Matthias Hrinkow, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 76
Die Bereiche Umwelt und Soziales betrachten teilw. sehr kleinteilig die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit und verlangen detaillierte Offenlegungspflichten. Allerdings unterliegen diese der sehr ermessensbehafteten Einschätzung der Wesentlichkeit. Daher ist als zusammenhaltende Klammer die Berichterstattung über die Berücksichtigung der Aspekte auch in der Corporate Governance eine notwendige Ergänzung. Zudem kann die Glaubwürdigkeit der Informationen in der Nachhaltigkeitserklärung durch ergänzende Informationen über den im Unternehmen und insbes. in der Unternehmensführung gelebten Umgang mit Nachhaltigkeitsaspekten gesteigert werden. Die EU hat die Angaben zur Governance aufgeteilt. Einerseits finden sich diese als stets berichtspflichtige Passagen in den allgemeinen Angaben des ESRS 2 (§ 4 Rz 31–79), andererseits in diesem ESRS G1, wobei hier grds. der Wesentlichkeitsvorbehalt gilt.
Durch diese Aufteilung sind die ergänzenden Passagen vergleichsweise kurz. Zunächst werden im Zusammenhang mit den allgemeinen Angaben des ESRS 2 mit ESRS 2 GOV-1 die Beschreibung der Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane sowie mit ESRS 2 IRO-1 eine themenbezogene Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen verlangt. Dies ist– bei Wesentlichkeit – zu ergänzen um Informationen zur Unternehmenskultur und zum Geschäftsgebaren. Diese weisen einen großen Überschneidungsbereich mit der allerdings nur von kapitalmarktorientierten Unternehmen zu erstellenden Erklärung zur Unternehmensführung nach § 289f HGB sowie zum Corporate-Governance-Bericht nach § 243c UGB auf. Auffällig ist eine starke Fokussierung auf größere Unternehmen, da etwa eine GmbH unter 500 Mitarbeitenden gar keinen Aufsichtsrat zu bilden hat, so dass die Berichterstattung hier – wenn sie nicht ohnehin aufgrund fehlender Wesentlichkeit vermieden werden kann – sehr lückenhaft sein dürfte. Des Weiteren werden die in der CSRD geforderten Angaben zum Management der Beziehungen zu Lieferanten in ESRS G1-2 detailliert aufgegliedert gefordert. Ansonsten ist diese relevante Stakeholder-Gruppe in den themenspezifischen ESRS nur bzgl. der Mitarbeitenden in der Lieferkette direkt im Fokus von Angabepflichten. Allerdings finden sich für Mitarbeiter, betroffene Gemeinschaften oder Verbraucher und Endnutzer – jeweils unter dem Wesentlichkeitsvorbehalt – Angabepflichten in eigenen themenspezifischen Standards, wobei das Überspringen der Kunden als Stakeholder-Gruppe anzumerken ist.
Flankiert werden diese Angaben um die Bemühungen zur Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung (ESRS G1-3) sowie um Vorfälle in Bezug auf Korruption oder Bestechung (ESRS G1-4). Diese zeigen auf, wie im Unternehmen und in der Wertschöpfungskette die Governance gelebt wird. Abgerundet werden die stets nur bei Wesentlichkeit nötigen Angabepflichten um Informationen zur politischen Einflussnahme und Lobbytätigkeiten (ESRS G1-5) sowie zu Zahlungspraktiken (ESRS G1-6). Beide basieren auf Richtlinien der EU, die etwa mit dem Transparenzregister oder länderspezifisch umgesetzt wurden. Thematisch hätten die Zahlungspraktiken des Unternehmens mit Blick auf die Lieferanten auch mit dem Management der Lieferantenbeziehungen zusammengebracht werden können.