Rz. 6

Der klassische Finanzbericht enthält sämtliche Informationen, die wesentlich sind, um die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens einschätzen zu können. Bei der integrierten Berichterstattung wird das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit angewendet, das durch die im November 2022 verabschiedete Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)[1] der EU präzisiert wird: Unternehmen sind demnach dazu verpflichtet, sowohl darüber zu berichten, wie sich Nachhaltigkeitsaspekte auf ihr Geschäftsergebnis, ihre Lage und ihren Geschäftsverlauf auswirken (Outside-in-Perspektive), als auch darüber, welche Auswirkungen diese Aspekte auf Mensch und Umwelt haben (Inside-out-Perspektive). Insofern stellt die Wesentlichkeitsanalyse die Basis für das weitere Vorgehen bei der Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen dar.

 

Rz. 7

Vor Beginn der Wesentlichkeitsanalyse steht die Definition der Stakeholder eines Unternehmens und ihres Einflusses auf das Unternehmen, entweder durch formale regulatorische Anforderungen oder durch berechtigte Erwartungshaltungen. In Zusammenarbeit mit Stakeholdern werden die wesentlichen, für das Unternehmen relevanten Nachhaltigkeitsaspekte ermittelt, bspw. durch Workshops und Interviews. Häufig werden die Ergebnisse dieser Nachhaltigkeitsanalyse in einer "Wesentlichkeitsmatrix" erfasst und auch i. R. d. externen Berichterstattung dargestellt und erläutert. Externe Berater oder Software-Tools[2] können bei der Erstellung dieser Wesentlichkeitsanalyse Hilfestellung leisten.

Abb. 1: BASF-Wesentlichkeitsprozess 2024 – schematische Darstellung

 

Rz. 8

Dabei gilt es – auch gem. den neuen Anforderungen der ESRS –, 2 Wesentlichkeitsdimensionen bei der Analyse zur Identifikation wesentlicher Themen für die Berichterstattung abzubilden:

  1. Auswirkungen durch das Unternehmen

    Geschäftsaktivitäten führen unweigerlich sowohl zu positiven als auch zu negativen Einflüssen auf Umwelt und Gesellschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um den positiven Beitrag zu erhöhen und die negativen Auswirkungen der Geschäftstätigkeiten zu minimieren, müssen Unternehmen die Auswirkungen ihres Handelns und ihrer Produkte besser verstehen.

    BASF erfasst bspw. Auswirkungen, Risiken und Chancen ihres unternehmerischen Handelns und bewertet u. a. Prozesse und Produkte entlang des gesamten Produktlebenszyklus durch unterschiedliche Bewertungsmethoden wie (Sozio-)Ökoeffizienz-Analysen, eine Methode zur Bewertung der Nachhaltigkeitsperformance sämtlicher Produkte und Anwendungen ("Sustainable Solution Steering") oder durch die Berechnung von Product Carbon Footprints. Darüber hinaus werden z. B. Investitionsprojekte frühzeitig und systematisch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte (u. a. Klimawandel, Biodiversität, Wasser, Menschenrechte oder lokale Gemeinschaften) bewertet. Ebenso werden Auswirkungen in der Lieferkette mit Fokus auf Hochrisikowertschöpfungeketten (basierend auf z. B. Länderrisiken/Industrierisiken) identifiziert.

    Aktuell fehlen allerdings noch einheitliche Standards zur Messung und monetarisierten Berichterstattung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Gesamtauswirkungen von Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. Deshalb hat das Unternehmen die Methode der "Value Balancing Alliance" gemeinsam mit externen Fachleuten erarbeitet. Anhand dieses methodischen Ansatzes können die Bedeutung finanzieller und nachhaltigkeitsbezogener Auswirkungen der Geschäftstätigkeit von Unternehmen auf die Gesellschaft miteinander verglichen und ihre Wechselwirkungen aufgezeigt werden.

    Um diesen global anerkannten Rechnungslegungs- und Berichtsstandard zu entwickeln, der die gesellschaftlichen Wertbeiträge von Unternehmen sichtbar und vergleichbar macht, wurde die industrieübergreifende Initiative "value balancing alliance e. V." (VBA) durch BASF mitgegründet (§ 8 Rz 211 ff.▪).

    Monetarisierte Ergebnisse solcher Valuation-Methodologien veranschaulichen positive Beiträge und negative Auswirkungen sowohl beim operierenden Unternehmen selbst als auch in den zugehörigen Wertschöpfungsketten. Diese Ergebnisse können sowohl bei der Erstellung einer Wesentlichkeitsanalyse nach dem "double materiality"-Ansatz helfen als auch bei Bewertungsprozessen in der Unternehmenssteuerung unterstützend einfließen. Ebenso kann diese Methode Unternehmen ermöglichen, Angabeanforderungen bei der ESRS-Implementierung zu sog. "anticipated financial effects" zu berechnen und entsprechend zu berichten.

    Zu beachten ist, dass eine Monetarisierung der Auswirkungen bei einigen ESG-Themen nach aktuellem Stand entweder methodisch oder auch aus ethischen Gründen nicht angestrebt werden sollte (z. B. im Themenkomplex Menschenrechte). Diese können über sog. "Expert Judgement" in die Bewertung einbezogen werden.

     
    Hinweis

    Positive Auswirkungen können bspw. gezahlte Steuern, Löhne, Sozialleistungen, die Ausbildung von Mitarbeitenden sowie der Nettogewinn sein. Negative Beiträge ergeben sich z. B. aus Auswirkungen auf die U...

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