Verzögerung bei nationaler CSRD-Umsetzung

In Deutschland und vielen anderen EU-Ländern stockt die nationale Umsetzung der CSRD. Welche Gründe gibt es für die Verzögerung? Welche Fristen gelten nun für Unternehmen, und was bedeutet das für ihre Planung? Alexander Hellwig beleuchtet die Entwicklungen und gibt Handlungsempfehlungen, wie Unternehmen Stolpersteine auf dem Weg zur Umsetzung der neuen Anforderungen meistern können.

Die CSRD hätte ursprünglich bis zum 6. Juli 2024 von den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Doch diese Frist wurde größtenteils verpasst – nicht nur in Deutschland, sondern auch in einigen anderen Ländern. Insgesamt haben bis Ende August 2024 nur zwölf der 30 betroffenen Staaten – darunter Dänemark, Finnland, Frankreich und Schweden – die Richtlinie vollständig in nationales Recht überführt. Die Mehrheit, darunter auch Deutschland, Italien und Spanien, befindet sich noch in der Entwurfsphase oder arbeitet an der finalen Umsetzung. Es gibt jedoch auch vereinzelt Länder, die weder einen Entwurf vorgelegt noch Konsultationen begonnen haben.

Warum verzögert sich die Umsetzung so stark?

In Deutschland liegt die Herausforderung unter anderem in der Komplexität der Richtlinie selbst. Die CSRD erfordert umfassende Anpassungen des deutschen Handelsgesetzbuchs und weiterer relevanter Gesetze. Besonders kontrovers war die Diskussion darüber, wer künftig die Nachhaltigkeitsberichte prüfen darf. Der ursprüngliche Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) vom 22. März 2024 sah noch verschiedene Optionen vor. Doch das Bundeskabinett entschied am 24. Juli 2024, dass ausschließlich Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zur Prüfung berechtigt sein sollen. Diese Entscheidung stieß auf großes Unverständnis, insbesondere bei Umweltgutachtern und anderen unabhängigen Prüfungsdienstleistern, die ebenfalls Interesse daran hatten, diese Rolle zu übernehmen.

Deutschland plant, das CSRD-Umsetzungsgesetz bis Ende 2024 zu verabschieden, sodass es zum 1. Januar 2025 in Kraft treten kann. Doch ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, bleibt unklar. Besonders betroffen sind Unternehmen, die bereits für das Geschäftsjahr 2024 nach den neuen Standards berichten müssen. Sie befinden sich aktuell in einer Phase der Rechtsunsicherheit, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen noch nicht abschließend geklärt sind und sie dennoch ihre Berichterstattung vorbereiten müssen.

Die Kerninhalte des CSRD-Umsetzungsgesetzes

Die Wahlrecht-Option der CSRD ermöglicht es den EU-Mitgliedstaaten, bestimmte Anpassungen bei der nationalen Umsetzung der Richtlinie vorzunehmen. Das betrifft unter anderem die Auswahl der Berichtsprüfer, die Konsolidierung von Tochtergesellschaften oder die Bestimmung von Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben. Während einige Länder diese Flexibilität nutzen, um die Richtlinie an ihre spezifischen nationalen Bedürfnisse anzupassen, hat sich Deutschland entschieden, die CSRD nahezu unverändert – also „1:1“ – umzusetzen. Damit soll vermieden werden, dass deutsche Unternehmen durch zusätzliche nationale Anforderungen mehr Aufwand betreiben müssen als ihre europäischen Wettbewerber.

Ein zentraler Punkt des deutschen Umsetzungsgesetzes ist die geplante Verknüpfung der CSRD mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Unternehmen, die nach den neuen europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) berichten, sollen damit automatisch die Berichtspflichten des LkSG erfüllen, um doppelte Offenlegungen zu vermeiden. Das für die Einhaltung des LkSG zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat beschlossen, dass Berichte für Geschäftsjahre vor dem 1. Januar 2024 entgegen der ursprünglich vorgesehenen Regelung bis zum 31. Dezember 2024 eingereicht werden können. Der Regierungsentwurf zur CSRD sieht zudem einen weiteren Aufschub bis zum 31. Dezember 2025 vor.

Zusätzlich gibt es spezifische Anpassungen, um Unternehmen weiter zu entlasten: Die Pflicht zur Erstellung eines separaten Prüfungsberichts für den Nachhaltigkeitsbericht wurde gestrichen, und die Anforderung für das „Digital Tagging“ – die maschinenlesbare Kennzeichnung von Berichten – wurde auf das Geschäftsjahr 2026 verschoben.

Der Regierungsentwurf muss zunächst noch vom Bundestag verabschiedet werden, hierbei kann es gegebenenfalls zu Änderungen kommen. Abschließend muss auch der Bundesrat noch zustimmen.

Stolpersteine auf dem Weg zur Umsetzung und Lösungsstrategien

Die Umsetzung der CSRD stellt Unternehmen vor eine Reihe von Herausforderungen. Eine der größten Hürden ist die enorme Komplexität der Berichterstattung. Die Richtlinie verlangt eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse, bei der Unternehmen 157 potenzielle Themen und über 1.000 Datenpunkte berücksichtigen müssen. Diese Analyse ist deutlich umfangreicher als die bisher geltenden Berichtspflichten des Lieferkettengesetzes (LkSG) und betrifft die gesamte Wertschöpfungskette. Unternehmen müssen daher frühzeitig mit der Datenerhebung und Einbindung aller wichtigen Stakeholder beginnen, um die erforderlichen Informationen bereitstellen zu können.

Ein weiteres Hindernis ist die Verfügbarkeit und Qualität der benötigten Daten. Besonders in komplexen Lieferketten kann es schwierig sein, vollständige und genaue Informationen zu erhalten. Unzureichende Daten können den gesamten Bericht unbrauchbar machen und das Unternehmen einem hohen Risiko aussetzen. Qualitätskontrollen und regelmäßige Prüfungen können ihren Beitrag leisten, noch besser ist es allerdings, auf maßgeschneiderte digitale Tools und Dienstleister zu setzen, die dem Unternehmen verlässlich aktuelle und korrekte Daten liefern und auswerten können.

Auch der hohe Zeitdruck stellt eine Herausforderung dar. Die Erstellung eines ESRS-konformen CSRD-Berichts kann bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen. Unternehmen sollten deshalb bereits möglichst früh mit der Planung beginnen und die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen bereitstellen. Automatisierte Prozesse und eine enge Zusammenarbeit zwischen Compliance-, Nachhaltigkeits-, und Finanzteams sowie weiteren Abteilungen sind unerlässlich, um den strengen Anforderungen der Richtlinie gerecht zu werden.

Chancen von CSRD und externem Know-how

Die CSRD-Berichtspflicht sollte von Unternehmen nicht nur als Last, sondern vielmehr als Chance begriffen werden. Nachhaltig zu wirtschaften, ist langfristig unerlässlich und kann eine Reihe positiver finanzieller Effekte mit sich bringen. Wer sich frühzeitig an die neuen Anforderungen anpasst, kann sich als Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit positionieren und dadurch bei Geschäftsbeziehungen und Ausschreibungen den Vorzug gegenüber Mitbewerbern erhalten. Große Unternehmen und Investoren legen zudem immer mehr Wert auf transparente und nachhaltige Geschäftspraktiken, was zu stärkeren Partnerschaften und besseren Finanzierungsmöglichkeiten führen kann.

Eine konsequente Umsetzung der CSRD kann Unternehmen völlig neue Einblicke in Risiken und Chancen des eigenen Geschäftsmodells und der gesamten Wertschöpfungskette liefern, und entscheidende Impulse für Innovation und eine zukunftsorientierte Unternehmensstrategie geben.

Sollte sich ein Unternehmen noch nicht mit den CSRD-Vorgaben beschäftigt haben, ist es höchste Zeit, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Am schnellsten geht das, wenn man sich das entsprechende Know-how von Spezialisten und entsprechende digitale Lösungen ins Haus holt, die die Arbeit erheblich erleichtern und effizienter gestalten. Sie sollten außerdem baldmöglichst damit beginnen, die Datenqualität für ihr Reporting zu prüfen, zu bereinigen und Primärdatenquellen zu eruieren. Beratungs- und Softwareunternehmen, die sich auf die Berichterstellung und das Lieferkettenmanagement in Bezug auf Nachhaltigkeit spezialisiert haben, können hierbei umfangreich unterstützen.


Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeitsberichterstattung, CSRD, ESRS