Rz. 42

Wie schon in der NFRD stellt die Wesentlichkeitsanalyse gem. CSRD/ESRS das "Herzstück" der Nachhaltigkeitsberichterstattung dar.[1] Allerdings finden sich mit den ESRS erstmals umfangreiche konkretisierende Vorgaben zu deren Durchführung und der darauf basierenden Ableitung von Inhalten der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Im Hinblick auf die (z. T. wohl unvermeidbaren) hohen Freiheitsgrade, die sich den berichtspflichtigen Unternehmen eröffnen, wird ein hoher Stellenwert auf die Vorgehensweise bzw. auf den Kontext gelegt, in dem die Wesentlichkeitsanalyse eingebettet ist.

 

Rz. 43

Internationalen Vorbildern – wie insbes. den GRI-Standards – folgend sehen die ESRS das Konzept der nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten – "(Sustainability) Due Diligence" – als Grundstein vor. Auf diesem baut der gesamte Prozess der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wie er im Folgenden skizziert wird, auf. Abb. 3 enthält eine Darstellung der Zusammenhänge zwischen jenen Inhalten, welche im Anschluss näher erörtert werden.

 
Hinweis

Fallbeispiele von fiktiven Unternehmen, wie eine Wesentlichkeitsanalyse auf den Grundsätzen der (Sustainability) Due Diligence umgesetzt werden kann, finden sich z. B. im "WWF Quick Guide" zur Wesentlichkeitsanalyse gem. CSRD und ESRS illustriert.[2] Aufgrund der Komplexität der Anforderungen, die an Unternehmen hinsichtlich ihrer Prozesse gestellt werden, empfiehlt sich darüber hinaus die Dokumentation in einem unternehmensinternen Handbuch. Hier kann eine bereits existierende "Bilanzierungsrichtlinie" als Orientierung dienen in puncto Aufbau und Umfang der adressierten Regelungsbereiche. Wird dieses Handbuch frühzeitig einer externen Prüfung (am besten durch den bestellten gesetzlichen Prüfer der Nachhaltigkeitserklärung) unterzogen, kann ein Unternehmen seine Vorgehensweisen frühzeitig absichern und somit zielgerichtet die einzelnen Prozessschritte durchlaufen.

Abb. 3: Verortung der Wesentlichkeitsanalyse im Kontext der Sustainability Due Diligence[3]

[1] Baumüller/Schönauer, PiR 2023, S. 88 ff. und S. 131 ff.
[2] Vgl. Baumüller/Mayr, WWF Quick Guide, 2023.
[3] Baumüller/Schönauer, PiR 2023, S. 93.

4.1 (Sustainability) Due Diligence

 

Rz. 44

Der Due-Diligence-Prozess eines Unternehmens im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte bildet das Fundament der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der damit verbundenen Wesentlichkeitsanalyse. Dies ergibt sich v. a. aus dem in ESRS 1 dargelegten Umstand, dass die durchzuführende Wesentlichkeitsanalyse auf den bereitgestellten Informationen der Due-Diligence-Prozesse des berichtspflichtigen Unternehmens basiert (ESRS 1.58).

 

Rz. 45

Allgemein kann die Due Diligence als ein fortlaufender Prozess angesehen werden, bei dem Unternehmen die tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschen i. V. m. ihren Wirtschaftsaktivitäten identifizieren, verhindern, mindern, wiedergutmachen und darüber Rechenschaft ablegen (ESRS 1.59). Dies umfasst sowohl die eigenen Geschäftstätigkeiten des Unternehmens als auch dessen Geschäftsbeziehungen, einschl. Produkte, Dienstleistungen und weitere Teile der Wertschöpfungskette. Die Due Diligence reagiert auf Veränderungen in der Strategie, dem Geschäftsmodell, den Aktivitäten und den Geschäftsbeziehungen des Unternehmens sowie auf den Betriebskontext, die Beschaffung und den Verkauf. "Sustainability" ist damit fest im Unternehmen zu verankern, organisatorisch und über alle Unternehmensbereiche hinweg, und kann damit keine bloße Randfunktion sein. Es braucht de facto eine institutionelle Verzahnung mit der Governance, dem Prozess der Ableitung einer Strategie und der Definition des Geschäftsmodells durch die Unternehmensleitung. Die gem. ESRS geforderte Nachhaltigkeitsberichterstattung ist somit mehr als eine bloße Berichtslegung – sie ist die Dokumentation einer laufenden Befassung des Unternehmens mit seinen Stakeholdern zu einem bestimmten (Berichts-)Stichtag.

 

Rz. 46

Die Elemente einer Due Diligence im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte (Sustainability Due Diligence) werden in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen beschrieben. Beide internationalen Instrumente dienen als Grundlage für den Due-Diligence-Prozess i. R. d. ESRS (ESRS 1.60). Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte wurden im Jahr 2011 verabschiedet und beinhalten 31 Prinzipien, die sich auf wirtschaftsbezogene Menschenrechte beziehen und sowohl an Staaten als auch an Unternehmen gerichtet sind.[1] Diese Prinzipien haben jedoch keine rechtlich bindende Wirkung. Ähnlich verhält es sich mit den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, die im Jahr 2018 durch den OECD-Leitfaden zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen aller Sektoren ergänzt wurden.[2] Die Kernaspekte der Due Diligence, vorgegeben durch die internationalen Instrumente, spiegeln sich in zahlreichen Begrifflichkeiten und Konzepten sowie in der gesamten Struktur der Angabepflichten der ESRS wider (Abb. 4).

Abb. 4: Kernelemente d...

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