Carmen Auer, Dr. Jens Freiberg
Vorbemerkung
Viele der in den thematischen ESRS behandelten Bereiche sind bereits Teil anderer nationaler oder internationaler Regelungen. In Bezug auf die sozialen Themenstandards gibt es in Deutschland insbes. eine erhebliche Überschneidung mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), welches als nationales Gesetz ausgestaltet ist. Die folgenden Ausführungen fassen die Anforderungen des LkSG zusammen und stellen diese den ESRS gegenüber, insbes. in Bezug auf die notwendige Berichterstattung.
1 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Rz. 1
Das LkSG hat das Ziel, über eine Pflicht zur ausführlichen Berichterstattung die Arbeitsbedingungen insbes. entlang von globalen Lieferketten zu verbessern. Es erfordert von betroffenen Unternehmen die Einhaltung von menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten und eine entsprechende Berichterstattung dazu. Als Basis dienten die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Inhaltlich sind abgestuft der eigene Geschäftsbereich und das Handeln von direkten Vertragspartnern, aber auch von mittelbaren Lieferanten auf den Einklang mit den Sorgfaltspflichten zu untersuchen.
Rz. 2
In der aktuell noch vorliegenden Fassung des LkSG muss diese Berichterstattung spätestens vier Monate nach Schluss des Geschäftsjahrs beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht werden. Betroffen sind Unternehmen mit mind. 3.000 Mitarbeitern seit dem Jahr 2023 und Unternehmen mit mind. 1.000 Mitarbeitern seit dem Jahr 2024. Das BAFA überwacht die Einhaltung des Gesetzes, erwartet also die Berichterstattung der Unternehmen und ist mit begrenzten Eingriffsbefugnissen ausgestattet. Der ursprünglich geforderte Bericht ist entlang eines typisierten Fragenkatalogs, der inhaltlich mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) abgestimmt wurde, über eine Online-Eingabemaske auf der Internetseite des BAFA zu veröffentlichen.
Rz. 3
Durch den aktuell vorliegenden Regierungsentwurf (RegE) eines Gesetzes zur Umsetzung der CSRD (§ 1 Rz 8) ist eine Erleichterung durch Zulässigkeit einer Ersetzung geplant. Danach kann bei entsprechender, noch ausstehender Umsetzung ein Unternehmen seinen Berichtspflichten zur Wahrung der Sorgfalt entlang der Lieferkette über den Nachhaltigkeitsbericht nachkommen. Der BAFA-Bericht wird durch den umfangreicheren, auch andere Berichtsanforderungen abdeckenden Nachhaltigkeitsbericht ersetzt. Ist ein Unternehmen in den Konzernnachhaltigkeitsbericht oder den konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht seines Mutterunternehmens einbezogen, ist es ausreichend, wenn das Mutterunternehmen diesen auf seiner Internetseite öffentlich zugänglich macht. Die Ersetzung ist allerdings nur dann möglich, wenn der Nachhaltigkeitsbericht in allen Belangen den gesetzlichen Anforderungen genügt. Das BAFA darf weiterhin prüfen, ob ein Unternehmen seine Berichtspflicht durch Bereitstellung eines Nachhaltigkeitsberichts erfüllt, und Berichte partiell analysieren; jedoch ist es dem BAFA nicht gestattet, den Lagebericht aus inhaltlichen Gründen zurückzuweisen bzw. Nachbesserungen am Bericht zu verlangen. Bei Nichteinhaltung der Berichtspflicht drohen Bußgelder und Sanktionen, einschl. des Ausschlusses von öffentlichen Aufträgen. Für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten kann aber auf bestehende Nachweise, auch auf solche, die auf einer Zertifizierung oder Prüfung beruhen, verwiesen werden.
Rz. 4
Für die inhaltliche Umsetzung der (Berichts-)Pflichten hat ein Unternehmen einen individuellen und kontinuierlichen Prozess, der regelmäßig zu prüfen und zu verbessern ist, zu entwickeln. Es gibt keinen Katalog an Anforderungen, der sich über das Ausfüllen einer Checkliste abschließend erfüllen ließe. Die Gesetzesbegründung verweist lediglich auf etablierte Leitfäden, die für die praktische Umsetzung als relevant herangezogen werden können. Die geforderte Berichterstattung nach dem LkSG setzt die Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements entlang der Lieferkette und die klare Benennung von Verantwortlichkeiten voraus. Es bedarf daher einer kontinuierlichen Risikoanalyse:
- Im eigenen Geschäftsbereich sowie bei direkten Vertragspartnern sind jene Bereiche zu identifizieren, die besonders hohe menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken bergen.
- In Bezug auf mittelbare Lieferanten ist eine Befassung geboten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die die Verletzung einer menschenrechts- oder einer umweltbezogenen Pflicht möglich erscheinen lassen.
Rz. 5
Für identifizierte Risiken sind geeignete präventive Maßnahmen über Vertragsklauseln oder, falls erforderlich, geänderte Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken zu treffen. Bestehenden Verletzungen ist über angemessene Maßnahmen zur Beendigung oder Minimierung dieser Risiken zu begegnen. Zudem ist entweder ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren einzurichten ...