor.
Rz. 79
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter das Reverse-Charge-Verfahren fallen auch Immobilien...