Rz. 16
Unternehmen stehen als Akteure in der Gesellschaft unter kontinuierlicher Beobachtung mit steigenden Anforderungen an die Berichterstattung. I. R. d. Nachhaltigkeitsmanagements spielt der Dialog mit Stakeholdern eine wichtige Rolle (siehe auch § 10B). Die Berichterstattung ist zugleich Quelle von Aktionen als auch Objekt der Begutachtung und Kritik. Die Interaktion mit Stakeholdern (§ 7 Rz 11, 31 ff.) gestaltet sich vielfältig, sowohl was die Stakeholder selbst angeht als auch die große Vielfalt an Aktionen, Taktiken und, damit eng verzahnt, Zielen und Interessen betreffend. Zudem ist zu unterscheiden zwischen eher kooperativer Interaktion und betont kritischer bis ablehnender Aktion.
Rz. 17
Stakeholder sind zusätzlich untereinander höchst unterschiedlich und divers, sowohl auf Gruppenebene also auch individuell. Es können daraus Dynamiken entstehen zwischen einzelnen Akteuren, die sich entweder für eine Sache verbünden oder kontroverse Positionen einnehmen. Der Dialog mit Stakeholdern steht im Wechselspiel zur Gesetzgebung, denn teilw. regelt die Gesetzgebung den Stakeholder-Dialog, teilw. geht er der Regulierung voraus, findet begleitend statt oder fordert eine spezifische Regulierung ein.
Entweder können bestehende Initiativen zur Einbeziehung von Stakeholdern (z. B. durch die Teams für Kommunikation, Investor Relations, Unternehmensführung, Vertrieb und Beschaffung) analysiert werden, oder es kann eine Bestandsaufnahme der betroffenen Stakeholder i. R. d. Tätigkeiten und Geschäftsbeziehungen des Unternehmens durchgeführt werden. Noch weitergehend können auf einer sehr detaillierten Ebene für jede Aktivität, jedes Produkt oder jede Dienstleistung einzelne Gruppen betroffener Stakeholder identifiziert werden, die für ein bestimmtes Nachhaltigkeitsthema priorisiert werden können.
Unternehmens-Stakeholder |
Staatliche Akteure |
Zivilgesellschaftliche Akteure |
Mitarbeiter |
Regierungen (lokal, Staaten, internationale Organisationen) |
Lokale Gemeinschaften |
Kunden, Kosumenten |
Public Private Partnerships (öffentlich-private Partnerschaften) |
Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) |
Banken und Versicherer |
Multi-Stakeholder-Dialoge |
Forschungseinrichtungen |
Aktionäre, Investoren, Analysten |
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Gewerkschaften |
Lieferanten |
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Vulnerable Gruppen |
Industrie- und Handelsverbände |
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Medien |
Wettbewerber |
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Charakteristika der Stakeholder-Dialoge unterscheiden sich z. B. in den gewählten Methoden und der Häufigkeit des Austauschs sowie den Themen und den Ergebnissen. Die einzelnen Gruppen können entweder betroffene Stakeholder, Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder beides sein. |
Tab. 2: Stakeholder-Gruppen
Rz. 18
Die ESRS teilen Stakeholder in 2 Gruppen ein: a) betroffene Stakeholder und b) Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wobei einige Stakeholder beiden Gruppen angehören können.
- Betroffene Stakeholder: Einzelpersonen oder Gruppen, deren Interessen durch die Aktivitäten des Unternehmens und seine direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen entlang der Wertschöpfungskette positiv oder negativ beeinflusst werden (könnten); und
- Nutzer von Nachhaltigkeitsberichten: Hauptnutzer der allgemeinen Finanzberichterstattung (z. B. bestehende und potenzielle Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger, einschl. Vermögensverwalter, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen) und andere Nutzer von Nachhaltigkeitsberichten, wie Geschäftspartner, Gewerkschaften und Sozialpartner, Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen, Regierungen, Analysten und Wissenschaftler.
Rz. 19
Es ist wichtig zu verstehen, welche Stakeholder durch die eigene Geschäftstätigkeit sowie durch vor- und nachgelagerte Teile der Wertschöpfungskette des Unternehmens beeinflusst werden können oder bereits beeinflusst werden. Ziel ist es, über Informationen zu berichten, von denen angenommen werden kann, dass sie, wenn sie ausgelassen, falsch dargestellt oder verschleiert werden, die Entscheidungen dieser Stakeholder auf der Grundlage der Nachhaltigkeitsberichterstattung beeinflussen könnten. Die Wesentlichkeit der Auswirkungen basiert auf den Auswirkungen auf Menschen oder die Umwelt, die wiederum die betroffenen Stakeholder des Unternehmens sind. Die Einbeziehung betroffener Stakeholder ist ein integraler Bestandteil des Prozesses der Wesentlichkeitsanalyse, um die Wesentlichkeit der Nachhaltigkeitsaspekte aus Sicht der betroffenen Stakeholder zu ermitteln. Dies kann dazu beitragen, das Ergebnis der Wesentlichkeitsbeurteilung zu bewerten, zu validieren und seine Vollständigkeit sicherzustellen.
Die ESRS schreiben kein bestimmtes Verhalten bei der Einbeziehung von Stakeholdern vor. Es wird jedoch empfohlen, eine aktive Einbindung zu gewährleisten und auch Studien und Literatur zu nutzen. Dies umfasst sowohl die interne Einbindung von Unternehmensbereichen und Mitarbeitern als auch die externe Einbindung von Nutzern der Nachhaltigkeitsberichterstattung und anderen Experten. Häufig werden Abteilungsvertreter stellvertretend für Stakeholder-Gruppen ein...