Was die Parteien zu Corporate Sustainability vorhaben

Manch einer blickt auch aus beruflicher Perspektive auf die Bundestagswahl und ist gespannt, welche Auswirkungen der Wahlausgang auf die eigene Arbeit haben wird. Für Nachhaltigkeitsverantwortliche spielen vor allem die Themen Nachhaltigkeitsvorgaben, Klima- und Energiepolitik eine Rolle. Wir haben die Programme der Parteien unter die Lupe genommen. Die Reihenfolge der Parteien in dieser Übersicht orientiert sich an den Stimmenanteilen bei der letzten Bundestagswahl 2021.
Klimapolitik: Auf dem Weg zur Klimaneutralität – oder nicht?
Die SPD bekennt sich zu den Klimazielen für Deutschland und die EU. Sie betont die Bedeutung eines Paradigmenwechsels in der Klimapolitik, der auf gemeinschaftliche Lösungen setzt. Die Partei möchte Klimaschutzmaßnahmen so gestalten, dass sie für alle Menschen bezahlbar und zugänglich sind: „Wir kämpfen für Klimaschutz, den sich jeder leisten kann.“
Die CDU/CSU will den Klimaschutz global und gemeinsam mit der Wirtschaft gestalten. Dabei wollen die Unionsparteien die Pariser Klimaziele einhalten und streben weiterhin Klimaneutralität bis 2045 an. Klimaschutz dürfe die Wirtschaft aber nicht schwächen. Als zentrales Instrument des Klimaschutzes soll der Emissionshandel gestärkt werden.
Die Grünen halten am Ziel der Klimaneutralität bis 2045 fest. Sie betonen die Notwendigkeit verbindlicher Zwischenziele. Die Partei will Klimaschutz einfacher und bezahlbarer machen und pragmatische Lösungen für Umsetzungsprobleme finden. Ihr Fokus liegt darauf, dass alle Menschen den Weg zur Klimaneutralität mitgehen können.
Die FDP setzt sich für eine kostengünstige Erreichung der europäischen Klimaziele ein. Ein internationaler Emissionshandel mit einem globalen CO2-Preis ist für die Liberalen der marktbasierte Ansatz von Klimapolitik.
Die AfD bezweifelt den menschengemachten Klimawandel und lehnt jegliche Klimaschutzmaßnahmen ab; sie sieht keinen Grund, die Nutzung fossiler Energieträger einzuschränken und setzt stattdessen auf deren weitere Nutzung.
Die Linke verfolgt ein ambitioniertes Klimaziel und will Deutschland bis 2040 klimaneutral machen. Dies soll durch eine „ganz andere Klimapolitik“ möglich werden, „bei der die Konzerne und alle anderen, die mit der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen Profite machen, besonders in die Pflicht genommen werden.“
Das Bündnis Sahra Wagenknecht fordert „eine durchdachte Klima- und Umweltpolitik, die den Klimawandel ernst nimmt, aber sich nicht in planlosem Aktivismus verrennt.“ So fordert die Partei etwa die Rücknahme des Verbrenner-Verbots und des Heizungsgesetzes und warnt vor einem „Blackout“, sollte ausschließlich auf stromintensive Technologien bei Mobilität und Wärme gesetzt werden.
Was fordern die Parteien in der Energiepolitik?
Die SPD will in eine sichere und bezahlbare Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien investieren. Sie betont die Notwendigkeit international wettbewerbsfähiger Energiepreise und den massiven Ausbau der Stromnetze als Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Die Netzentgelte sollen gedeckelt werden, um Unternehmen und Haushalte zu entlasten.
Die CDU/CSU will in ihrer Energiepolitik alle klimafreundlichen Kapazitäten nutzen, auch die Optionen der Kernenergie. Kostentreiber sollen überprüft werden und Stromsteuer und Netzentgelte gesenkt werden.
Die Grünen setzen auf den Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind, Sonne und Wasserkraft. Sie wollen die Finanzierung von Stromkosten anders gestalten, um Strom für Verbraucher und Unternehmen günstiger zu machen. Der Ausbau der Stromnetze ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Energiepolitik.
Die FDP will „die Stromsteuer in einem ersten Schritt auf das EU-Mindestmaß absenken“. Mittelfristig soll diese Steuer auf europäischer Ebene abgeschafft werden. Dadurch sollen die Preise sinken und die Wirtschaft wettbewerbsfähiger werden.
Die AfD fordert eine „realistische Energiepolitik“, die auf die Nutzung der Kernenergie setzt und einen Ausstieg aus der Braunkohle nicht vor 2040 vorsieht. Im Gegenteil: Sie will zurück zu Energieträgern wie Kohle und Kernenergie. Die Partei sieht in der aktuellen Energiepolitik eine Überforderung von Menschen und Unternehmen.
Die Linke setzt darauf, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien langfristig die Preise für Strom und Wärme senken wird. Sie will sich für sozial gestaffelte Energiepreise einsetzen, zu denen auch „preisgünstige Sockeltarife“ gehören.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht sieht in der Energiepolitik der vergangenen Jahre einen Treiber für eine „drohende Deindustrialisierung“. Die Energiepreise müssten wieder sinken, dazu müsse auch mit Russland verhandelt werden, „um über den verbliebenen Strang der Nord-Stream-Pipeline wieder günstiges Erdgas zu beziehen“.
Lieferketten und Menschenrechte
Die SPD will Bürokratie abbauen und Verfahren beschleunigen, um Unternehmen zu entlasten. Das deutsche Lieferkettengesetz wird nicht explizit erwähnt, die Sozialdemokraten befürworten jedoch die EU-Lieferkettenrichtlinie. Mit dieser habe man „klare Regelungen und gleiche Voraussetzungen für alle Unternehmen in Europa geschaffen“.
CDU/CSU wollen das deutsche Lieferkettengesetz am liebsten gleich nach der Wahl abschaffen. In ihrem Wahlprogramm betont die Union, dass Menschenrechte universell, unteilbar und unveräußerlich seien. Sie sieht es aber nicht als Aufgabe von Unternehmen an, die Einhaltung dieser Rechte in ihren Lieferketten zu überprüfen.
Die Grünen unterstützen die EU-Lieferkettenrichtlinie, die sicherstellen soll, dass Produkte frei von Ausbeutung und Kinderarbeit sind. Eine unbürokratische Übernahme in deutsches Recht wird angestrebt. Sie setzen auf rechtsverbindliche und einklagbare Standards und die Verankerung des Pariser Klimaabkommens in Handelsabkommen.
Die FDP lehnt „übermäßige Bürokratie im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ab“. Die Partei will „faire Rahmenbedingungen für Unternehmen“, Berichtspflichten sieht sie dabei als unnötige Belastung.
Die AfD lehnt das deutsche Lieferkettengesetz ab und möchte Belastungen auf europäischer Ebene verhindern. Sie sieht in solchen Gesetzen eine unnötige Belastung für Unternehmen.
Die Linke will das Lieferkettengesetz stärken, etwa „durch verbesserte Klagemöglichkeiten, Beschwerdemechanismen und mehr staatliche Kontrollen.“ Unternehmen, die gegen Standards verstoßen, sollen stärker sanktioniert werden. Darüber hinaus will sich die Partei für „gerechte Lieferbeziehungen sowie ein starkes und wirksames Kartellrecht“ einsetzen, insbesondere im Lebensmittelmarkt.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht sieht das Lieferkettengesetz als „Bürokratiemonster mit fraglichem Nutzen“, insbesondere für mittelständische Unternehmen. Das Bündnis fordert daher eine Reform, unter anderem sollen Schwellenwerte so gestaltet werden, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stärker von Berichts- und Dokumentationspflichten entlastet werden.
Wie geht es mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung weiter?
Die SPD erwähnt die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht explizit, betont aber die Unterstützung von Unternehmen bei der Umstellung auf klimafreundliche Technologien und den Abbau von Bürokratie. Dokumentations- und Berichtspflichten sollen digitalisiert und vereinfacht werden.
Die CDU / CSU will „Belastungen einen Riegel vorschieben, etwa [bei] der Regulierung für nachhaltige Investitionen (Taxonomie) oder der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting)“.
Die Grünen wollen die Vorgaben der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) schnell in nationales Recht umsetzen. Zudem will sich die Partei „für eine Vereinfachung der ihr zugrunde liegenden Standards (ESRS) einsetzen, um sie für Unternehmen handhabbarer zu machen“. Sie betont die Wichtigkeit von Konsistenz und Transparenz in der Berichterstattung.
Die FDP warnt auch in Bezug auf die Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen vor „unnötiger Bürokratie“. Die Partei will die Regelungen des Green Deal, also die CSRD, CSDDD und die EU-Taxonomie abschaffen.
Die AfD äußert sich nicht direkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, legt jedoch Wert auf den Abbau von Bürokratie, um Unternehmen zu entlasten.
Die Linke äußert sich nicht explizit zu aktuellen Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Partei will jedoch, dass Unternehmen ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen künftig stärker transparent machen müssen.
Laut Bündnis Sahra Wagenknecht führen Vorschriften zur ESG-Berichterstattung zu unnötiger Bürokratie, der „aufwendigen Produktion nutzloser Berichte“ und fragwürdigen Praktiken wie etwa „Milliardenzahlungen für nicht existente Klimaschutzprojekte in China“. Das BSW will die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sofort aussetzen.
Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung
Die SPD setzt auf eine zukunftsfähige Wirtschaft, die durch eine koordinierte Rohstoffstrategie der EU und den Ausbau einer Kreislaufwirtschaft gestärkt werden soll. Die Kreislaufwirtschaftsstrategie soll pragmatisch umgesetzt werden, etwa „mit Absatzmärkten für umweltschonend recycelte Rohstoffe und effizienterem Materialeinsatz“.
Die CDU/CSU spricht sich für die Förderung einer verantwortungsvollen Kreislaufwirtschaft aus. Stoffkreisläufe sollen geschlossen und die „Sharing Economy“ gefördert werden.
Die Grünen wollen eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Wirtschaft, die auf einer effektiven Kreislaufwirtschaft basiert. Sie setzen auf die Umsetzung der Kreislaufwirtschaftsstrategie und die Reduzierung des Primärrohstoffverbrauchs.
Die FDP will „moderne Recyclingmethoden statt Produktverbote“. Die Kreislaufwirtschaft sieht sie als „zentrales Instrument für mehr Klima-, Arten- und Naturschutz“ und setzt auf innovative Verfahren, mit denen „Abfälle der Vergangenheit zu Rohstoffen der Zukunft werden“ können.
Die AfD sieht Recyclingtechnologien als effektives Mittel für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und Abfällen – Deutschland sei in diesem Bereich jedoch „bereits gut aufgestellt“.
Die Linke fordert „Mehr Kreislaufwirtschaft, weniger Abfälle“. Dazu brauche es strengere Vorgaben für Haltbarkeit und Produkte ohne Sollbruchstellen, höhere gesetzliche Recyclingquoten und neue Ökodesignvorgaben. Zudem will die Partei Müllexporte aus der EU verbieten.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht betont die Bedeutung regionaler Wirtschaftskreisläufe und appelliert an die Verantwortung des Staats, die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Daneben will die Partei die bewusste und gezielte Verringerung der Lebensdauer von Produkten verbieten.
Was wollen die Parteien für Biodiversität und Naturschutz?
Die SPD benennt in ihrem Wahlprogramm die „Biodiversitätskrise“ und will gesetzliche Rahmenbedingungen anpassen, „um die vielfältigen Ökosystemleistungen unserer Wälder auch für kommende Generationen zu sichern.“ Fördermittel sollen „flächendeckend eingesetzt werden, um Wälder, Moore, Flussauen oder Stadtgrün zu schützen.“
CDU/CSU wollen „Land- und Forstwirte, Waldbesitzer, Jäger und Fischer dabei [unterstützen], die Ökosysteme und ihre Leistungen zu erhalten“. Bestehende Schutzregelungen sollen regelmäßig überprüft werden. Der Schutz von Mooren soll gemeinsam mit den Grundeigentümern intensiviert werden, die Union will Anreize für Wiedervernässungsprojekte geben. Die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS sollen nicht grundsätzlich verboten werden.
Die Grünen betonen den Schutz der Biodiversität als wesentlichen Bestandteil ihrer Politik Sie setzen sich für das Ziel ein, bis 2030 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter effektiven Schutz zu stellen. Als Rahmen sollen eine nationale Biodiversitätsstrategie und ein Biodiversitätsgesetz entwickelt werden.
Die FDP setzt auf den „Ansatz ‚Populationsschutz statt Individuenschutz‘.“ Damit sollen Naturschutzmaßnahmen effektiver und zielgerichteter werden. Beispielsweise sollen Einzelbeobachtungen bedrohter Tierarten nicht mehr Bauvorhaben für lange Zeit blockieren können. Statt kleinteiliger Naturschutzmaßnahmen sollen Ersatzgeldzahlungen statt realem Ausgleich durch Ausgleichsflächen zum Standard werden.
Im Wahlprogramm der AfD kommt das Stichwort Biodiversität nicht vor. Die Partei proklamiert: „Jagd ist gelebter Naturschutz“ und will „problematische Wildtier-Bestandsgrößen“ – etwa beim Wolf – regional überwachen und korrigieren. Den weiteren Ausbau der Windenergie lehnt die Partei aus Umweltschutzgründen ab, die Kernenergie diene dagegen dem Umweltschutz.
Die Linke will die Mittel für natürlichen Klimaschutz verdoppeln, das „Artensterben stoppen, Natur und Meere schützen. 5 Prozent Wildnisflächen sollen geschützt werden. Damit sollen natürliche Lebensgrundlagen erhalten und zerstörte Ökosysteme wiederhergestellt werden. Agrarsubventionen sollen an hohe Umweltstandards gebunden werden.
Für das Bündnis Sahra Wagenknecht steht der Erhalt landwirtschaftlicher Flächen im Vordergrund. Bei Umweltauflagen will die Partei Landwirte einbeziehen. Pflanzenschutzmittel sollen bezahlbar und durch transparente Genehmigungsverfahren sicher sein. Wälder, Grünland und Moore sollen „durch schonende Nutzung“ erhalten werden.
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