Rz. 1
Zentraler Ausgangspunkt des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte aus dem Jahr 2011. In den besagten UN-Leitprinzipien findet sich u. a. das Leitprinzip der sog. menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht, welches Unternehmen bei Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit berücksichtigen sollen.
Rz. 2
Deutschland hat im Dezember 2016 zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien den sog. Nationalen Aktionsplan (NAP) ins Leben gerufen. Die Bundesregierung hat im NAP ihre Erwartung an die in Deutschland tätigen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern formuliert, dass diese die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in einer ihrer Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise einhalten und Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten. Die Erwartung war, dass sich eine hinreichend große Zahl der Unternehmen (mehr als 50 %) im Wege einer freiwilligen Selbstverpflichtung um die Umsetzung der in Rede stehenden Sorgfaltspflichten bis ins Jahr 2020 kümmert. Ab dem Jahr 2018 erfolgte ein Monitoring, durch das verifiziert werden sollte, ob und in welchem Umfang die angesprochenen Unternehmen in ihren Geschäftsprozessen die menschenrechtlichen Anforderungen umgesetzt hatten. Das Ergebnis im Jahr 2020 war, dass weniger als ein Fünftel der in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihren Sorgfaltspflichten in der Lieferkette hinreichend nachgekommen waren. Die Bundesregierung zog aus diesem Ergebnis die Schlussfolgerung, dass eine freiwillige Selbstverpflichtung kein hinreichendes Instrument zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien sei und entschied sich zu dem Schritt, den Gesetzgebungsprozess bzgl. des LkSG zu beginnen.
Rz. 3
Durch das LkSG ist es zu einem signifikanten Paradigmenwechsel hinsichtlich der Regulierung privatrechtlicher Verträge gekommen: Das deutsche Recht beinhaltete bislang grds. keine zwingenden Verpflichtungen zur Durchführung einer Überprüfung des jeweiligen Vertragspartners; auch gab es bisher keine derart detaillierten Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung von Compliance-Management-Systemen. Wenngleich das Geldwäschegesetz durchaus Due-Diligence-Pflichten bzgl. des Geschäftspartners etablierte, so bezogen sich diese Screening-Pflichten doch immer nur auf den unmittelbaren Vertragspartner und dessen wirtschaftlich Berechtigten, keineswegs auf die sonstige Lieferkette.
Infolge des LkSG sind große Unternehmen nunmehr in der Pflicht, substanzielle Änderungen ihrer (bestehenden) Compliance-Management-Systeme vorzunehmen und insbes. eine menschenrechtliche Due Diligence ihrer Lieferkette auf den Weg zu bringen.