Dominik Bär, Prof. Roland Roth
Mit der Verabschiedung der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" durch die Vereinten Nationen am 10.12.1948 wurde eine wichtige Konsequenz aus den Katastrophen des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts gezogen. Dieses "Nie wieder!" gab den Impuls zu weiteren regionalen und thematischen menschenrechtlichen Pakten und Abkommen, die sich inzwischen zu einem UN-Menschenrechtssystem verdichtet haben. Im Jahr 1989 kam die "Konvention über die Rechte des Kindes" hinzu. Sie unterstreicht, dass auch junge Menschen unter 18 Jahren, also bevor ihnen die vollen Bürgerrechte zugebilligt werden, Träger von Menschenrechten sind. Gleichzeitig bedürfen Kinder auch eines besonderen Schutzes, sie sollten bestmöglich gefördert werden und in allen gesellschaftlichen Angelegenheiten, die sie betreffen, eine Stimme haben und gehört werden. Fast alle Staaten der Welt sind dieser Konvention beigetreten. Seit 1992 sind die zahlreichen Normen der Kinderrechtskonvention auch in Deutschland geltendes Recht, wenn auch uneingeschränkt erst mit der Rücknahme der Vorbehaltserklärung seit 2010.
Allerdings ist die Erklärung von Menschen- und Kinderrechten nicht mit ihrer Verwirklichung zu verwechseln. Gerade in jüngerer Zeit stehen Menschenrechte international verstärkt unter Druck und werden massiv verletzt. Die wachsende Zahl autoritärer Regime, die in der Regel die UN-Konventionen unterzeichnet haben, aber ihre zentralen Werte mit Füßen treten, muss Besorgnis erregen.
Dennoch sind Fortschritte in zahlreichen Ländern und in verschiedenen Dimensionen der Kinder- und Menschenrechte unverkennbar – auch wenn die gravierenden Unterschiede zwischen der OECD-Welt und dem globalen Süden, aber auch zwischen prosperierenden und "abgehängten" Quartieren und Regionen in Deutschland nach wie vor erheblich sind. Dass Kinderrechte es verstärkt auf die politische Agenda schaffen, ist ein gutes Zeichen.
1.1 Aktuelle Herausforderung: Corona-Pandemie
Millionen von Kindern sind weltweit von der aktuellen Corona-Pandemie und der mit ihr einhergehenden "neuen Normalität" auf vielfältige Weise gefährdet. Nach ersten Erfahrungen sind in Deutschland junge Menschen gesundheitlich zwar weniger gefährdet als Ältere. Dennoch gehen von der Pandemie zahlreiche Gefährdungen für die Rechte von Kindern aus: von der zentralen gesundheitlichen Unversehrtheit, über das Recht auf Bildung bis zum gemeinschaftlichen Draußenspielen. Während Familien durch die rasante Ausbreitung von Covid-19 vor Herausforderungen in Bezug auf ihre strukturellen, finanziellen und sozialen Ressourcen gestellt wurden, sind Kinder und Jugendliche aufgrund des Mangels an Alltagsroutine, räumlicher Vielfältigkeit und Beziehungspflege zu Gleichaltrigen oder anderen bedeutsamen Bezugspersonen mit einer Vielzahl an Kinderrechtsverletzungen konfrontiert.
Für Kommunen ist es schwierig, ihrer Pflicht zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention nachzukommen, da zahlreiche Angebote für junge Menschen eingestellt wurden und der Kontakt abriss. Es ist nun an den Kommunen, Konzepte zu erarbeiten, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu sichern und auf weitere Infektionswellen oder andere kommende Krisen vorbereitet zu sein.
In die anstehende Debatte über neue lokale Pandemiepläne finden die Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen nur mancherorts Eingang. Die entspanntere Lage über den Sommer 2020 wurde nicht systematisch genutzt, um Konzepte für die Sicherung der Kinderrechte, zum Beispiel auf Bildung, Gesundheit und Spiel zu entwickeln. Dabei sollte ihre Stimme zu hören selbstverständlich sein, wenn es darum geht, bessere, kinderrechtlich sensible Antworten auf Pandemien in Gegenwart und Zukunft zu finden.
1.2 Aktuelle Herausforderung: Klimakrise
Wie sehr die gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen und Verwirklichung von Kinderrechten zu einer alltäglichen Herausforderung geworden ist, macht auch die Klimakrise deutlich. Hatten Kinder und Jugendliche im Lockdown kaum Chancen auf ihre Situation aufmerksam zu machen und eigene Ideen zur Gestaltung der "neuen Normalität" beizutragen, so haben sie dies in spektakulärer Weise seit einigen Jahren in der Klimapolitik gemacht. Es gibt wohl keine weltweite Protestbewegung der letzten Jahre, die so starke mediale Aufmerksamkeit erfahren hat wie Fridays for Future.
Angesichts der enormen Beteiligung an der Bewegung in Deutschland spricht die aktuelle Sinus-Jugendstudie von einem Paradigmenwechsel: "Die ab den 1980er-Jahren gewachsene und zunehmend leidenschaftsloser ge...