Das Lieferkettengesetz gilt - und jetzt?
Berichte über Kinderarbeit, ausbeuterische Arbeitszeiten oder Chemikalien, die in Abwässer und Flüsse gelangen: Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferkette sind ein massives Risiko für deutsche Unternehmen. Für Betriebe wird es daher immer wichtiger, sich präventiv mit den Herausforderungen in ihren Lieferketten zu befassen. Aber auch bei Kunden und Investoren steigt das Bewusstsein für das Thema. Bereits im Juni 2021 wurde das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verabschiedet. Ziel ist es, die weltweite Durchsetzung von Menschenrechten sowie Umweltschutz zu stärken und Unternehmen mehr Rechts- und Handlungssicherheit zu geben. Welche Anforderungen stellt das neue Gesetz an Unternehmen und wo gibt es Unterstützung zum Thema?
Unternehmen jeder Größenordnung vom LkSG betroffen
Ab 2023 müssen Unternehmen mit Hauptsitz oder Zweigniederlassung in Deutschland und mindestens 3.000 Arbeitnehmern im Inland menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten umsetzen. Ab 2024 gilt das Gesetz auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern im Inland.
Grundsätzlich sollen auch kleine und mittlere Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten in Lieferketten erfüllen. Bereits seit 2016 gilt der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Dort sind entsprechende Erwartungen an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen formuliert.
Welche Sorgfaltspflichten formuliert das Gesetz?
Die gesetzlichen Anforderungen orientieren sich an den Kernelementen der Sorgfaltspflicht des NAP, die wiederum auf dem Due-Diligence-Konzept der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen beruhen.
Konkret müssen betroffene Unternehmen ein Management einführen, das menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in den eigenen Lieferketten analysiert und daraus geeignete Präventions- sowie im Schadensfall Abhilfemaßnahmen ableitet.
Zugleich sind sie aufgefordert, ein Beschwerdeverfahren zu entwickeln: Betroffene und Personen, die Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverstößen haben, müssen die Möglichkeit haben, auf diese Missstände hinzuweisen.
Darüber hinaus haben Unternehmen die Pflicht, eine Grundsatzerklärung zu ihrer Menschenrechtsstrategie zu veröffentlichen und jährlich über die Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten zu berichten.
Hilfen zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten
Die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang der eigenen Lieferkette stellt Unternehmen vor Herausforderungen. Um die Betriebe in diesem Prozess zu unterstützen und sie auf die gesetzlichen Anforderungen vorzubereiten, stehen verschiedene Informationsangebote zur Verfügung:
- Auf dem zentralen Informationsportal Wirtschaft und Menschenrechte gibt es einen Überblick über relevante Unterstützungsangebote.
- Der Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte ist eine zentrale Anlaufstelle, die Unternehmen mit Beratungen und Schulungen unterstützt.
- Darüber hinaus gibt es Branchendialoge im Format eines Multistakeholder-Prozesses.
- Ein übersichtliches FAQ zum Lieferkettengesetz beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
Ziel der Dialoge ist es, Unternehmen in Branchen mit besonderen menschenrechtlichen Herausforderungen Orientierung zu bieten und sie dabei zu unterstützen, die Anforderungen an die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten angemessen umzusetzen. Ein wichtiges Ergebnis etwa wird die Erarbeitung praxisnaher Handlungsanleitungen sein, die alle Aspekte der Sorgfaltspflichten abdecken und einen Überblick über die notwendigen Prozesse und Instrumente sowie Best Practices geben.
Was passiert bei Verstößen gegen das Gesetz?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überprüft, ob die gesetzlichen Sorgfaltspflichten einschließlich der Berichtspflichten eingehalten werden. Bei sehr schweren Verstößen, wie z. B. bei vorsätzlicher Unterlassung von Präventions- oder Abhilfemaßnahmen, können Bußgelder von bis zu 8 Mio. EUR verhängt werden. Bei einem Jahresumsatz über 400 Mio. EUR kann das Bußgeld bis zu 2 % des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Außerdem ist es bei einem verhängten Bußgeld ab einer bestimmten Mindesthöhe möglich, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen zu werden.
Sind deutsche Unternehmen international benachteiligt?
Auch in anderen Ländern gibt es bereits gesetzliche Regelungen zur Sorgfaltspflicht. Zudem ist ein europäisches Gesetz geplant: Am 23.2.2022 hat die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf zur nachhaltigen Unternehmensführung vorgelegt. Der Vorschlag umfasst neben dem Schutz von Menschenrechten auch Umweltaspekte und soll einheitliche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt schaffen. Deutschland unterstützt die Gesetzesinitiative der EU und damit einen verbindlichen internationalen Sorgfaltsstandard.
Mehr dazu lesen Sie hier: Uneinigkeit in der EU bei Sorgfaltspflichtenrichtlinie
Weitere Fragen & Antworten zum Lieferkettengesetz finden Sie unter:
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