Zusammenfassung

 
Überblick

Wie ist es um den Begriff und die Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Kommunalpolitik und den kommunalen Finanzen momentan bestellt? Und was sind mögliche Lösungsansätze für ein nachhaltigeres Wirtschaften in genau diesen Bereichen?

Der Beitrag geht hierbei auf die Umsetzung des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts (NKHR), den Begriff der Konnexität, der direkten Demokratie und der Schuldenbremse ein.

1 Einleitung und Problemlage

Politische Ordnungen benötigen für ihren Fortbestand Akzeptanz. Akzeptanz legitimiert politische Strukturen (polity), Prozesse (politics) und Politikinhalte (policy). Diese Legitimation kann eine politische Ordnung auf der Input- oder Output-Seite generieren. Bei der Input-Dimension stehen Beteiligung, Mitwirkung und die Entwicklung einer bestimmten Politik im Fokus, bei der Output-Dimension das konkrete Politikergebnis und seine Wirkungen.

So wird beispielsweise eine Entscheidung des Gemeinderats als legitim betrachtet (Input-Dimension), weil die ordentlich gewählten Repräsentanten[1] in einem vorgegebenen, möglichst transparenten Rahmen[2] diese für die Bürgerschaft[3] getroffen haben. Nicht minder wichtig ist aber auch das konkrete Politikergebnis, d. h. der Gemeinderatsbeschluss selbst (Output-Dimension). Die Bürger erwarten ein "gutes" Politikergebnis, wobei diese Wertung durchaus subjektiv ist. Gesetzliche Vorgaben, Rechtmäßigkeit[4], das Wohl der Gemeinde[5] sowie stetige Aufgabenerledigung und Wirtschaftlichkeit[6] bilden hierfür den Rahmen.

Trotz Einhaltung der ausgeführten demokratischen Spielregeln gibt es in der Bevölkerung eine Unzufriedenheit sowohl mit den politischen Beteiligungsmöglichkeiten als auch mit konkreten Politikergebnissen. Dadurch wird sowohl die Input-Legitimation als auch die Output-Legitimation unserer demokratischen Ordnung infrage gestellt. Auch die baden-württembergische Gemeindeordnung, obwohl Vorbild für viele andere Kommunalverfassungen, kann sich dieser Problemstellung nicht entziehen. Sei es, weil vonseiten der Bevölkerung mehr direkte Mitsprache eingefordert wird oder weil die Anforderungen an die Kommunen größer und deren finanzielle Möglichkeiten in den nächsten Jahren mit diesen nicht einhergehen werden.

2 Analyse des Istzustands

Bevor über Lösungsansätze der eingangs geschilderten Problematik in Kommunalpolitik und kommunalen Finanzen nachgedacht werden kann, muss der Istzustand analysiert werden.

2.1 Demokratie als Allokationsmechanismus

Der demokratische Allokationsmechanismus[1] ist letztendlich eine Mehrheitsentscheidung, die direkt durch den Bürger oder indirekt durch gewählte Politiker getroffen werden. Ziel ist es, die größtmögliche Wohlfahrt zu erreichen[2]. U. a. wird am demokratischen Allokationsmechanismus kritisiert, dass Kosten und Nutzen einer Entscheidung ggf. nicht richtig berücksichtigt werden und das Ziel der größtmöglichen Wohlfahrt damit verfehlt wird. Es gibt eine Vielzahl von Gründen für suboptimale Policies. Die kritische Theorie der Demokratie setzt sich damit auseinander.[3] 2 wichtige Ursachen liegen in folgenden 2 Punkten begründet:

[1] Vgl. Röck, Versorgung und Preisbildung durch Markt-Macht-Staat. Allokationstheorien und Allokationspolitik unter besonderer Berücksichtigung der Kommunen. 2., völlig neu bearb. Aufl. 1995, S. 141–150.
[2] Vgl. § 1 Abs. 2 GemO.
[3] Vgl. Schmidt, Demokratietheorien, eine Einführung, 6. Auflage, 2019, S. 267–281 .

2.1.1 Informationsproblem

Die aktuellen Präferenzen aller Bürger sind den Politikern kaum bekannt bzw. können es kaum sein. Dies liegt am Problem der großen Zahl begründet, weil kein Politiker mit allen Wählern direkt kommunizieren kann. Eine Kommunikation findet neben direkten Kontakten im Einzelfall über Wahlprogramme statt. Selbst wenn Wahlprogramme 1:1 umgesetzt werden würden, besteht hier zusätzlich die Problematik, dass Policies gebündelt formuliert sind. D. h., je konkreter und umfangreicher ein Wahlprogramm gestaltet ist, desto größer dürfte die Wahrscheinlichkeit sein, dass einzelne Maßnahmen enthalten sind, die man als Wähler nicht befürwortet. Somit bleibt nur die Möglichkeit, das "geringste Übel" zu wählen.

Der Politiker selbst weiß zudem nicht, von wem er das Mandat erhalten hat und welche Einzelmaßnahmen seinen Wählern wichtig sind. Somit sind repräsentativ gefasste Entscheidungen immer mit der Unsicherheit behaftet, nicht dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung zu entsprechen.

Allerdings kann das Informationsproblem auch beim Bürger selbst bestehen. Kosten und Nutzen einer Entscheidung können falsch eingeschätzt oder unzureichend berücksichtigt werden. Insbesondere wenn der Nutzen zeitnah und die Kosten erst in ferner Zukunft anfallen, scheint es in der Natur des Menschen zu liegen, den Nutzen hoch und die Kosten niedrig zu bewerten und damit zu einer verzerrten Einschätzung seiner Präferenzen zu kommen. Die Gefährdung unserer Umwelt resultiert daraus, dass umgekehrt die Kosten zeitnah und der Nutzen (ausbleibender Schaden) erst in der Zuku...

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