Operative Herausforderungen ergeben sich durch das im Rahmen des CBAM geltende Nämlichkeitsprinzip insbesondere für beispielsweise die chemische Industrie und verwandte Branchen: Treibhausgasemissionen müssen spezifisch den CBAM-relevanten Produkten zugeordnet werden. Wenn auf Transportwegen identische Produkte mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck vermischt werden oder ein Hersteller identische Vorprodukte mit verschiedenen Treibhausgasemissionen verwendet und diese, wie in der Praxis durchaus üblich, in einem gemeinsamen Lagertank oder Lagerstätte gelagert werden, sind präzise Kalkulationen kaum möglich.
Massenbilanzierungsmethode statt Durchschnittswerte
Auch wenn es hierfür keine spezifischen Lösungsansätze seitens der EU-Kommission gibt, können Importeure in diesen Fällen nicht einfach auf Durchschnittswerte zurückgreifen, sondern eine Art „Massenbilanzierungsmethode“ kommt zum Einsatz. Bei der Ermittlung der Gesamtemissionen, die in einer Fertigungsstätte verursacht werden, werden nach der CBAM-Logik sowohl direkte Emissionen berücksichtigt, die beispielsweise bei der Erzeugung von Wärme und Kälte entstehen, als auch indirekte Emissionen, die durch die Erzeugung des verwendeten Stroms verursacht werden. Zudem fließen die Emissionen der CBAM-relevanten Vorprodukte in die Gesamtbetrachtung mit ein. Stammen diese Vorprodukte von verschiedenen externen Lieferanten mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck, fließen ihre spezifischen Werte in die Gesamtkalkulation ein. Die finalen Gesamtemissionen einer Fertigungsstätte werden dann auf einzelne Fertigungslinien und CBAM-relevante Produkte heruntergebrochen. Mithilfe dieser Massenbilanzierungsmethode ergibt sich für jedes spezifische CBAM-Produkt ein spezifischer CO2-Emissionswert, der im Rahmen der CBAM-Quartalsberichterstattung heranzuziehen ist.
Worst-Case-Ansatz als Alternative zu zertifizierten Ist-Werten
Sind Importeure jedoch nicht in der Lage, zwischen den Produkten zu unterscheiden und einen Nachweis zu den tatsächlichen Emissionen zu erbringen, greift ein Worst-Case-Ansatz, bei dem der ungünstigste Emissionswert für die Berichterstattung herangezogen wird. Ähnlich verhält es sich später in der Emissionshandelsphase. Hier wird die EU-Kommission länder- und produktspezifische Defaultwerte festlegen – ebenfalls auf einem Worst-Case-Ansatz basierend –, die als Alternative zu zertifizierten Ist-Werten verwendet werden können. Die Massenbilanzierungsmethode bleibt in ihrer jetzigen Form auch dann bestehen, doch sind die Kalkulationsergebnisse dann zwangsläufig durch einen unabhängigen Sachverständigen zu verifizieren und zertifizieren.