Dr. Christian Ante, Dipl.-Verww. (FH) Markus Bührer
Bevor über Lösungsansätze der eingangs geschilderten Problematik in Kommunalpolitik und kommunalen Finanzen nachgedacht werden kann, muss der Istzustand analysiert werden.
2.1 Demokratie als Allokationsmechanismus
Der demokratische Allokationsmechanismus ist letztendlich eine Mehrheitsentscheidung, die direkt durch den Bürger oder indirekt durch gewählte Politiker getroffen werden. Ziel ist es, die größtmögliche Wohlfahrt zu erreichen. U. a. wird am demokratischen Allokationsmechanismus kritisiert, dass Kosten und Nutzen einer Entscheidung ggf. nicht richtig berücksichtigt werden und das Ziel der größtmöglichen Wohlfahrt damit verfehlt wird. Es gibt eine Vielzahl von Gründen für suboptimale Policies. Die kritische Theorie der Demokratie setzt sich damit auseinander. 2 wichtige Ursachen liegen in folgenden 2 Punkten begründet:
2.1.1 Informationsproblem
Die aktuellen Präferenzen aller Bürger sind den Politikern kaum bekannt bzw. können es kaum sein. Dies liegt am Problem der großen Zahl begründet, weil kein Politiker mit allen Wählern direkt kommunizieren kann. Eine Kommunikation findet neben direkten Kontakten im Einzelfall über Wahlprogramme statt. Selbst wenn Wahlprogramme 1:1 umgesetzt werden würden, besteht hier zusätzlich die Problematik, dass Policies gebündelt formuliert sind. D. h., je konkreter und umfangreicher ein Wahlprogramm gestaltet ist, desto größer dürfte die Wahrscheinlichkeit sein, dass einzelne Maßnahmen enthalten sind, die man als Wähler nicht befürwortet. Somit bleibt nur die Möglichkeit, das "geringste Übel" zu wählen.
Der Politiker selbst weiß zudem nicht, von wem er das Mandat erhalten hat und welche Einzelmaßnahmen seinen Wählern wichtig sind. Somit sind repräsentativ gefasste Entscheidungen immer mit der Unsicherheit behaftet, nicht dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung zu entsprechen.
Allerdings kann das Informationsproblem auch beim Bürger selbst bestehen. Kosten und Nutzen einer Entscheidung können falsch eingeschätzt oder unzureichend berücksichtigt werden. Insbesondere wenn der Nutzen zeitnah und die Kosten erst in ferner Zukunft anfallen, scheint es in der Natur des Menschen zu liegen, den Nutzen hoch und die Kosten niedrig zu bewerten und damit zu einer verzerrten Einschätzung seiner Präferenzen zu kommen. Die Gefährdung unserer Umwelt resultiert daraus, dass umgekehrt die Kosten zeitnah und der Nutzen (ausbleibender Schaden) erst in der Zukunft zum Tragen kommen und damit zu wenig berücksichtigt werden.
Ein großes Problem stellt die indirekte Finanzierung vieler öffentlicher Leistungen über Steuern dar. Wenn der Bürger nicht weiß, was ihn eine öffentliche Leistung tatsächlich kostet, kann er keine seinen wirklichen Präferenzen entsprechende Entscheidung treffen.
2.1.2 Motivationsproblem
Selbst wenn das Informationsproblem nicht bestehen würde, ist noch nicht sichergestellt, dass entsprechend gehandelt wird. Zwar wird in der Theorie davon ausgegangen, dass Politiker aus Interesse am Machterhalt im Kampf um Wählerstimmen die Interessen ihrer Wähler tatsächlich umsetzen. In der Realität kann es aber durchaus sein, dass die gewählten Repräsentanten die Präferenzen ihrer Wähler ignorieren. Beispielsweise, weil sie aus ideologischen oder persönlichen Überzeugungen anders handeln. Der Bürger hingegen kann sich individuell rational verhalten und trotzdem die Gemeinschaft schädigen, wie die Tragik der Allmende illustriert.
Ein zentrales Problem, das im Zusammenhang mit dem Motivationsproblem und dem politischen Wettbewerb steht, ist die Verschuldung. Im Wege der Verschuldung ist es möglich, Kosten überwiegend in die Zukunft zu verlagern. Der Nutzen der durch Schulden finanzierten öffentlichen Leistung fällt hingegen sofort an. Im Kampf um Wählerstimmen kann es darum für Politiker umso verlockender sein, der Versuchung einer Schuldenfinanzierung öffentlicher Leistungen zu erliegen.
2.2 Besonderheiten der baden-württembergischen Kommunalpolitik
Demokratien und mit ihnen der demokratische Allokationsmechanismus können unterschiedlich ausgestaltet sein. Gleiches gilt für die Kommunalverfassungen, obwohl die Gemeinden als Selbstverwaltungskörperschaften und damit als Teil der Exekutive verstanden werden, übt der Gemeinderat aus dem Blickwinkel der Bürger die Rolle eines Gemeindeparlaments aus. Die baden-württembergische Gemeindeordnung mit dem Gemeinderat als Hauptorgan und einem direkt gewählten Bürgermeister bildete zusammen mit der bayerischen die Kategorie der "Süddeutschen Ratsverfassung", deren Element zunehmend von anderen Bundesländern übernommen wurden.
2.2.1 Polity der baden-württembergischen Kommunalverfassung
Grundsätzlich kann zwischen präsidentieller und parlamentarischer Demokratie unterschie...