Urteil im dm-Rechtsstreit um Werbung mit „klimaneutral“

Das Landgericht Karlsruhe urteilte am 26.07. in einem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Umwelthilfe e.V. und dm. Die Drogeriemarktkette darf bestimmte Produkte künftig nicht mehr als „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ bewerben. Das Urteil gibt einen Vorgeschmack auf das steigende Klagerisiko für Unternehmen.

„Klimaneutrale“ Sonnenmilch und „umweltneutrales“ Spülmittel wird man künftig in den Filialen der Drogeriemarktkette dm nicht mehr finden. Das Landgericht Karlsruhe gab einer Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. statt und entschied damit: Das beklagte Unternehmen darf bestimmte Eigenmarkenprodukte nicht mehr mit diesen umweltbezogenen Aussagen bewerben.

Die Begründung des Gerichts

Wie aus einer Pressemitteilung des Landgerichts Karlsruhe hervorgeht, stützt sich das Urteil im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

Die Beklagte enthalte dem angesprochenen Verbraucher wesentliche Informationen zum Verständnis des Begriffs „klimaneutral“ vor. Bei den betroffenen Produkten werde jeweils angegeben, das Produkt sei klimaneutral im Sinne von CO2-kompensiert. Weitere „für den umweltinteressierten durchschnittlichen Verbraucher wesentlichen Informationen“ fehlen auf der Verpackung allerdings. Diese finden sich lediglich auf der Internetseite des Zertifizierungspartners Climate Partner. Das sei rechtlich zulässig – das Landgericht stellt jedoch fest: „Der Verbraucher muss [...] aus dem Aufdruck auf der Verpackung erkennen können, dass es eine entsprechende Internetseite gibt. Dies ist bei zwei der herausgegriffenen Produkte nicht der Fall.“

Im Fall des Claims „Umweltneutrales Produkt“ liegt laut Landgericht „ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG vor. Die Werbung ist überschießend und damit unzutreffend.“ Der neu geschaffene Begriff erwecke die Erwartung einer ausgeglichenen Umweltbilanz. Diese sei jedoch nicht gegeben. Bei den so beworbenen Produkten würden „nicht alle Umweltauswirkungen erfasst“, sondern nur fünf von 13 Wirkkategorien von Umweltbelastungen (CO2-Emissionen, Nährstoffeintrag, Versauerung, Sommersmog und Ozonabbau).

Reaktion von dm

Nach dem Urteil des Landgerichts Karlsruhe betont dm-Geschäftsführerin Kerstin Erbe: „Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unseren ‚Pro Climate‘-Produkten einen wirksamen Beitrag für die Umwelt leisten und im Sinne einer lebenswerten Zukunft handeln.“

Das Unternehmen weist in einer Pressemitteilung darauf hin, bereits im Herbst 2022 unabhängig vom LG-Urteil entscheiden zu haben, den Claim „‘klimaneutral‘ mit dem Label von ClimatePartner in der derzeitigen Form nicht mehr auf seinen Eigenmarkenprodukten auszuloben“. Die Umweltauswirkungen der als „umweltneutral“ beworbenen Produkte würden nach dem Greenzero-Ansatz „in den fünf aktuell robust berechenbaren Kategorien nach dem wissenschaftlich anerkannten Methodenstandard ‚Environmental Prices‘ der CE Delft“ in Umweltkosten umgerechnet und wo möglich reduziert. Die verbleibenden Umweltauswirkungen kompensiere dm durch Investitionen in die Renaturierung von Ökosystemen in Deutschland.

Präzedenzfall für Werbung mit umweltbezogenen Aussagen?

Die Werbung mit umweltbezogenen Aussagen soll mit der kommenden EU Green Claims Directive stärker reguliert werden. Es ist zu erwarten, dass Aussagen wie „klimaneutral“ dann noch deutlich stärker hinterfragt werden. Bislang sind viele Bezeichnungen mit Bezug zu Nachhaltigkeit gesetzlich jedoch noch nicht definiert. Spätestens mit Inkrafttreten der Richtlinie haben Unternehmen neben Reputationsschäden auch vermehrt rechtliche Konsequenzen zu befürchten. Das Urteil des Landesgerichts Karlsruhe könnte daher einen Vorgeschmack auf das steigende Klagerisiko für Unternehmen geben.


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