Das Thema CSR hat erst im Frühjahr 2008 Bedeutung für die Politik in Deutschland gewonnen. Im gleichen Jahr formierte sich unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ein nationales CSR-Forum mit dem Ziel der Entwicklung einer nationalen CSR-Strategie. Am 6.10.2010 wurde vom Bundeskabinett die nationale Strategie zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschlossen, der sog. "Aktionsplan CSR" der Bundesregierung.
Der "Aktionsplan CSR" der Bundesregierung offerierte ein gemeinsames Verständnis darüber, worin die Aufgaben von CSR für deutsche Unternehmen zu sehen waren. Grundlage dieses Verständnisses war die Grünbuch Definition (vgl. Punkt 1.2).
Verantwortung Deutscher Unternehmen (Nationales CSR Forum)
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair behandeln, fördern und beteiligen,
- mit natürlichen Ressourcen schonend und effizient umgehen,
- darauf achten, in der Wertschöpfungskette – in ihrem Einflussbereich – sozial und ökologisch verantwortungsvoll zu produzieren,
- Menschenrechte und die ILO-Kernarbeitsnormen wahren und einen Beitrag leisten, sie international durchzusetzen,
- einen positiven Beitrag für das Gemeinwesen leisten,
- verstärkt in Bildung investieren,
- kulturelle Vielfalt und Toleranz innerhalb des Betriebs fördern,
- für einen fairen Wettbewerb eintreten,
- Maßnahmen zur Korruptionsprävention fördern,
- Transparenz hinsichtlich ihrer Unternehmensführung herstellen,
- Verbraucherrechte und Verbraucherinteressen achten.
Mit der nationalen CSR-Strategie hob die Bundesregierung schließlich auf die folgenden Zielsetzungen ab:
Ziele der nationalen CSR-Strategie (2010)
- CSR in Unternehmen, insbes. KMU, stärker verankern
- Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit von CSR erhöhen
- Integration von CSR in Bildung, Qualifizierung, Wissenschaft und Forschung
- Stärkung von CSR in internationalen und entwicklungspolitischen Zusammenhängen
- Beitrag von CSR zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen
- Weiterentwicklung eines CSR-förderlichen Umfelds
In den folgenden Jahren hat die Diskussion um CSR, nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Sensibilisierung in Politik und Gesellschaft für ökologische und soziale Probleme, stark zugenommen. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen wurden 2011 erstmals überarbeitet und die Vereinten Nationen veröffentlichten im selben Jahr die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Die Leitprinzipien der UN, die überarbeiteten OECD-Leitlinien sowie das veränderte Verständnis von "CSR" innerhalb der EU führten – flankiert von Schlagzeilen in Bezug auf Umweltverschmutzung und vor allem katastrophalen Arbeitsbedingungen in den Lieferketten – zu einer erstarkenden Diskussion um unternehmerische Sorgfaltspflicht (Due Diligence). Die Bundesregierung reagierte hierauf mit einem Nationalen Aktionsplan Menschenrechte (NAP 2016). Dieser nahm Unternehmen in die Pflicht, besondere Sorgfalt bei der Auswahl und beim Management der Beziehungen mit Zulieferbetrieben walten zu lassen, um zu vermeiden, dass sie selbst zum Mittäter von Menschenrechtsverletzungen werden, indem sie – bspw. durch die auf diesem Wege von Zulieferern erreichbaren geringen Herstellungskosten – einen wirtschaftlichen Vorteil daraus ziehen. Da der NAP aber auf Freiwilligkeit beruhte und nur von wenigen Betrieben mit Leben gefüllt wurde, erließ die Bundesregierung schließlich 2021 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, LkSG – ). Dieses Gesetz ist für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden verpflichtend und sieht neben einer Reihe von Management- und Corporate Governance-Aufgaben auch eine Berichtspflicht vor. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert die Einhaltung des LkSG und kann im Falle von Nichteinhaltung Zwangs- und Bußgelder verhängen sowie Unternehmen vom öffentlichen Vergabesystem ausschließen (LkSG 2021). Die EU legte 2022, basierend auf dem deutschen LkSG, einen Richtlinienentwurf (Corporate Sustainability Due Diligence Directive [CSDDD], sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) vor, welcher zwar ähnliche Ziele fokussiert, jedoch eine Ausweitung der betroffenen Unternehmen vorsieht, das Thema Umwelt stärker fokussiert und auch weitreichendere Anforderungen an Sorgfaltspflichten formulierte. Ende 2023 erzielten die europäischen Institutionen einen Konsens, was die finale Ausgestaltung des Gesetzes anging, und eine Verabschiedung rückte in greifbare Nähe, bis auf den letzten Metern Deutschland auf Betreiben der Regierungspartei FDP ein Veto einlegte und grundlegende Änderungen, insbes. beim Thema Haftungsansprüche gegenüber Unternehmen, forderte.
Wie in diesem Abschnitt deutlich wird, sind zentrale Inhalte von CSR während der letzten Jahre zunehmend Gegenstand von Gesetzen geworden, was den in der Vergangenheit häufig ins Zentrum gestellten freiwilligen Charakter von CSR als Ausdruck ethischer Selbstverpflichtung von Unternehmen zunehmend zu verdrängen scheint. Gleichwohl hat diese Entwick...