Trotz aller kleinen oder auch großen Erfolge auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, bleiben Rückschläge bei Veränderungsprozessen nicht aus.
Das hat z. B. auch der Inhaber eines Hotels mit 2 Restaurants und seinen 43 Mitarbeitern feststellen müssen, der mit Bio-Gerichten auf der Speisekarte bei seinen Gästen punkten wollte. Im Gespräch berichtet er: "Wir waren bis vor etwa 1,5 Jahren mit unserer Gastronomie biozertifiziert."
Die Bio-Zertifizierung hat zur Folge, dass jährliche Überprüfungen stattfinden, die Geld kosten. Der Kontrolleur kommt unangemeldet und schaut sich von den Lieferscheinen, den Belegen bis hin zu Rezepturen und Speisekarte alles genau an. "Das alles ist ein ziemlicher Aufwand und wenn dann etwas nicht passt, kann es Strafen bis in den fünfstelligen Bereich geben", berichtet der Inhaber.
Dann kam der Tag, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Es ging um einen Bio-Obatzda, einen traditionellen bayrischen Brotzeit-Aufstrich. "Klassischerweise gehört da auch ein Schluck Bier rein. Wir haben dazu ein namhaftes regionales Bier, direkt aus der Nähe, genommen." Der Haken: es war kein zertifiziertes Bio-Bier und damit waren eine Rüge und Strafe fällig.
In diesem Moment entschied der Inhaber, die teure Bio-Zertifizierung aufzugeben. Denn an dem ganzen System findet er aberwitzig, dass Bio-Produkte auch weit her aus dem Ausland kommen können und er nicht wisse, nach welchen Kriterien dort gearbeitet werde. Sein Regionalbier sei nicht "nachhaltig", aber ein Bio-Produkt aus dem Ausland schon.
So schlug er einen neuen Weg ein und baute vertrauensvolle Partnerschaften mit den regionalen Landwirten auf. Auch Tierwohl ist ihm ein wichtiges Anliegen. "Wir versuchen hier möglichst den Kontakt zum Bauern herzustellen, zu halten und zu gucken, wie die Tiere aufgewachsen sind. Und die Lieferketten auch nachzuvollziehen."
Doch der Gast dankt oft all die Bio- oder Nachhaltigkeitsbemühungen nicht. Er ist nicht bereit, den Mehrpreis zu zahlen.
Angesichts solcher Rückschläge kann es schon schwerfallen, eine nachhaltige Gastronomie anzubieten und nicht die Flinte ins Korn zu werfen. Deshalb ist der positive Umgang mit Rückschlägen auch ein weiteres Element für erfolgreiche Veränderungsprozesse. Denn das Problem sind nicht die Rückschläge, sondern wie Menschen damit umgehen.
Neuralgisch ist die Art der Bewertung eines Rückschlags. Denkmuster wie die folgenden sind hinderlich, um weiter am Ball zu bleiben und so bestehende Routinen oder Gewohnheiten zu verändern:
- Rückfälle sind eine Katastrophe.
- Ich habe nicht genügend Willensstärke.
- Ich bin ein Versager.
- Schwarz-Weiß-Denken: Nichts funktioniert!
- Überzogene Erwartungen: Es muss alles auf Anhieb klappen.
Wer so oder so ähnlich allein oder im Team denkt, bewertet Rückschläge als Versagen, pauschalisiert und übersieht so die guten Ansätze und die ersten Erfolge. Meistens passiert das Menschen, die i. S. d. erwähnten False-Hope-Syndroms unterwegs sind, oder jenen, die hohe Ansprüche oder gar eine perfektionistische Ader haben. Die beschriebenen Denkweisen sorgen am Ende nur für Frust und Demotivation. Sie untergraben das eigene Selbstvertrauen und die Hoffnung. Die Aufgabe von Veränderungszielen ist häufig die Folge.
Stattdessen gilt es eine Haltung einzunehmen, die Rückschläge als normal einstuft. Denn Veränderung passiert nicht schlagartig. Veränderung ist ein Prozess. Rückschläge gehören dazu. Entscheidend ist dann, Denk- und Handlungsstrategien zu haben, wie man sich wieder auf den Weg bringt.
Gerade bei solchen Gewohnheiten und Routinen, die jahrelang existieren und tief in den Köpfen und in der Kultur eines Unternehmens verankert sind, braucht es erst recht Zeit. Doch Vorsicht: Der positive Umgang mit Rückschlägen bedeutet nicht Bagatellisierung. Bei dieser Bewältigungsstrategie redet man sich Misserfolge klein; etwa mit Sätzen wie: "ist nicht so schlimm" "macht nichts", "nicht so wichtig". Solche Sätze sorgen zwar auch dafür, dass sich der Rückschlag nicht so belastend anfühlt, zielen aber in die falsche Denkrichtung. Denn es geht darum, motiviert am Ball zu bleiben, ggf. aus Rückschlägen zu lernen, Dinge besser zu machen, flexibel zu sein oder sich einfach daran zu erinnern, dass Gewohnheiten Datenautobahnen im Gehirn sind und es für die Umbaumaßnahmen der "alten Routen" Zeit, Geduld und Arbeit braucht.
Eine wichtige Strategie ist, den Blick auf die gelungenen Veränderungsschritte zu legen und zu sehen, was schon funktioniert hat. Es geht darum, die kleinen Erfolge zu sehen und wie diese gelungen sind. Als einfaches Tool eignet sich dafür die "Was-noch-Frage". Da wir meistens sehr darin trainiert sind zu sehen, was nicht geht, lautet eine Regel bei der Anwendung, mindestens 10 Mal hintereinander die Frage zu stellen, was bisher in einem Veränderungsprozess bereits gelungen ist. Je häufiger diese Frage gestellt wird, umso mehr Aspekte kommen zum Vorschein, die vorher ausgeblendet wurden.
Die folgenden Fragen bieten verschiedene Variationen und Ansat...