Zusammenfassung
Der Klimawandel kommt nicht. Er ist da. Die Auswirkungen auf Beschäftigung und konkrete Ausgestaltung der Arbeitsplätze ist enorm. Auch arbeitsrechtlich wird sich Klimaveränderung auswirken. Nicht nur für die geschätzt 2–3 Millionen Arbeitsplätze "unter freiem Himmel", auch auf die klassischen Büro- und Fabrikarbeitsplätze wird sich dies auswirken. Hitzesommer setzen vielen Berufsgruppen zu: vom Dachdecker bis zum heißen Homeoffice, vom "gelben Engel" des ADAC, der am Straßenrand sich um das liegen gebliebene Fahrzeug kümmert bis hin zum Fabrikarbeitsplatz. Es geht nicht nur um die UV-Belastung durch das dauerhafte Ausgesetzt sein der Sonneneinstrahlung, es geht auch um temporäre Gefährdung und um die körperliche Beeinträchtigung durch Hitze. Prävention bekommt eine neue Dimension. Die Arbeitgeberpflichten im Arbeitsschutz erhalten daher neue Bedeutung und Gewicht. Auch arbeitsrechtlich stellen sich neue Fragen: Was ist, wenn bei Extremwetter die Arbeitsleistung unmöglich wird, wenn Straßensperrungen die Anfahrt zum Arbeitsplatz erschweren oder wenn Hab und Gut gefährdet sind, ist dann eine Arbeitsaufnahme zumutbar? Auch der arbeitsmedizinische Bereich muss neu überprüft werden: Krankheitserreger, die bei milden Wintern überleben, Zecken und andere Gesundheitsgefahren bis hin zu Kreislaufthemen und Folgewirkungen der UV-Einstrahlung. Das Bündel an Folgewirkungen ist breit gefächert und bedarf sorgfältiger Analyse.
1 Einordnung der Hitzewirkung auf die Arbeitsfähigkeit
Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit des Planeten, stellt der Weltklimarat (IPCC) in seiner Meldung vom 20.3.2023 fest. Der Begriff des "Wohlbefindens" hat eine arbeitspolitische Bedeutung. Wohlbefinden als Übereinstimmung mit gesundheitlichem Wohlbefinden, ausreichender Qualifizierung und einer wohlwollenden Führungsbeziehung ermöglicht die individuelle Leistungsfähigkeit.
Eine klimagesunde Setting-Prävention und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz sind daher notwendig, um auch bei Hitzeperioden die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Dies gilt vor allem für sogenannte vulnerable Gruppen. Das sind Menschen mit einer medizinisch indizierten Vorerkrankung, Kreislaufproblemen und gilt außerdem für Schwangere, ältere Menschen und körperliche Einschränkungen, die eine Empfindlichkeit bei Hitze steigen lassen.
Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) muss darauf reagieren und die Angebotsformen von der verpflichtenden arbeitsmedizinischen Untersuchung bis hin zu freiwilligen Angeboten überprüfen. Dazu gehören präventive Maßnahmen aber auch die Behandlung von Folgewirkungen bis hin zu Impfangeboten und die Überprüfung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA), etwa bei Arbeitsplätzen mit UV-Einstrahlung.
Ein klimasensibles Wiedereingliederungsmanagement berücksichtigt dabei die medizinischen Anforderungen durch Hitze und ermöglicht eine persönliche Arbeitsumgebung, die Beeinträchtigungen reduziert und Arbeitsfähigkeit ermöglicht.
2 Meteorologische und Arbeitswissenschaftliche Fakten
Zunächst sind die betrieblichen Akteure aufgefordert, die Faktenlage zu identifizieren, um eine professionelle Behandlung des Themas zu gewährleisten. Arbeitsmediziner, Fachkraft für Arbeitsschutz, der Personalbereich, aber auch der Betriebsrat sind Handelnde im betrieblichen Kontext. Es bietet sich an, in der Personalpraxis einen "Klimastab" oder eine "Arbeitsgruppe Klima" einzurichten, um die unterschiedlichen Aspekte zu erfassen, Maßnahmen zu bewerten und die Umsetzung zu steuern. Die unterschiedlichen Disziplinen müssen hier zusammenarbeiten, um medizinische, arbeitswissenschaftliche und personalpolitische Aspekte zu vereinen.
2.1 Meteorologische Definitionen und Temperaturvorgaben
Hitze ist zwar zunächst ein subjektives Empfinden. Gleichwohl gibt es meteorologische Definitionen. Ein "Sommertag" ist ein Tag mit Temperaturen größer 25 Grad Celsius. Ein "Hitzetag" ist ein Tag mit Temperaturen größer 30 Grad Celsius. Eine "Tropennacht" liegt dann vor, wenn die Temperatur nachts nicht unter 20 Grad Celsius absinkt. "Hyperthermie" bezeichnet die medizinische Auswirkung durch Hitze, die bis zum Tod führen kann. Weltweit werden verschiedene Zahlen genannt, die eine höhere Sterbensrate bei Hitzewellen dokumentieren.
Die Raumtemperatur ist die den Menschen umgebende und vom Menschen empfundene Temperatur. Sie wird u. a. durch die Lufttemperatur und die Temperatur der umgebenden Flächen (insbesondere Fenster, Wände, Decke, Fußboden) bestimmt.
Die Lufttemperatur ist die Temperatur der den Menschen umgebenden Luft ohne Einwirkung von Wärme- und Sonneneinstrahlung.
Ein Klimasummenmaß ist eine Zusammenfassung von mehreren Klimagrößen wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit (kurz Luftfeuchte), Luftgeschwindigkeit und Wärmestrahlung. Als gefühlte Temperatur wird das Temperaturempfinden eines Menschen bezeichnet, das neben der Lufttemperatur auch von der Luftfeuchte, dem Wind und der Einstrahlung abhängt, die das subjektive Empfinden zu einer abweichend...